BVerwG | 6 C 2.14 | 28.01.2015
- Details
- vom Mittwoch, 28. Januar 2015 01:00
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Gericht: | |
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) | |
Aktenzeichen: | Entscheidungsdatum: |
6 C 2.14 | 28.01.2015 |
Spruchkörper: | Entscheidungsform: |
6. Senat | Urteil |
ECLI: | |
ECLI:DE:BVerwG:2015:280115U6C2.14.0 | |
Normen: | Jur. Bedeutung: |
§ 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffGV-SUCHE, § 5 Abs. 2 WaffGV-SUCHE, § 45 Abs. 1 WaffGV-SUCHE, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffGV-SUCHE, § 5 Abs. 1 WaffGV-SUCHE, § 10 Abs. 4 Satz 4 WaffGV-SUCHE | |
Schlüsselwörter: | Volltext: |
V-SUCHEUnzuverlässigkeit, Pass, Rocker, Waffenschein, Rücknahme, Angel, Erlaubnis, Ausstellung, Straftat, Straftaten | |
Referenz: | Permalink: |
LDJR 2015, 5399 https://lexdejur.de/ldjr5399 | LINK (+/-) |
Zitierweise: | Tipp: |
BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2015 - 6 C 2.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:280115U6C2.14.0] - lexdejur BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2015 - 6 C 2.14 - lexdejur | ECLI (+/-) |
Entscheidungstext
[ECLI:DE:BVerwG:2015:280115U6C2.14.0]
LDJR 2015, 5399
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Kläger -
g e g e n
Waffenbehörde [...],
- Beklagter -
w e g e n
Kleinen Waffenscheins
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2015 [...] für Recht erkannt:
T e n o r
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
T a t b e s t a n d
I.
- [1]
- Der Kläger ist Inhaber eines kleinen Waffenscheins gemäß § 10 Abs. 4 Satz 4 WaffG. Das Landratsamt widerrief diesen mit der Begründung, der Kläger sei Mitglied der "Bandidos MC Passau" geworden. Auf seine Klage hat das Verwaltungsgericht den Bescheid aufgehoben.
- [2]
- Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Da der Kläger bereits bei Ausstellung des kleinen Waffenscheins Mitglied der "Bandidos MC Passau" gewesen sei, sei der Widerruf in eine Rücknahme nach § 45 Abs. 1 WaffG umzudeuten. Die Rücknahmevoraussetzungen lägen vor. Die Stellung des Klägers als Vizepräsident des "Bandidos MC Passau" oder als Nomad rechtfertige die Annahme, dass er im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG unzuverlässig sei. Dies folge aus der Eigenart der "Bandidos" als einer Gruppierung, die regelmäßig in gewalttätige Auseinandersetzungen mit anderen Rockergruppierungen verwickelt sei und eine Nähe zur Organisierten Kriminalität aufweise. Unerheblich sei, dass der Kläger persönlich nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten oder sonst auffällig geworden sei.
- [3]
- Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das Berufungsgericht lasse außer Acht, dass weder der Kläger noch der "Bandidos MC Passau" bisher negativ auffällig geworden seien. Es begründe seine angebliche Unzuverlässigkeit mit allgemeinen Mutmaßungen und zum Teil unzutreffenden tatsächlichen Annahmen über einen Vorfall im Oktober 2012. Da der "Bandidos MC Passau" nicht unter § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG falle, sei die Mitgliedschaft des Klägers nicht ausreichend zur Begründung seiner Unzuverlässigkeit. Dafür, dass der Kläger sich in einem kriminellen, gewaltorientierten Milieu bewege, liege kein Nachweis vor. Dass einzelne Mitglieder von Rockergruppierungen straffällig geworden seien, dürfe nicht dem Kläger angelastet werden.
- [4]
- Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
- [5]
- Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts beruht (§ 144 Abs. 2, § 137 Abs. 1 VwGO).
- [6]
- Die Rücknahme des kleinen Waffenscheins des Klägers ist durch § 45 Abs. 1 WaffG gedeckt. Nach dieser Vorschrift ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. Letzteres ist aufgrund der Mitgliedschaft des Klägers im "Bandidos MC Passau" der Fall. Die Mitgliedschaft rechtfertigt die Annahme, dass er Waffen und Munition missbräuchlich verwenden (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG) und nicht berechtigten Personen überlassen wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c WaffG).
- [7]
- Die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist nicht durch die organisationsbezogenen Regelvermutungen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 WaffG gesperrt. Aus ihnen folgt nicht, dass andere als die dort normierten Gruppenzugehörigkeiten keine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit begründen könnten.
- [8]
- Die Regelvermutungen in § 5 Abs. 2 WaffG spiegeln die typisierende Einschätzung des Gesetzgebers wider, das Risiko des Waffenbesitzes sei für gewöhnlich nicht hinnehmbar, sofern eine Person einen der von der Vorschrift normierten Tatbestände erfülle; dies soll losgelöst davon gelten, ob zusätzlich die in § 5 Abs. 1 WaffG aufgeführten Voraussetzungen vorliegen. § 5 Abs. 2 WaffG erweitert so den absoluten Unzuverlässigkeitsbegriff des § 5 Abs. 1 WaffG und engt diesen nicht etwa ein, so wie auch die verschiedenen in § 5 Abs. 2 WaffG geregelten Fallgruppen selbständig nebeneinander stehen und wechselseitig keine Ausschlusswirkungen begründen (BVerwG, Urteil vom 30. September 2009 - 6 C 29.08 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 100 Rn. 13 ff.). Eine andere Sichtweise würde Schutzlücken aufreißen, die sachlich nicht erklärlich wären und dem Regelungszweck des Gesetzes widersprächen, Risiken des Waffenbesitzes auf ein Mindestmaß zu beschränken.
- [9]
- Daher kommt es insbesondere nicht darauf an, dass es sich beim "Bandidos MC Passau" nicht um einen unanfechtbar verbotenen Verein im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a WaffG handelt.
- [10]
- Der Einwand des Klägers, er sei in strafrechtlicher wie in waffenrechtlicher Hinsicht unbescholten und folglich zuverlässig, hindert die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht. Die Vorschrift verlangt eine Prognose. Entscheidend ist, ob Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass zukünftig eine der in der Vorschrift aufgeführten Verhaltensweisen verwirklicht wird. Rechtskonformes Verhalten einer Person in der Vergangenheit ist wie jeder andere Umstand, der beurteilungsrelevant sein kann, in diese Prognose miteinzubeziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2008 - 6 B 4.08 - juris Rn. 5). Es ist aber möglich, dass sonstige Umstände zu dem Schluss führen, die Person werde eine Verhaltensweise im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen.
- [11]
- Die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verlangte Prognose ist auf diejenige Person zu beziehen, deren Zuverlässigkeit in Frage steht. Die Unzuverlässigkeit anderer, selbst nahestehender Personen rechtfertigt als solche nicht den Schluss auf ihre Unzuverlässigkeit. Individuelle Verhaltenspotentiale werden allerdings durch das soziale Umfeld mitbestimmt. Daher bestehen keine Bedenken dagegen, die Gruppenzugehörigkeit einer Person - ein personenbezogenes Merkmal - als Tatsache heranzuziehen, welche die Annahme der Unzuverlässigkeit stützt. Gefordert ist jedoch, dass zwischen der Annahme der Unzuverlässigkeit und der Gruppenzugehörigkeit eine kausale Verbindung besteht. Gerade die Gruppenzugehörigkeit der Person muss die Prognose tragen, dass diese künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen wird. Nicht ausreichend ist, dass solche Verhaltensweisen innerhalb der Gruppe regelmäßig vorgekommen sind oder noch immer vorkommen. Vielmehr müssen bestimmte Strukturmerkmale der Gruppe die Annahme rechtfertigen, dass gerade auch die Person, die in Rede steht, sie künftig verwirklichen wird.
- [12]
- Die Mitgliedschaft in einer örtlichen Organisationseinheit der Rockergruppierung "Bandidos" rechtfertigt auch dann die Annahme der Unzuverlässigkeit im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG, wenn keine sonstigen Tatsachen für die Unzuverlässigkeit der betreffenden Person sprechen oder sogar - wie im vorliegenden Fall die bisherige Unbescholtenheit des Klägers - andere Tatsachen dagegen sprechen.
- [13]
- Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, die insoweit nicht in einer § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise mit Verfahrensrügen angegriffen sind und den Senat daher binden (§ 137 Abs. 2 VwGO), sind von Mitgliedern der "Bandidos" gehäuft Straftaten unter zum Teil erheblicher Gewaltanwendung begangen worden. Aus den vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen ergibt sich weiter, dass die "Bandidos" ebenso wie eine Reihe anderer Gruppierungen Machtzuwachs innerhalb der Rockerszene anstreben und entsprechende Ansprüche regelmäßig mit Gewalt durchzusetzen versuchen. Insbesondere zwischen den "Hells Angels MC" und den "Bandidos" ist es danach zu gewalttätigen Auseinandersetzungen bis hin zu Schießereien gekommen. Generell werden nach dem angefochtenen Urteil Streitigkeiten aller Art innerhalb der Rockerszene, der die "Bandidos" zugehören, regelmäßig mit Gewalt ausgetragen. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass innerhalb von Rockergruppierungen wie den "Bandidos" ein strenger Ehrenkodex sowie ein einheitliches, formalisiertes Aufnahmeritual gilt, ein starkes Maß innerer Verbundenheit vorherrscht und die verschiedenen örtlichen Organisationseinheiten miteinander vernetzt sind.
- [14]
- Die Praxis der gewaltsamen Austragung der - ihrerseits szenetypischen - Rivalitäten und Konflikte mit anderen Rockergruppierungen muss danach als wesensprägendes Strukturmerkmal der "Bandidos" angesehen werden, das sich bei jeder ihrer örtlichen Organisationseinheiten und bei jedem ihrer Mitglieder zu jedem Zeitpunkt aktualisieren kann. Aufgrund der bundesweiten Vernetzung der örtlichen Organisationseinheiten und des hohen Loyalitätsdrucks, der aus dem starken Verbundenheitsempfinden der "Bandidos" untereinander folgt, erscheint es darüber hinaus möglich, dass ein "Bandidos"-Mitglied einheitsübergreifende Unterstützung bei Auseinandersetzungen leistet.
- [15]
- Daher besteht auch für den Kläger die Möglichkeit, dass er - selbst wenn er dies persönlich nicht anstreben sollte oder sogar für sich vermeiden wollte - künftig in gewaltsame Auseinandersetzungen hineingezogen wird. Tritt dieser Fall ein, liegt es wiederum nicht fern, dass er hierbei - ob beabsichtigt oder unter dem Druck der Situation - Waffen missbräuchlich verwenden oder Nichtberechtigten überlassen wird.
- [16]
- Dass der Kläger bislang strafrechtlich und waffenrechtlich nicht negativ in Erscheinung getreten ist, rechtfertigt keine abweichende Einschätzung. Die Möglichkeit des Hineinziehens in gewaltsame szeneinterne Auseinandersetzungen ist aus den genannten Gründen auch bei solchen Mitgliedern der "Bandidos" gegeben, die sich bislang rechtskonform verhalten haben. Die Vorstellung, einzelne Mitglieder könnten sich gegen die wesensimmanente Tendenz der Gruppierung zur Gewalttätigkeit stemmen oder ihr zumindest persönlich ausweichen, muss im Lichte des hohen Geschlossenheitsgrades der "Bandidos" und des hieraus resultierenden Konformitätsdrucks als fernliegend eingeschätzt werden. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, einzelne örtliche Organisationseinheiten könnten für sich eine Sonderexistenz jenseits der gruppentypischen Praxis führen. Den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs kann entnommen werden, dass die örtlichen Einheiten keine unumschränkte Aktionsfreiheit genießen. So wurde etwa das sog. Friedensabkommen mit den Hells Angels MC im Jahre 2010 durch eine Führungsgruppe mit Wirkung für alle Untergruppierungen abgeschlossen.
- [17]
- Zu keinem anderen Ergebnis führt, dass das Hineinziehen des Klägers in gewaltsame szeneinterne Auseinandersetzungen danach zwar möglich, andererseits aber auch nicht gesichert erscheint. An die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG geforderte Prognose dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Die Prognose hat sich an dem Zweck des Gesetzes zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (BVerwG, stRspr; vgl. etwa Urteil vom 30. September 2009 - 6 C 29.08 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 100 Rn. 17 m.w.N.). Ausgehend hiervon hat der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Urteil zu Recht angenommen, es sei kein Nachweis erforderlich, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG normierten Unzuverlässigkeitstatbestand verwirklichen wird. Ausreichend ist vielmehr, wie der Senat bereits ausgesprochen hat, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit hierfür besteht (Beschluss vom 31. Januar 2008 - 6 B 4.08 - juris Rn. 5). Die Prognose der Unzuverlässigkeit ist bei Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen wird. Hiervon ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grundlage seiner Tatsachenfeststellungen zu Recht nicht ausgegangen.
- [18]
- Ob - wie der Kläger meint - der Verwaltungsgerichtshof von einem unzutreffenden Verständnis des Vorfalls im Oktober 2012 ausgegangen ist, kann auf sich beruhen. Die Prognose seiner Unzuverlässigkeit ist aus den genannten Gründen auch ohne Einbeziehung dieses Vorfalls tragfähig.
- [19]
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
II.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1.
a.
b.
c.
d.
e.
f.
2.
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5 000 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG).
Verfahrensgang
3Inside-Zitate
4BVerwG | 6 C 29.08 | 30.09.2009
- [8]
- Die Regelvermutungen in § 5 Abs. 2 WaffG spiegeln die typisierende Einschätzung des Gesetzgebers wider, das Risiko des Waffenbesitzes sei für gewöhnlich nicht hinnehmbar, sofern eine Person einen der von der Vorschrift normierten Tatbestände erfülle; dies soll losgelöst davon gelten, ob zusätzlich die in § 5 Abs. 1 WaffG aufgeführten Voraussetzungen vorliegen. § 5 Abs. 2 WaffG erweitert so den absoluten Unzuverlässigkeitsbegriff des § 5 Abs. 1 WaffG und engt diesen nicht etwa ein, so wie auch die verschiedenen in § 5 Abs. 2 WaffG geregelten Fallgruppen selbständig nebeneinander stehen und wechselseitig keine Ausschlusswirkungen begründen (BVerwG, Urteil vom 30. September 2009 - 6 C 29.08 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 100 Rn. 13 ff.). Eine andere Sichtweise würde Schutzlücken aufreißen, die sachlich nicht erklärlich wären und dem Regelungszweck des Gesetzes widersprächen, Risiken des Waffenbesitzes auf ein Mindestmaß zu beschränken.
BVerwG | 6 C 29.08 | 30.09.2009
- [17]
- Zu keinem anderen Ergebnis führt, dass das Hineinziehen des Klägers in gewaltsame szeneinterne Auseinandersetzungen danach zwar möglich, andererseits aber auch nicht gesichert erscheint. An die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG geforderte Prognose dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Die Prognose hat sich an dem Zweck des Gesetzes zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (BVerwG, stRspr; vgl. etwa Urteil vom 30. September 2009 - 6 C 29.08 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 100 Rn. 17 m.w.N.). Ausgehend hiervon hat der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Urteil zu Recht angenommen, es sei kein Nachweis erforderlich, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG normierten Unzuverlässigkeitstatbestand verwirklichen wird. Ausreichend ist vielmehr, wie der Senat bereits ausgesprochen hat, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit hierfür besteht (Beschluss vom 31. Januar 2008 - 6 B 4.08 - juris Rn. 5). Die Prognose der Unzuverlässigkeit ist bei Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen wird. Hiervon ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grundlage seiner Tatsachenfeststellungen zu Recht nicht ausgegangen.
BVerwG | 6 B 4.08 | 31.01.2008
- [10]
- Der Einwand des Klägers, er sei in strafrechtlicher wie in waffenrechtlicher Hinsicht unbescholten und folglich zuverlässig, hindert die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht. Die Vorschrift verlangt eine Prognose. Entscheidend ist, ob Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass zukünftig eine der in der Vorschrift aufgeführten Verhaltensweisen verwirklicht wird. Rechtskonformes Verhalten einer Person in der Vergangenheit ist wie jeder andere Umstand, der beurteilungsrelevant sein kann, in diese Prognose miteinzubeziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2008 - 6 B 4.08 - juris Rn. 5). Es ist aber möglich, dass sonstige Umstände zu dem Schluss führen, die Person werde eine Verhaltensweise im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen.
BVerwG | 6 B 4.08 | 31.01.2008
- [17]
- Zu keinem anderen Ergebnis führt, dass das Hineinziehen des Klägers in gewaltsame szeneinterne Auseinandersetzungen danach zwar möglich, andererseits aber auch nicht gesichert erscheint. An die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG geforderte Prognose dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Die Prognose hat sich an dem Zweck des Gesetzes zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (BVerwG, stRspr; vgl. etwa Urteil vom 30. September 2009 - 6 C 29.08 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 100 Rn. 17 m.w.N.). Ausgehend hiervon hat der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Urteil zu Recht angenommen, es sei kein Nachweis erforderlich, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG normierten Unzuverlässigkeitstatbestand verwirklichen wird. Ausreichend ist vielmehr, wie der Senat bereits ausgesprochen hat, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit hierfür besteht (Beschluss vom 31. Januar 2008 - 6 B 4.08 - juris Rn. 5). Die Prognose der Unzuverlässigkeit ist bei Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen wird. Hiervon ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grundlage seiner Tatsachenfeststellungen zu Recht nicht ausgegangen.
Outside-Zitate
1VGH München | 21 CS 14.1765 | 01.10.2014
- [9]
- Der Senat ist der Auffassung, dass im Hinblick auf die den Beteiligten bekannte Zulassung der Revision in verschiedenen Berufungsverfahren (U.v. 10.10.2013 - 21 B 12.960, 21 B 12.964 und 21 BV 12.1280 - jeweils juris) und die eingelegten Revisionen hierzu (BVerwG 6 C 2.14, 6 C 3.14 und » Bundesverwaltungsgericht">6 C 1.14) die Erfolgsaussicht im Hauptsacheverfahren als derzeit nicht hinreichend absehbar anzusehen ist, weshalb eine (reine) Interessenabwägung zu erfolgen hat, die hier zu Lasten des Antragstellers ausfällt.
VGH München | 21 CS 14.1765 | 01.10.2014
[ECLI:DE:BAYVGH:2014:1001.21CS14.1765.0A]
LDJR 2014, 1118
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Antragsteller -
g e g e n
Freistaat Bayern [...],
- Antragsgegner -
w e g e n
Widerrufs der Waffenbesitzkarte (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO)
hier: Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 24. Juli 2014
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 21. Senat, [...] ohne mündliche Verhandlung am 1. Oktober 2014 folgenden Beschluss:
T e n o r
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.250,-- EUR festgesetzt.
T a t b e s t a n d
I.
- [1]
- Der Antragsteller verfolgt mit seiner Beschwerde sein Rechtsschutzziel weiter, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Landratsamts [...] vom 17. Januar [...] in der Fassung des Änderungsbescheids vom 13. März [...] anzuordnen bzw. sinngemäß wiederherzustellen.
- [2]
- Mit Bescheid vom 17. Januar [...] in der Fassung des Änderungsbescheids vom 13. März [...] widerrief das Landratsamt [...] gestützt auf § 45 Abs. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG die dem Antragsteller erteilte waffenrechtliche Erlaubnis (Nr. 1) und gab dem Antragsteller auf, die in der Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Änderungsbescheids einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und dem Landratsamt dies nachzuweisen sowie den jeweiligen Erwerber unverzüglich zu benennen und dem Landratsamt dies nachzuweisen (Nr. 2). Für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs wurde die Sicherstellung und Verwertung angedroht. Ein Verwertungserlös stehe nach Abzug der Verwertungskosten dem Antragsteller zu (Nr. 3). Weiter wurde der Antragsteller verpflichtet, die Waffenbesitzkarte innerhalb einer Frist von fünf Werktagen nach Überlassung oder Unbrauchbarmachung der Waffen an das Landratsamt zurückzugeben (Nr. 4). Für die Nrn. 2 bis 4 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Nr. 6).
- [3]
- Vorausgegangen war, dass dem Landratsamt [...] Ende des Jahres [...] bekannt wurde, dass der Antragsteller Mitglied des [...] Regensburg ist. Mit Schreiben vom 17. Mai [...] teilte die Kriminalinspektion [...] dem Landratsamt [...] mit, dass der Antragsteller langjähriges Mitglied dort sei.
- [4]
- Nachfolgend wurden Erkenntnisse übermittelt, wonach beim Antragsteller und drei weiteren Personen eine Wohnungsdurchsuchung wegen des Verdachts des Waffenerwerbs durch den [...] Regensburg stattgefunden habe, die jedoch nichts Tatrelevantes erbracht habe, weshalb das Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft aus tatsächlichen Gründen eingestellt wurde. Mit Schreiben vom 15. November [...] teilte die Kriminalpolizeiinspektion [...] mit, dass der Antragsteller zuletzt als Teilnehmer einer Veranstaltung des [...] Europe vom 26. bis 28. Juli [...] in Spanien gesichert festgestellt worden und dort als Member mit Kutte und Full-Patch des [...] Regensburg aufgetreten sei.
- [5]
- Das Verwaltungsgericht [...] hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 17. Januar [...] und den Änderungsbescheid vom 13. März [...] anzuordnen bzw. wiederherzustellen, mit Beschluss vom 24. Juli [...] abgelehnt.
- [6]
- Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Antragsteller sein Ziel weiterverfolgt, die Anordnung bzw. sinngemäß auch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf der Waffenbesitzkarte bzw. die weiter verfügten Maßnahmen zu erreichen.
»ENDE DES DOKUMENTAUSZUGS«
VGH München | 21 B 12.964 | 10.10.2013
[ECLI:DE:BAYVGH:2013:1010.21B12.964.0A]
LDJR 2013, 1318
L e i t s a t z
Mit der von den amerikanischen Strafverfolgungsbehörden eingeführten Bezeichnung "Outlaw Motorcycle Gang" (OMCG) werden weltweit die polizeilich bedeutsamen Rockergruppierungen von der breiten Masse der Motorradclubs (MC) abgegrenzt, die zwar im Einzelfall auch kriminelle Aktivitäten verfolgen können, diese aber nicht als Hauptmotivation ihrer Existenz verstehen.
Aktuell werden deutschlandweit der Hells Angels MC, Bandidos MC, Outlaws MC, Gremium MC und mit Anfang 2011 Mongols MC den OMCG zugeordnet.
Mitglieder solcher OMCG, insbesondere der sogenannten 1%er Rockergruppierungen, bewegen sich in einem kriminellen Umfeld, in dem typische Delikte der Organisierten Kriminalität wie Aktivitäten im Rotlichtmilieu, Rauschgifthandel, Bedrohung oder Körperverletzung begangen werden.
Mitglieder dieser OMCG in hervorgehobener Position als Präsident, Vizepräsident oder sonstiger Funktionsträger sind waffenrechtlich unzuverlässig, auch wenn sie selbst oder die Ortsgruppe (Chapter, Charter), der sie angehören, bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sind.
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Kläger -
g e g e n
Landesanwaltschaft [...],
- Beklagter -
w e g e n
Rücknahme des kleinen Waffenscheins
hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 14. Juni 2011
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof - 21. Senat - [...] aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. Oktober 2013 am 10. Oktober 2013 folgendes Urteil:
T e n o r
Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 14. Juni 2011 wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
- [1]
- Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme des kleinen Waffenscheins, der ihn zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen mit dem PTB-Zeichen berechtigte.
- [2]
- Das Landratsamt [S...] nahm mit Bescheid vom 15. Dezember 2010 den am 4. Mai 2009 ausgestellten kleinen Waffenschein des Klägers mit der Nummer 12/09 zurück und drohte für den Fall, dass der Kläger seine Verpflichtung zur Rückgabe nicht erfülle, ein Zwangsgeld an: Die waffenrechtliche Erlaubnis sei nach § 45 Abs. 1 WaffG zurückzunehmen, da nachträglich Tatsachen bekannt geworden seien, auf Grund derer die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. Der Kläger besitze nämlich die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, da Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder Personen überlassen werde, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt seien (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG). Aufgrund der langjährigen Mitgliedschaft des Klägers bei der als Outlaw Motorcycle Gang (OMCG) bezeichneten Rockergruppierung Bandidos MC [P...], deren Präsident er seit Anfang Oktober 2010 sei, biete er nicht die erforderliche Gewähr dafür, dass er mit Waffen oder Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werde. Diese Prognose werde von den Erkenntnissen über die Rockergruppierungen und die Organisierte Kriminalität (OK) getragen, die sich unter anderem aus dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2009, der fachlichen Stellungnahme des Bayerischen Landeskriminalamts vom 4. Oktober 2010 und insoweit ergänzend aus der allgemeinen Medienberichterstattung ergäben. Auch wenn der Kläger persönlich strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten sei, ergebe die im Rahmen von § 45 Abs. 1 WaffG vorzunehmende Prognoseentscheidung, dass der Kläger waffenrechtlich unzuverlässig sei. Denn dafür genüge es bereits, dass sich der Kläger als Mitglied des Bandidos MC [P...], der zu den bedeutendsten Outlaw Motorcycle Gangs in Bayern zähle, in einem Milieu bewege, das der Organisierten Kriminalität zugerechnet werde.
- [3]
- Das Verwaltungsgericht [R...] gab der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts [S...] vom 15. Dezember 2010 statt: Die vorgetragenen Gesichtspunkte rechtfertigten bei der erforderlichen Prognoseentscheidung die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG nicht. Allein die Stellung des Klägers als Präsident des Bandidos MC [P...] stütze die Prognose des Beklagten nicht, der Kläger werde Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder diese Personen überlassen, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt seien. Diese Prognose setze nämlich voraus, dass Tatsachen von erheblichem Gewicht vorlägen, die die Annahme der Unzuverlässigkeit des Betroffenen rechtfertigten; bloße Vermutungen reichten nicht aus. Solche konkreten Hinweise auf eine von dem Bandidos MC [P...] ausgehende Gefährlichkeit seien den Unterlagen nicht zu entnehmen. Der Verfassungsschutzbericht Bayern 2009 sowie die Stellungnahmen des Bayerischen Landeskriminalamts vom 14. Juli 2010 und vom 4. Oktober 2010 befassten sich nur allgemein mit Rockergruppierungen in der Bundesrepublik Deutschland und in Bayern. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht auf Grund des Vorfalls zwischen Mitgliedern des Bandidos MC [R...] und der Rockergruppe Gremium MC im Dezember 2010 in Straubing, der im Verfassungsschutzbericht Bayern 2010 erwähnt werde. Zwischen den beiden Rockergruppierungen habe es zwar schon länger Spannungen gegeben. Nach Auffassung der Polizei habe es sich bei diesem Vorfall aber um einen Alleingang von Mitgliedern des Bandidos MC [R...] und nicht um einen offiziellen Bruch des Friedensabkommens zwischen dem Hells Angels MC und dem Bandidos MC gehandelt. Der Kläger sei im Zusammenhang mit dem ihm erlaubten Waffenbesitz strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Es reiche für die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nicht aus, dass andere Chapter des Bandidos MC durch Straftaten unter Verwendung von Waffen aufgefallen seien. Denn es sei auf das soziale Umfeld oder Milieu abzustellen, in dem sich der Kläger bewege und mit dem er Kontakt habe. Dies sei der Bandidos MC [P...], für den keine einschlägigen Straftaten bekannt seien.
- [4]
- Der Senat hat mit Beschluss vom 3. Mai 2012 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zugelassen.
- [5]
- Der Beklagte vertieft unter Auswertung der vorgelegten Unterlagen seine Auffassung, dass wegen der Mitgliedschaft des Klägers und seiner verantwortlichen Stellung als Präsident des Bandidos MC [P...] und dessen Nähe zur Organisierten Kriminalität durchaus Tatsachen die Prognose rechtfertigten, er sei waffenrechtlich unzuverlässig, weil er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertigt verwenden oder Personen überlassen werde, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt seien. Diese Prognoseentscheidung werde durch den bei der Großrazzia in Bayern im März 2013 festgestellten strafrechtlich relevanten Besitz verbotener Gegenstände bei zehn Mitgliedern des Bandidos MC 23 bestätigt. Die Durchsuchungsmaßnahmen belegten die Nähe der 1%er Motorradclubs, zu denen sich auch der Bandidos MC [P...] zähle, zur Organisierten Kriminalität sowie eine generelle Affinität zu Waffen und eine latente Gewaltbereitschaft, die den Besitz und Gebrauch von Waffen oder Munition einschließe. Das zu beobachtende Milieu des Klägers, also sein soziales Umfeld, mit dem er Kontakt habe und in das er integriert sei, sei nicht allein auf das Chapter des Bandidos MC [P...] beschränkt, wie das Verwaltungsgericht realitätsfremd annehme. Dies gelte insbesondere für Führungspersönlichkeiten wie den Kläger. Aus der Internetpräsenz des Bandidos MC [P...] gehe hervor, dass das Chapter Antrittsbesuche bei anderen Chaptern in ganz Europa, Amerika und Asien gemacht habe. Besonders erwähnt werde die Verbindung mit dem Friendship Chapter Bandidos MC Drammen / Norway und mit dem Chapter Bandidos MC Allersberg.
- [6]
- Aus dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2011 ergebe sich, dass der Bandidos MC [P...] der Organisierten Kriminalität im Sinn von Art. 1 Abs. 3 BayVSG in der Gestalt der Rockerkriminalität zugerechnet werde, eine Einschätzung, die bundesweit von den Sicherheitsbehörden geteilt werde.
- [7]
- Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts [R...] vom 14. Juni 2011 die Klage abzuweisen.
- [8]
- Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
- [9]
- Er hält die Entscheidung des Verwaltungsgerichts [R...] für zutreffend und weist ergänzend darauf hin, dass sich aus sämtlichen vom Beklagten vorgelegten Unterlagen, einschließlich des Verfassungsschutzberichts Bayern 2012, keine konkreten Tatsachen entnehmen ließen, aus denen darauf geschlossen werden könne, dass der Kläger im waffenrechtlichen Sinn unzuverlässig sei. Vielmehr ergebe sich selbst aus dem Vortrag des Beklagten, dass der Kläger bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei. Allein die Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen Rockergruppe sei nicht geeignet, die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit zu belegen. Den Mitgliedern z.B. eines Fußballvereins werde die waffenrechtliche Zuverlässigkeit auch nicht etwa wegen der Gewalttätigkeit eines Mitglieds abgesprochen. Die erforderliche individuelle Prüfung zeige, dass beim Kläger keine konkreten Anhaltspunkte vorlägen, die die Prognoseentscheidung des Beklagten tragen könnten.
- [10]
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten, hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift vom 8. Oktober 2013 verwiesen.
»ENDE DES DOKUMENTAUSZUGS«
VGH München | 21 BV 12.1280 | 10.10.2013
[ECLI:DE:BAYVGH:2013:1010.21BV12.1280.0A]
LDJR 2013, 1319
L e i t s a t z
Mit der von den amerikanischen Strafverfolgungsbehörden eingeführten Bezeichnung "Outlaw Motorcycle Gang" (OMCG) werden weltweit die polizeilich bedeutsamen Rockergruppierungen von der breiten Masse der Motorradclubs (MC) abgegrenzt, die zwar im Einzelfall auch kriminelle Aktivitäten verfolgen können, diese aber nicht als Hauptmotivation ihrer Existenz verstehen.
Aktuell werden deutschlandweit der Hells Angels MC, Bandidos MC, Outlaws MC, Gremium MC und mit Anfang 2011 Mongols MC den OMCG zugeordnet.
Mitglieder solcher OMCG, insbesondere der sogenannten 1%er Rockergruppierungen, bewegen sich in einem kriminellen Umfeld, in dem typische Delikte der Organisierten Kriminalität wie Aktivitäten im Rotlichtmilieu, Rauschgifthandel, Bedrohung oder Körperverletzung begangen werden.
Mitglieder dieser OMCG in hervorgehobener Position als Präsident, Vizepräsident oder sonstiger Funktionsträger sind waffenrechtlich unzuverlässig, auch wenn sie selbst oder die Ortsgruppe (Chapter, Charter), der sie angehören, bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sind.
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Kläger -
g e g e n
Landesanwaltschaft [...],
- Beklagter -
w e g e n
Widerrufs von Waffenbesitzkarten und sprengstoffrechtlicher Erlaubnis
hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. Mai 2012
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof - 21. Senat - [...] aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. Oktober 2013 am 10. Oktober 2013 folgendes Urteil:
T e n o r
Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. Mai 2012 wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
- [1]
- Der 1965 geborene Kläger wendet sich gegen den Widerruf waffen- und sprengstoffrechtlicher Erlaubnisse.
- [2]
- Der Kläger ist Inhaber mehrerer Waffenbesitzkarten, in die insgesamt 13 Waffen eingetragen sind. Zudem besitzt er seit 1992 eine Erlaubnis nach § 27 des Sprengstoffgesetzes.
- [3]
- Die Kriminalinspektion mit Zentralaufgaben Oberpfalz teilte dem Landratsamt [S...] unter dem 4. Mai 2011 auf Anfrage mit, dass der Kläger Mitglied des Bandidos MC [R...] sei. Die Kriminalinspektion [Sz...] - K 4 teilte dem Landratsamt [S...] unter dem 20. Juni 2011 mit, dass der Kläger im Jahr 2009 dem Bandidos MC [R...] beigetreten sein dürfte. Über seinen Status sei nichts Näheres bekannt; er betreibe an seinem Wohnort eine Harley DavidsonWerkstatt.
- [4]
- Eine Anfrage des Landratsamtes [S...] bei der Kriminalpolizeiinspektion mit Zentralaufgaben Oberpfalz ergab, dass der Kläger seit mindestens Juli 2009 Angehöriger des Bandidos MC [R...] ist und diesem seit Anfang November 2011 als Präsident vorsteht. Nach dem Rücktritt ehemaliger Gründungsmitglieder des Bandidos MC [R...] Anfang Oktober 2011 und der Auflösung der Bandidos MC [R...] Supporter Gringos MC und Zapata MC, habe sich die Führungsriege bis auf eine Person völlig erneuert. Der Bandidos MC [R...] habe sich von ca. 20 - 22 Mitgliedern (mit Supportern ca. 35) auf ca. 10 - 12 Mitglieder verkleinert. Nach derzeitigem Erkenntnisstand seien mehrere aktuelle und ehemalige Bandidos MC [R...] Mitglieder u.a. wegen Verstößen nach dem Waffengesetz, Betäubungsmittelgesetz, Körperverletzungsdelikten, Eigentumsdelikten usw. polizeilich in Erscheinung getreten. In Bezug auf Organisationsdelikte des Bandidos MCs lägen keine Erkenntnisse vor.
- [5]
- Mit Bescheid vom 13. Januar 2012 widerrief das Landratsamt [S...] die auf den Kläger ausgestellten Waffenbesitzkarten (Nr. 1) und die ihm erteilte Erlaubnis nach § 27 Sprengstoffgesetz (Nr. 2). Auf die weiteren Anordnungen in diesem Bescheid wird verwiesen.
- [6]
- Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage und beantragte, den Bescheid des Landratsamtes [S...] vom 13. Januar 2012 aufzuheben.
- [7]
- Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.
- [8]
- Mit Urteil vom 8. Mai 2012 hob das Verwaltungsgericht [R...] den Bescheid auf.
- [9]
- Es legte im Wesentlichen dar:
- [10]
- Aus den seitens des Beklagten in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen könne nicht der Rückschluss gezogen werden, dass dem Kläger die Tatsache bekannt gewesen sei, wonach gegen einen Teil der Mitglieder des Bandidos MC [R...] in der Vergangenheit (vor 2007) polizeiliche Erkenntnisse gewonnen worden seien und er sich bewusst mit der Vergangenheit dieses Personenkreises identifizierte. Diese Tatsachen seien daher nicht ausreichend, um zu unterstellen, der Kläger bewege sich in einem Milieu, in dem üblicherweise Straftaten begangen werden und in dem missbräuchlicher Besitz und illegales Führen von Waffen vertreten sei. Bei der anzustellenden Prognoseentscheidung dürfe zudem das eigene Verhalten und Auftreten des Klägers nicht unberücksichtigt bleiben. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass sich der Kläger in der Vergangenheit keiner Straftat schuldig gemacht habe. Es lägen daher keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger gegen waffenrechtliche bzw. sprengstoffrechtliche Bestimmungen verstoßen werde.
- [11]
- In der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung beantragt der Beklagte, das Urteil des Verwaltungsgerichts [R...] vom 8. Mai 2012 zu ändern und die Klage abzuweisen.
- [12]
- Das Verwaltungsgericht habe den rechtlichen Maßstab der Unzuverlässigkeit hier verkannt, soweit es entscheidungstragend darauf abstelle, dass der Kläger bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei. Das zu beobachtende Milieu des Klägers, also das soziale Umfeld, mit dem er Kontakte habe und in das er integriert sei, sei nicht auf den Bandidos MC [R...] beschränkt. Es sei realitätsfremd anzunehmen, dass die Mitglieder des Chapters des Bandidos MC [R...] ihr soziales Umfeld bzw. ihr Milieu ausschließlich in diesem Chapter fänden, dass keine Kontakte zu Bandidos anderer Chapter bestünden und die soziale Integration sich auf das einzelne Chapter beschränke. Das gelte insbesondere für die Führungspersönlichkeiten eines Chapters. Als Tatsache im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG genüge somit, dass Mitglieder anderer Chapter des Bandidos MC durch Straftaten unter Verwendung von Waffen aufgefallen seien. Explosionsgefährliche Stoffe seien teilweise wie Waffen verwendbar und besäßen eine vergleichbare Gefährlichkeit.
- [13]
- Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
- [14]
- Es sei bei der Überprüfung der Zuverlässigkeit einzig und allein auf den Kläger selbst und dessen Umfeld abzustellen. Der Kläger habe einen guten Leumund und sei nicht vorbestraft. Auch bewege er sich in keinem kriminellen Umfeld.
- [15]
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten, hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
»ENDE DES DOKUMENTAUSZUGS«
VG Regensburg | RN 4 K 11.229 | 29.11.2011
[ECLI:DE:VGREGEN:2011:1129.RN4K11.229.0A]
LDJR 2011, 5296
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Kläger -
g e g e n
Landratsamt Deggendorf [...],
- Beklagter -
w e g e n
Waffenrechtlicher Erlaubnis
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg, 4. Kammer, [...] aufgrund mündlicher Verhandlung vom 29. November 2011 am 29. November 2011 folgendes Urteil:
T e n o r
Der Bescheid des Landratsamts Deggendorf vom 25.1.2011 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Verfahrenskosten.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung gleiche Sicherheit leistet.
T a t b e s t a n d
- [1]
- Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis.
- [2]
- Dem Kläger wurde am 6.4.2009 durch das Landratsamt Deggendorf der kleine Waffenschein mit der Nummer 300 ausgestellt. Mit Schreiben vom 14.7.2010 wurde das Landratsamt Deggendorf vom Bayerischen Landeskriminalamt darüber informiert, dass der Kläger Mitglied bei den „ [...] X [...] P [...] “ sei. Unter dem 10.11.2010 hörte das Landratsamt Deggendorf den Kläger zum beabsichtigten Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnis an. Der Kläger machte geltend, er sei bereits seit 2004 Mitglied des " [...] X [...] P [...] “. Zuvor sei er Mitglied des sogenannten Support Clubs gewesen. Es sei also bereits im Zeitpunkt der Erteilung des kleinen Waffenscheins die Mitgliedschaft des Klägers bekannt gewesen. Der Kläger habe den Waffenschein nicht wegen der Mitgliedschaft beantragt, sondern weil er gelegentlich im SecurityBereich gewerblich tätig sei. Er verfüge derzeit weder über Reizgas, Schreckschuss- bzw. Signalwaffen bzw. entsprechende Munition. Er sei bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten. Es lägen auch keinerlei Auffälligkeiten bzw. Tatsachen vor, welche die Annahme rechtfertigen könnten, dass er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwende bzw. an Dritte überlasse.
- [3]
- Mit Bescheid vom 25.1.2011, zugestellt am 28.1.2011, widerrief das Landratsamt Deggendorf den dem Kläger am 6.4.2009 ausgestellten kleinen Waffenschein, Nr. 300 (Ziffer 1), ordnete die Rückgabe der widerrufenen waffenrechtlichen Erlaubnis binnen zwei Wochen nach Bescheidszustellung an (Ziffer 2), stellte ein Zwangsgeld in Höhe von 100,-- € für den Fall fällig, dass der Kläger der Verpflichtung zur Rückgabe der waffenrechtlichen Erlaubnis nicht nachkomme (Ziffer 3) und wies darauf hin, dass die Ziffern 1 und 2 des Bescheides kraft Gesetzes sofort vollziehbar seien (Ziffer 4). Ferner legte es dem Kläger die Kosten des Verfahrens auf (Ziffer 5) und erhob für die Nr. 1 des Bescheids eine Gebühr in Höhe von 37,50 €, für die Nr. 2 eine Gebühr in Höhe von 20,-- €, sowie Auslagen in Höhe von 3,50 € (Ziffer 6). Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis stütze sich auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Der Kläger besitze nicht die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit i.S.d. § 5 WaffG, da bei ihm Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwende bzw. an Personen überlasse, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt seien (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstaben a und c WaffG). Bei der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG sei der allgemeine Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, nämlich die Allgemeinheit vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren. Das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko solle dabei möglichst gering gehalten werden. Im Anbetracht des Gefahren vorbeugenden Charakters der Regelung und der erheblichen Gefahren die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgingen, sei für die Prognose eine auf der Lebenserfahrung beruhende Einschätzung ausreichend; ein Restrisiko müsse nicht hingenommen werden. Der Kläger sei seit 2004 Mitglied des „ [...] X [...] P [...] “. Diese Mitgliedschaft begründe bereits den Unzuverlässigkeitstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Diese Prognose sei von Erkenntnissen getragen, die sich u.a. aus dem Bayer. Verfassungsschutzbericht 2009, der fachlichen Stellungnahme des Bayerischen Landeskriminalamts vom 11.5.2010 sowie aus der allgemeinen Medienberichterstattung ergäben.
- [4]
- Der Kläger ließ hiergegen mit Schreiben vom 8.2.2011, bei Gericht eingegangen am 10.2.2011, Klage erheben. Zur Begründung wird u.a. vorgetragen: Der Kläger sei bereits seit 2004 Mitglied des „ [...] X [...] P [...] “. Der einzige Grund der hier für die Rücknahme herangezogen worden sei, habe bereits zur Zeit der Erlaubniserteilung vorgelegen. Es sei davon auszugehen, dass dem Landratsamt Deggendorf die Mitgliedschaft des Klägers bei dem „ [...] X [...] P [...] “ bereits bei Erteilung des kleinen Waffenscheins bekannt gewesen sei oder bei ordnungsgemäßer Überprüfung des Klägers hätte bekannt sein müssen. Es läge daher aus diesem Grund schon keine nachträgliche Kenntnis im Sinne des § 45 Abs. 1 WaffG vor, so dass eine Rücknahme bereits aus diesem Grund nicht in Betracht komme. Des Weiteren hätten weder im Zeitpunkt der Erteilung des kleinen Waffenscheins noch zur Zeit des Widerrufs begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers im Sinne des § 5 WaffG bestanden. Das Landratsamt Deggendorf behaupte ohne Anhaltspunkte, dass dem Kläger alleine aufgrund der Mitgliedschaft im „ [...] X [...] P [...] “ die erforderliche Zuverlässigkeit fehlen würde. Der Kläger sei bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten, auch nicht in der Zeit, in der er Mitglied im „ [...] X [...] P [...] “ gewesen sei. Dem Bescheid des Landratsamtes Deggendorf liege eine pauschale Vorverurteilung sämtlicher Mitglieder von Motorrad-Clubs, jedenfalls sämtlicher Mitglieder des „ [...] X [...] P [...] “ zugrunde. Beim „ [...] X [...] P [...] “ handle es sich auch nicht um einen verbotenen Verein, so dass allein auf den Kläger abzustellen sei. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass der Kläger den kleinen Waffenschein deshalb beantragt habe, weil er gelegentlich im Security-Bereich gewerblich tätig sei. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 25.1.2011 weder über Reizgas, Schreckschuss- bzw. Signalwaffen und entsprechende Munition verfügt habe. Allein dies zeige, dass der Kläger den kleinen Waffenschein nicht missbräuchlich beantragt und verwendet habe. Es sei nicht nachvollziehbar, warum alleine aufgrund einer Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen Vereinigung die Zuverlässigkeit eines unbescholtenen Bürgers in Abrede gestellt werde. Verkannt werde, dass nicht aufgrund irgendwelcher Auseinandersetzungen anderer Motorrad-Clubs Rückschlüsse auf den „ [...] X [...] P [...] “ gezogen werden könnten. Unerwähnt bleibe, dass im Verfassungsschutzbericht 2009 klargestellt sei, dass sich in Bayern Straftaten durch Mitglieder von OMCG auf einem sehr niedrigen Niveau bewegten. Es sei absolut unverhältnismäßig, aufgrund einzelner, größtenteils außerhalb Bayerns stattgefundener Vorfälle Rückschlüsse auf den „ [...] X [...] P [...] “ zu ziehen. Die von der Beklagtenseite in den Raum gestellten Verfehlungen von Mitgliedern anderer Rockergruppen hätten offensichtlich keinen Bezug zur Person des Klägers. Vorliegend würden nicht einmal einzelnen Mitgliedern des „ [...] X [...] P [...] “ Gewalttaten vorgeworfen, sondern Mitgliedern anderer Gruppen. Dem Kläger zu unterstellen, er bewege sich in einem kriminellen Milieu, weil er auf einem Foto abgelichtet ist, auf dem auch der wegen Waffen- und Drogendelikten zu einem Jahr und sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilte Herr S [...] zu sehen ist, sei nicht nachvollziehbar. Herr S***** sei als Prospect gerade nicht Mitglied beim „**X** P*****“. Nur weil ein Anwärter mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sei, könne dem Kläger nicht unterstellt werden, er bewege sich in einem entsprechenden kriminellen Milieu. Der „**X** P*****“ sei auch nicht in irgendwelche Auseinandersetzungen im ostbayrischen Raum verwickelt, es bestünden auch keinerlei Interessen, irgendwelche freien Territorien zu besetzen.
- [5]
- Der Kläger beantragt, den Bescheid des Landratsamtes Deggendorf vom 25.1.2011 aufzuheben.
- [6]
- Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
- [7]
- Zur Begründung wird auf den angefochtenen Bescheid vom 25.1.2011 Bezug genommen. Ergänzend wird ausgeführt, dem Antrag des Klägers auf Erteilung des kleinen Waffenscheins vom 23.3.2009 sei nicht zu entnehmen, dass eine Mitgliedschaft bei dem „ [...] X [...] P *****“ bestehen würde. Auch ein Auskunftsersuchen aus dem Bundeszentralregister, sowie dem staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister und die Stellungnahme der Polizei seien ergebnislos gewesen. Eine weitere Überprüfung des Klägers sei nicht möglich und auch nicht veranlasst gewesen. Besonders mit erlaubnisfreien Waffen könne erheblicher Schaden angerichtet werden, da diese den erlaubnispflichtigen Waffen täuschend ähnlich seien und es unbestritten sei, dass diese bei kriminellen Aktivitäten eingesetzt würden. Nach einer Entscheidung des VG Darmstadt genüge als Tatsache, die die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit begründe, schon, dass sich der Waffenbesitzer regelmäßig in einem Milieu bewege, in dem üblicherweise Straftaten begangen würden.
- [8]
- Unter dem 5.10.2011, 20.10.2011 und 26.10.2011 teilte die Regierung von Niederbayern als Vertreter des öffentlichen Interesses u.a. Folgendes mit:
- [9]
- Der im W [...] Raum agierende Rocker S [...] ist am 22.9.2011 vom Amtsgericht M [...] wegen Waffen- und Drogendelikten zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Nach Erkenntnissen der KPI (Z) Niederbayern ist Herr S [...] Prospect beim „ [...] X [...] P [...] “.
- [10]
- Der ostbayerische Raum stellt mit seiner Grenznähe zu Tschechien und Österreich ein für Rockergruppen interessantes Aktionsgebiet dar. Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Clubs zur Besetzung freier Territorien sind mehrfach zu beobachten. In die Auseinandersetzungen im W [...] Raum ist das „ [...] Y [...] P [...] “, eine Unterstützergruppe (Supporter) des „ [...] X [...] P [...] “, verwickelt.
- [11]
- Der Kläger gehört als Mitglied der Rockergruppe „ [...] X [...] P [...] “ einer Gruppierung an, die sich zu den sog. „One Percentern“ rechnet. „One Percenter“ Gruppierungen stellen bewusst heraus, kompromisslos nach den Idealen der Rockerszene - mit einer entsprechenden Gewaltbereitschaft - zu leben.
- [12]
- Der Kläger ist „VICE-Präsident“ des " [...] X [...] P [...] “.
- [13]
- Aus einer seitens des VöI vorgelegten Stellungnahme der KPI (Z) Niederbayern ergibt sich u.a.:
- [14]
- Am 5.3.2010 wurde ein Angehöriger des „T [...] “ in St [...] einer Verkehrskontrolle unterzogen, dabei wurden eine geladenen Schusswaffe und 18 Patronen, ein Schlagring und ein Klappmesser sichergestellt, der Beschuldigte stand zudem unter Drogeneinfluss.
- [15]
- In V1 [...] wurde bei einem Angehörigen des „T *****“ am 9.6.2011 anlässlich einer Durchsuchung zwei Elektroschockgeräte und ein verbotenes Messer aufgefunden.
- [16]
- Im Stadtgebiet von St [...] kam es am 26.12.2010 zu einer Auseinandersetzung zwischen Mitgliedern des „G [...] St [...] “ und dem „ [...] X [...] R [...] “. Dabei wurden dem Präsidenten des „G [...] “ und einem Mitglied des „ [...] X [...] “ Verletzungen mittels eines Messers zugefügt. Am Tatort wurde eine Kleinkaliberpatrone aufgefunden.
- [17]
- In Zusammenhang mit Ermittlungen der KPI (Z) Niederbayern im Jahre 2010/2011 gegen Angehörige des „T [...] G1 [...] “ wurden u.a. bei einem Angehörigen bei der Durchsuchung seiner Wohnung am 23.2.2011 insgesamt 823 gr. Amphetamin sichergestellt. Gegen ein weiteres Mitglied wurden Ermittlungen wegen illegalem Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge geführt.
- [18]
- Bei einem weiteren Mitglied des „ T [...] G1 [...] “ wurden am 23.2.2011 verbotene Gegenstände nach dem Waffengesetz, ein Faustmesser, Würgholz, Schlagring und ein CS-Spray sichergestellt.
- [19]
- Bei der Durchsuchung des Vereinsheims am 12.7.2011 des „ [...] Z [...] “ in G2 [...] /Lkr. R [...] wurde ein Waffenarsenal vorgefunden und Betäubungsmittel in einem Umfang sichergestellt, der auf einen Handel schließen lässt.
- [20]
- Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
»ENDE DES DOKUMENTAUSZUGS«
BVerwG | 6 C 1.14 | 28.01.2015
[ECLI:DE:BVerwG:2015:280115U6C1.14.0]
LDJR 2015, 5367
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Kläger -
g e g e n
Landratsamt [...],
- Beklagter -
w e g e n
Kleinen Waffenscheins
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2015 [...] für Recht erkannt:
T e n o r
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
T a t b e s t a n d
I.
- [1]
- Der Kläger ist Inhaber eines kleinen Waffenscheins gemäß § 10 Abs. 4 Satz 4 WaffG. Das Landratsamt nahm diesen mit der Begründung zurück, es sei bekannt geworden, dass der Kläger Mitglied der [B...] sei. Auf seine Klage hat das Verwaltungsgericht den Rücknahmebescheid aufgehoben.
- [2]
- Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Die Stellung des Klägers als Präsident des [B...] rechtfertige die Annahme, dass er im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG unzuverlässig sei. Dies folge aus der Eigenart der [B...] als einer Gruppierung, die regelmäßig in gewalttätige Auseinandersetzungen mit anderen Rockergruppierungen verwickelt sei und eine Nähe zur Organisierten Kriminalität aufweise. Unerheblich sei, dass der Kläger persönlich nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten oder sonst auffällig geworden sei.
- [3]
- Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das Berufungsgericht lasse außer Acht, dass weder der Kläger noch der [B...] bisher negativ auffällig geworden seien. Es begründe seine angebliche Unzuverlässigkeit mit allgemeinen Mutmaßungen und zum Teil unzutreffenden tatsächlichen Annahmen über einen Vorfall im Oktober 2012. Da der [B...] nicht unter § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG falle, sei die Mitgliedschaft des Klägers nicht ausreichend zur Begründung seiner Unzuverlässigkeit. Dafür, dass der Kläger sich in einem kriminellen, gewaltorientierten Milieu bewege, läge kein Nachweis vor. Dass einzelne Mitglieder von Rockergruppierungen straffällig geworden seien, dürfe nicht dem Kläger angelastet werden.
- [4]
- Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
»ENDE DES DOKUMENTAUSZUGS«
BVerwG | 6 C 3.14 | 28.01.2015
[ECLI:DE:BVerwG:2015:280115U6C3.14.0]
LDJR 2015, 5400
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Kläger -
g e g e n
Waffenbehörde [...],
- Beklagte -
w e g e n
Kleinen Waffenscheins
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2015 [...] für Recht erkannt:
T e n o r
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
T a t b e s t a n d
I.
- [1]
- Der Kläger ist Inhaber eines kleinen Waffenscheins gemäß § 10 Abs. 4 Satz 4 WaffG. Das Landratsamt nahm diesen mit der Begründung zurück, es sei bekannt geworden, dass der Kläger Mitglied der "Bandidos MC Passau" sei. Auf seine Klage hat das Verwaltungsgericht den Rücknahmebescheid aufgehoben.
- [2]
- Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Die Stellung des Klägers als Präsident des "Bandidos MC Passau" rechtfertige die Annahme, dass er im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG unzuverlässig sei. Dies folge aus der Eigenart der "Bandidos" als einer Gruppierung, die regelmäßig in gewalttätige Auseinandersetzungen mit anderen Rockergruppierungen verwickelt sei und eine Nähe zur Organisierten Kriminalität aufweise. Unerheblich sei, dass der Kläger persönlich nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten oder sonst auffällig geworden sei.
- [3]
- Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das Berufungsgericht lasse außer Acht, dass weder der Kläger noch der "Bandidos MC Passau" bisher negativ auffällig geworden seien. Es begründe seine angebliche Unzuverlässigkeit mit allgemeinen Mutmaßungen und zum Teil unzutreffenden tatsächlichen Annahmen über einen Vorfall im Oktober 2012. Da der "Bandidos MC Passau" nicht unter § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG falle, sei die Mitgliedschaft des Klägers nicht ausreichend zur Begründung seiner Unzuverlässigkeit. Dafür, dass der Kläger sich in einem kriminellen, gewaltorientierten Milieu bewege, läge kein Nachweis vor. Dass einzelne Mitglieder von Rockergruppierungen straffällig geworden seien, dürfe nicht dem Kläger angelastet werden.
- [4]
- Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
»ENDE DES DOKUMENTAUSZUGS«
VGH München | 21 B 12.960 | 10.10.2013
[ECLI:DE:BAYVGH:2013:1010.21B12.960.0A]
LDJR 2013, 1321
L e i t s a t z
Mit der von den amerikanischen Strafverfolgungsbehörden eingeführten Bezeichnung "Outlaw Motorcycle Gang" (OMCG) werden weltweit die polizeilich bedeutsamen Rockergruppierungen von der breiten Masse der Motorradclubs (MC) abgegrenzt, die zwar im Einzelfall auch kriminelle Aktivitäten verfolgen können, diese aber nicht als Hauptmotivation ihrer Existenz verstehen.
Aktuell werden deutschlandweit der Hells Angels MC, Bandidos MC, Outlaws MC, Gremium MC und mit Anfang 2011 Mongols MC den OMCG zugeordnet.
Mitglieder solcher OMCG, insbesondere der sogenannten 1%er Rockergruppierungen, bewegen sich in einem kriminellen Umfeld, in dem typische Delikte der Organisierten Kriminalität wie Aktivitäten im Rotlichtmilieu, Rauschgifthandel, Bedrohung oder Körperverletzung begangen werden.
Mitglieder dieser OMCG in hervorgehobener Position als Präsident, Vizepräsident oder sonstiger Funktionsträger sind waffenrechtlich unzuverlässig, auch wenn sie selbst oder die Ortsgruppe (Chapter, Charter), der sie angehören, bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sind.
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Kläger -
g e g e n
Landesanwaltschaft [...],
- Beklagte -
w e g e n
Waffenrechtlicher Erlaubnis
hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 29. November 2011
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof - 21. Senat - [...] aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. Oktober 2013 am 10. Oktober 2013 folgendes Urteil:
T e n o r
Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 29. November 2011 wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
- [1]
- Der am 20. Oktober 1971 geborene Kläger wendet sich gegen den Widerruf bzw. die Rücknahme des ihm 6. April 2009 durch das Landratsamt [D...] ausgestellten kleinen Waffenscheins, der ihn gemäß § 10 Abs. 4 Satz 4 WaffG zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen berechtigte.
- [2]
- Im Juli 2010 teilte das Bayerische Landeskriminalamt dem Landratsamt mit, dass der Kläger Mitglied des Bandidos MC [P...] sei.
- [3]
- Bei seiner Anhörung zum beabsichtigten Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis gab der Kläger an, er sei bereits seit 2004 Mitglied des Motorradclubs. Zuvor habe er dem sogenannten Support Club angehört. Seine Mitgliedschaft sei schon zum Zeitpunkt der Erteilung des kleinen Waffenscheins bekannt gewesen. Er benötige diesen, weil er gelegentlich im Security-Bereich gewerblich tätig sei. Derzeit besitze er weder Schreckschuss-, Reizstoff- oder Signalwaffen noch entsprechende Munition. Er sei bisher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten.
- [4]
- Mit Bescheid vom 25. Januar 2011 widerrief das Landratsamt den kleinen Waffenschein und ordnete unter Zwangsgeldandrohung die Rückgabe binnen zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides an.
- [5]
- Dem Kläger fehle die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Bei ihm seien nachträglich Tatsachen eingetreten, die zur Versagung des kleinen Waffenscheins hätten führen müssen. Diese Tatsachen rechtfertigten die Annahme, dass er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden bzw. Personen überlassen werde, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt seien. Die Prognose stütze sich auf die Mitgliedschaft des Klägers im Bandidos MC [P...], den Bayerischen Verfassungsschutzbericht 2009, die fachliche Stellungnahme des Bayerischen Landeskriminalamtes vom 4. Oktober 2010 sowie ergänzend auf die allgemeine Medienberichterstattung zum Thema Rocker.
- [6]
- Im darauf folgenden Klageverfahren teilte der Beklagte unter Vorlage eines Auszugs aus den „Bikers News“ vom August 2011 mit, dass der Kläger Vizepräsident des Bandidos MC [P...] sei.
- [7]
- Das Verwaltungsgericht gab der Klage mit Urteil vom 29. November 2011 statt. Der Bescheid des Landratsamtes vom 25. Januar 2011 wurde als rechtwidrig und den Kläger in seinen Rechten verletzend aufgehoben.
- [8]
- Der Widerruf sei in eine Rücknahme des kleinen Waffenscheins nach § 45 Abs. 1 WaffG umzudeuten. Die Mitgliedschaft des Klägers bei dem Bandidos MC [P...] als Versagungsgrund habe bereits vor Erteilung vorgelegen, sei dem Beklagten aber erst später bekannt geworden. Der Einschätzung des Beklagten, dass der Umstand, dass der Kläger Vizepräsident des Bandidos MC [P...] sei, den Rückschluss auf seine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit zulasse, könne aber nicht gefolgt werden. Der Tatsachenvortrag rechtfertige dies nicht. Die vorgelegten Auszüge aus den Verfassungsschutzberichten bezögen sich auf das Vorkommen von Rockergruppen in der Bundesrepublik Deutschland und in Bayern und setzten sich mit deren streng hierarchischen Aufbau auseinander. Konkrete Hinweise auf eine vom Bandidos MC [P...] ausgehende Gefährlichkeit seien ihnen nicht zu entnehmen. Gleiches gelte für die Stellungnahme des Bayerischen Landeskriminalamtes vom 4. Oktober 2010.
- [9]
- Auch aus den angeführten Medienberichten könne kein Rückschluss auf den Bandidos MC [P...] gezogen werden. In die Auseinandersetzungen mit den Black Jackets seien seine Mitglieder gerade nicht verwickelt gewesen. Ebenso wenig lasse das Schreiben der KPI (Z) Niederbayern vom 13. September 2011 Schlussfolgerungen im Hinblick auf den Bandidos MC [P...] zu, der an den dort genannten Vorfällen nicht beteiligt gewesen sei. Die Verurteilung des [S...] wegen Waffen- und Drogendelikten könne ebenfalls die getroffene Prognoseentscheidung nicht tragen. Zum einen sei dieser noch kein Mitglied des Bandidos MC [P...], sondern nur Prospect. Zum anderen sei von dem Beklagten nicht dargelegt worden, inwieweit zwischen der Verurteilung und der Stellung des [S...] als Prospect ein Zusammenhang bestehe. Zudem sei fraglich, ob aus der einmaligen strafrechtlichen Verfehlung einer einzelnen Person bereits negative Rückschlüsse auf die Gruppierung gezogen werden könnten, der er nahe stehe. Die vorgebrachten Tatsachen seien nicht ausreichend um zu unterstellen, dass sich der Kläger in einem Milieu bewege, in dem üblicherweise Straftaten begangen werden und der missbräuchliche Waffenbesitz und das Waffenführen vorkommen. Unter dem Milieu, in dem sich jemand bewege, sei das soziale Umfeld zu verstehen, mit dem der Betroffene tatsächlich Kontakt habe und in das er integriert sei. Das sei für den Kläger der Bandidos MC [P...]. Dessen Mitglieder seien aber bisher gerade nicht einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten. Auch das eigene Verhalten und Auftreten des Klägers dürfe nicht unberücksichtigt bleiben. Der Beklagte habe nicht dargelegt, dass sich dieser in der Vergangenheit irgendwelcher Straftaten schuldig gemacht hätte. Es lägen daher keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger gegen waffenrechtliche Bestimmungen verstoßen oder von dem ihm erteilten kleinen Waffenschein in unzulässiger Weise Gebrauch machen werde.
- [10]
- Der Beklagte stellte gegen dieses Urteil Antrag auf Zulassung der Berufung.
- [11]
- Mit Beschluss vom 3. Mai 2012 gab der Senat dem Antrag statt. Die Berufung wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zugelassen.
- [12]
- Im Berufungsverfahren legte der Beklagte verschiedene Erkenntnisquellen vor, auf die Bezug genommen wird. Er betonte unter Auswertung dieser Unterlagen seine Auffassung, dass wegen der Mitgliedschaft des Klägers und seiner hervorgehobenen Stellung als Vizepräsident bei der als Outlaw Motorcycle Gang (OMCG) bezeichneten Rockergruppierung Bandidos MC [P...] sowie deren Nähe zur Organisierten Kriminalität Tatsachen vorlägen, welche die Prognose rechtfertigten, dass der Kläger waffenrechtlich unzuverlässig sei, weil er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertigt verwenden und Personen überlassen werde, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt seien. Für eine solche Prognoseentscheidung genüge ein rationaler Schluss von der Verhaltensweise als Tatsache auf das in Zukunft zu erwartende Verhalten des Betroffenen, wobei im Waffenrecht kein Restrisiko hingenommen werden muss. Diesen rechtlichen Maßstab habe das Verwaltungsgericht verkannt, soweit es entscheidungstragend darauf abstelle, dass der Kläger bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei. Das zu beobachtende Milieu, also das soziales Umfeld des Klägers, mit dem er Kontakt habe und in das er integriert sei, sei auch nicht auf den Bandidos MC [P...] beschränkt. Beim Bandidos MC [P...] handle es sich um eines von inzwischen etwa 70 Chaptern (Ortsgruppen) des Bandidos MC in Deutschland, der von den Sicherheitsbehörden der Organisierten Kriminalität in Gestalt der Rockerkriminalität zugerechnet werde. Es sei realitätsfremd anzunehmen, dass die Mitglieder eines Chapters ihr Milieu und soziales Umfeld ausschließlich in diesem Chapter fänden und dass keine Kontakte zu Bandidos anderer Chapter bestünden. Dies gelte insbesondere für Führungspersönlichkeiten wie den Kläger, zu dessen Aufgaben als Vizepräsident der Kontakt zu anderen Chaptern gehöre. So gehe aus der Internetpräsenz des Bandidos MC [P...] hervor, dass das Chapter Antrittsbesuche bei anderen Chaptern in ganz Europa, Amerika und Asien gemacht habe. Besonders erwähnt würden auch die Verbindungen mit dem Friendship-Chapter Bandidos MC Drammen / Norway und mit dem Chapter Bandidos MC Allersberg. Die Prognoseentscheidung werde auch durch den bei einer Großrazzia im März 2013 festgestellten strafrechtlich relevanten Besitz verbotener Gegenstände bei zehn Mitgliedern des Bandidos MC 32 bestätigt. Die Durchsuchungsmaßnahme belege die Nähe der sogenannten 1%er Motorradclubs, zu denen sich auch der Bandidos MC [P...] zähle, zur Organisierten Kriminalität sowie eine generelle Affinität zu Waffen und die latente Gewaltbereitschaft, die den Besitz und Gebrauch von Waffen oder Munition einschließe.
- [13]
- Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2012 verwies der Beklagte auf einen Eintrag im Internet-Gästebuch des Bandidos MC [P...], in dem dem „brother Bandido Tom 1%er“ zu seinem neuen Status als Nomad in der „Bandido Nation“ gratuliert werde. Nach Auswertung durch die KPI (Z) sei damit der Kläger gemeint, der dadurch eine überregionale Sonderfunktion erhalten habe.
- [14]
- Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 29. November 2011 die Klage abzuweisen.
- [15]
- Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
- [16]
- Er hält die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für zutreffend und weist darauf hin, dass sich aus sämtlichen vorgelegten Unterlagen, einschließlich des Verfassungsschutzberichts Bayern 2012, keine Tatsachen entnehmen ließen, aus denen der Schluss gezogen werden könnte, dass der Kläger im waffenrechtlichen Sinn unzuverlässig sei. Vielmehr ergebe sich selbst aus dem Vortrag des Beklagten, dass der Kläger bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei. Allein die Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen Rockergruppe sei nicht geeignet, die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit zu belegen. Die erforderliche individuelle Prüfung zeige vielmehr, dass keine konkreten Anhaltspunkte vorlägen, die die Prognoseentscheidung des Beklagten rechtfertigen könnten.
- [17]
- In der mündlichen Verhandlung erklärten die Vertreter des Beklagten, dass der Kläger mittlerweile nicht mehr Vizepräsident des Bandidos MC [P...] sei, sondern seit 11. Juni 2012 den Status eines Nomads erhalten habe. Dies bedeute einen Aufstieg. Die Nomads seien nicht Mitglieder eines bestimmten Chapters oder einer Ortsgruppe, sondern bildeten eine eigene Gruppe innerhalb der Bandidos. Sie hätten jederzeit Zutritt zu anderen Chaptern, die gehalten seien, sie in jeder Weise zu unterstützen. Die Stelle des Vizepräsidenten des Bandidos MC [P...] sei inzwischen anderweitig besetzt.
- [18]
- Der Bevollmächtigte des Klägers gab dazu an, er bestreite diesen Sachverhalt. Nähere Erkenntnisse dazu habe er jedoch nicht.
- [19]
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten, hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift vom 8. Oktober 2013 verwiesen.
»ENDE DES DOKUMENTAUSZUGS«
BVerwG | 6 C 29.08 | 30.09.2009
[ECLI:DE:BVerwG:2009:300909U6C29.08.0]
LDJR 2009, 3036
L e i t s a t z
Unzuverlässig im Sinne des Waffengesetzes (§ 5 Abs. 2 Nr. 3) ist in der Regel auch derjenige, der verfassungsfeindliche Bestrebungen im Rahmen der Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen politischen Partei verfolgt.
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Kläger -
g e g e n
Landratsamt München
- Beklagter -
w e g en
Erteilung eines Waffenscheins
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. September 2009 [...] für Recht erkannt:
T e n o r
Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Mai 2008 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
T a t b e s t a n d
I.
- [1]
- Der Kläger war bis Anfang 2009 Vorsitzender der Deutschen Volksunion (DVU), einer politischen Partei, und ist weiterhin deren Mitglied. Er beantragte mit Schreiben vom 21. Juli 2005 beim Landratsamt München wegen Ablaufs des ihm am 12. November 1998 erteilten Waffenscheins zum 8. November 2005 dessen Verlängerung für drei Jahre. Der Waffenschein sollte zum Führen des Revolvers Smith & Wesson, Kal. 38 spez., Herstellungsnr. BDZ 31 62, berechtigen.
- [2]
- Das Landratsamt München lehnte mit Bescheid vom 17. Januar 2006 den Antrag des Klägers ab, weil er im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG unzuverlässig sei. Er gehe aktiv, ziel- und zweckgerichtet gegen das Schutzgut der verfassungsmäßigen Ordnung vor. Das folge aus der Funktion und Stellung des Klägers in der DVU sowie aus seiner Eigenschaft als Herausgeber der „Nationalzeitung“.
- [3]
- Auf die bereits zuvor vom Kläger erhobene Untätigkeitsklage hat das Verwaltungsgericht den Beklagten mit Urteil vom 24. Januar 2007 unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Januar 2006 verpflichtet, dem Kläger antragsgemäß einen Waffenschein zu erteilen.
- [4]
- Mit Urteil vom 26. Mai 2008 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei im waffenrechtlichen Sinn zuverlässig (§ 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 WaffG). Entgegen der Meinung des Beklagten lasse sich seine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit nicht aus § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG herleiten. Ungeachtet der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen sei die Vorschrift nicht anwendbar gegenüber der spezielleren Regelung in § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b WaffG. Danach besäßen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel Personen nicht, die Mitglied in einer Partei gewesen seien, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht nach § 46 BVerfGG festgestellt habe, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen seien.
- [5]
- Diese Vorschrift knüpfe an die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei an. Aus ihr sei zu schließen, dass die parteioffizielle oder parteiverbundene Tätigkeit eines Parteimitglieds, das mit allgemein erlaubten Mitteln arbeite und nicht gegen die allgemeinen Strafgesetze verstoße, nur dann zur Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b WaffG führen könne, wenn diese Partei vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden sei. Da der Beklagte Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG ausschließlich in den Tätigkeiten des Klägers als Funktionär und Vorsitzender der DVU, als Herausgeber des publizistischen Sprachrohrs der DVU und in den von ihm gemachten Äußerungen sehe, seien die Bestrebungen als parteioffizielle und parteiverbundene Tätigkeiten vom Parteienprivileg umfasst und könnten nur dann zur Annahme einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers führen, wenn die DVU vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden sei. Dies sei bislang nicht geschehen.
- [6]
- Zur Begründung seiner Revision hat der Beklagte u.a. ausgeführt, entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen bestehe kein Vorrang von § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b WaffG gegenüber § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG. Die entsprechenden Regelunzuverlässigkeitsgründe stünden vielmehr selbständig nebeneinander und knüpften an unterschiedliche Tatbestände an. Während nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b WaffG bereits die bloße Mitgliedschaft in einer Partei, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht festgestellt habe, (regelmäßig) zur Unzuverlässigkeit führe, werde nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a, Buchst. b WaffG ein bestimmtes Verhalten, nämlich das Verfolgen verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorausgesetzt. Die Erwägung der Vorinstanzen, ein Vorgehen der Waffenbehörde nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG würde (bei Parteimitgliedern) entgegen Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG zu einer Prüfung durch Verwaltungsbehörden und gerichte führen, ob die Ausrichtung einer Partei gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstoße, und damit Art. 21 Abs. 2 GG und das Parteienprivileg umgehen, verkenne den Prüfungsmaßstab der Waffenbehörde und die sich daraus ergebenden Konsequenzen und beruhe auf einem zu weiten Verständnis des Parteienprivilegs. Der Betätigungsfreiheit von Parteien werde dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass in § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b WaffG die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei durch das Bundesverfassungsgericht vorausgesetzt werde, um ihren Mitgliedern nur auf Grund dieser Mitgliedschaft und ohne weitere Prüfung die waffenrechtliche Zuverlässigkeit abzusprechen. Es werde nicht verkannt, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungswidrigkeit einer Partei konstitutiv sei. Das bedeute jedoch nicht, dass jedes Verhalten im Rahmen parteipolitischer Tätigkeit erlaubt bzw. vom Parteienprivileg geschützt sei. Die Beurteilung eines Verhaltens auch im Rahmen einer Parteimitgliedschaft als verfassungsfeindliche Bestrebung nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG hänge also nicht von der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Partei nach § 46 BVerfGG ab.
- [7]
- Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 24. Januar 2007 und des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Mai 2008 die Klage abzuweisen.
- [8]
- Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
- [9]
- Er verteidigt die Urteile der Vorinstanzen.
»ENDE DES DOKUMENTAUSZUGS«
BVerwG | 6 C 2.14 | 28.01.2015
[ECLI:DE:BVerwG:2015:280115U6C2.14.0]
LDJR 2015, 5399
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Kläger -
g e g e n
Waffenbehörde [...],
- Beklagter -
w e g e n
Kleinen Waffenscheins
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2015 [...] für Recht erkannt:
T e n o r
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
T a t b e s t a n d
I.
- [1]
- Der Kläger ist Inhaber eines kleinen Waffenscheins gemäß § 10 Abs. 4 Satz 4 WaffG. Das Landratsamt widerrief diesen mit der Begründung, der Kläger sei Mitglied der "Bandidos MC Passau" geworden. Auf seine Klage hat das Verwaltungsgericht den Bescheid aufgehoben.
- [2]
- Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Da der Kläger bereits bei Ausstellung des kleinen Waffenscheins Mitglied der "Bandidos MC Passau" gewesen sei, sei der Widerruf in eine Rücknahme nach § 45 Abs. 1 WaffG umzudeuten. Die Rücknahmevoraussetzungen lägen vor. Die Stellung des Klägers als Vizepräsident des "Bandidos MC Passau" oder als Nomad rechtfertige die Annahme, dass er im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG unzuverlässig sei. Dies folge aus der Eigenart der "Bandidos" als einer Gruppierung, die regelmäßig in gewalttätige Auseinandersetzungen mit anderen Rockergruppierungen verwickelt sei und eine Nähe zur Organisierten Kriminalität aufweise. Unerheblich sei, dass der Kläger persönlich nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten oder sonst auffällig geworden sei.
- [3]
- Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das Berufungsgericht lasse außer Acht, dass weder der Kläger noch der "Bandidos MC Passau" bisher negativ auffällig geworden seien. Es begründe seine angebliche Unzuverlässigkeit mit allgemeinen Mutmaßungen und zum Teil unzutreffenden tatsächlichen Annahmen über einen Vorfall im Oktober 2012. Da der "Bandidos MC Passau" nicht unter § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG falle, sei die Mitgliedschaft des Klägers nicht ausreichend zur Begründung seiner Unzuverlässigkeit. Dafür, dass der Kläger sich in einem kriminellen, gewaltorientierten Milieu bewege, liege kein Nachweis vor. Dass einzelne Mitglieder von Rockergruppierungen straffällig geworden seien, dürfe nicht dem Kläger angelastet werden.
- [4]
- Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
II.
»ENDE DES DOKUMENTAUSZUGS«
BVerwG | 6 B 4.08 | 31.01.2008
[ECLI:DE:BVerwG:2008:310108B6B4.08.0]
LDJR 2008, 6239
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Kläger -
g e g e n
Waffenbehörde [...],
- Beklagter -
w e g e n
Waffenrechts
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 31. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht [...] und die Richter am Bundesverwaltungsgericht [...] und [...] beschlossen:
T e n o r
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6 000 € festgesetzt.
»ENDE DES DOKUMENTAUSZUGS«