VG Aachen | 6 K 1922/03 | 31.03.2004
- Details
- vom Mittwoch, 31. März 2004 02:00
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Gericht: | |
Verwaltungsgericht Aachen (VG Aachen) | |
Aktenzeichen: | Entscheidungsdatum: |
6 K 1922/03 | 31.03.2004 |
Spruchkörper: | Entscheidungsform: |
6. Kammer | Urteil |
ECLI: | |
ECLI:DE:VGAC:2004:0331.6K1922.03.0A | |
Normen: | Jur. Bedeutung: |
§ 45 Abs. 2 Satz 1 WaffGV-SUCHE, § 5 WaffGV-SUCHE, § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffGV-SUCHE, § 58 Abs. 1 WaffGV-SUCHE, § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffGV-SUCHE, § 47 Abs. 2 Satz 1 WaffGV-SUCHE | |
Schlüsselwörter: | Volltext: |
V-SUCHEErlaubnis, Zuverlässigkeit, Waffenbesitzkarte, Jagd, Alter, Schusswaffe, Jagdschein, Unzuverlässigkeit, Besitz, Jagdbehörde | |
Referenz: | Permalink: |
LDJR 2004, 5022 https://lexdejur.de/ldjr5022 | LINK (+/-) |
Zitierweise: | Tipp: |
VG Aachen, Urteil vom 31. März 2004 - 6 K 1922/03 [ECLI:DE:VGAC:2004:0331.6K1922.03.0A] - lexdejur VG Aachen, Urteil vom 31. März 2004 - 6 K 1922/03 - lexdejur | ECLI (+/-) |
Entscheidungstext
[ECLI:DE:VGAC:2004:0331.6K1922.03.0A]
LDJR 2004, 5022
V o r s p a n n
In dem Verwaltungsrechtsstreit
- Kläger -
g e g e n
Waffenbehörde [...],
- Beklagte -
w e g e n
Waffenrechts
hier: Widerruf von Waffenbesitzkarten
hat die 6. Kammer des VERWALTUNGSGERICHTS AACHEN aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2004 [...] für Recht erkannt:
T e n o r
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, falls nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
- [1]
- Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf ihm erteilter waffenrechtlicher Erlaubnisse durch den Beklagten.
- [2]
- Der Kläger ist Jäger und war bis zum 31. März 2001 Inhaber eines gültigen Jagdscheins.
- [3]
- Am 3. November 2003 wurde ihm erneut ein 3-Jahres-Jagdschein erteilt.
- [4]
- Der Kläger ist ferner Inhaber von fünf Waffenbesitzkarten für insgesamt sieben Schusswaffen nebst zugehörigen Munitionserwerbsberechtigungen. Im Einzelnen hat ihm der Beklagte zum Zwecke der Jagdausübung in den Jahren 1992 bis 1996 folgende Waffenbesitzkarten ausgestellt: 1. 0000 vom 31. August 1992 für die darin eingetragenen Schusswaffen - Revolver .44 Magn. Smith & Wesson Mod.29, 0000 - Bockdoppelflinte 12/70, Hubertus Brasil, Nr 0000 2. 0000 -(D) vom 24. Mai 1994 für die darin eingetragenen Schusswaffen - Pistole 9 mm Para, Heckler & Koch, Nr. 0000 - Bockbüchsflinte 12/70 5,6 x 52R, Brünner, Nr 0000, nachträglich eingetragen am 10. April 1996 3. 0000 vom 28. Oktober 1994 für die darin eingetragene Schusswaffe - Repetierbüchse .22 MAGN., Weihrauch HW 60 J, Nr. 0000 4. 0000 vom 8. Dezember 1994 für die darin eingetragene Schusswaffe - Doppelbüchse 9,3 x 74, Kammergewehr, Nr. 0000 5. 0000 vom 8. Dezember 1994 für die darin eingetragene Schusswaffe - Doppelflinte 12/70, Holland, Nr. 0000 In der Vergangenheit trat der Kläger mehrfach strafrechtlich in Erscheinung. In der Zeit von 1983 bis 1999 wurde er sechsmal rechtskräftig verurteilt, nämlich unter anderem wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz durch Urteile des Amtsgerichts Aachen vom 16. Dezember 1983 (0000) rechtskräftig seit dem 30. Dezember 1983- und des Amtsgerichts Hamburg vom 5. März 1986 (0000) rechtskräftig seit dem 6. August 1987-, wegen fortgesetzter Beihilfe zur Förderung der Prostitution in Tateinheit mit Zuführung zur Prostitution und Zuhälterei durch Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 18. Juni 1986 (0000)rechtkräftig seit dem 27. August 1987- und wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz durch Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 5. Februar 1993 (0000) rechtskräftig seit dem 25. Februar 1993-.
- [5]
- Durch Urteil vom 28. Juni 1995 (0000) verurteilte ihn sodann das Amtsgericht Aachen wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Bedrohung zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20,00 DM. Das Urteil ist seit dem 20. Januar 1996 rechtskräftig. Dieser Verurteilung lag nach den Feststellungen des Amtsgerichts zugrunde, dass der Kläger im Mai 1994 im Rahmen einer Auseinandersetzung mit seiner damaligen Lebensgefährtin in der gemeinsamen Wohnung den Revolver .44 Magnum aus dem Schrank herausholte und mit den Worten auf sie richtete, wenn sie ihn herauswerfe, werde er sie "kaputt schießen und aus dem Fenster werfen".
- [6]
- Bei einem weiteren Streit am 17. Dezember 1994 schlug er ihr mit der Faust auf den Kopf, in das Gesicht und in den Nacken.
- [7]
- In innerem Zusammenhang mit dieser Verurteilung steht die letzte Verurteilung des Klägers wegen Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage sowie Anstiftung zum Meineid durch Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 3. November 1998 (0000) rechtskräftig seit dem 21. August 1999-, das auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten erkannte. Zu dieser Verurteilung kam es, weil der Kläger im vorerwähnten Verfahren 0000 seiner Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Bedrohung in der Berufungsinstanz dadurch zu entgehen versuchte, dass er das Opfer, seine damalige Lebensgefährtin, dazu bestimmte und veranlasste, die ihn belastenden Zeugenaussagen im Berufungsverfahren nicht zu wiederholen und die Aussage mit der wahrheitswidrigen Erklärung zu verweigern, dass sie mit ihm verlobt sei. Dabei hatte er insbesondere dadurch auf das Aussageverhalten seiner damaligen Lebensgefährtin Einfluss genommen, dass er sie darauf hinwies, dass er im Falle seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen Körperverletzung mit dem Entzug seines Jagdscheines rechnen müsse. "Käme es dazu", so erklärte er damals, "so sähe es schlecht für sie aus". Außerdem drohte er, dafür Sorge zu tragen, dass ihr ihreTochter vom Jugendamt weggenommen werde. Um der unzutreffenden Behauptung über das Bestehen eines Verlöbnisses nachträglich den Anschein der Wahrhaftigkeit zu verleihen, schlossen der Kläger und seine ehemalige Lebensgefährtin kurz nach dem Berufungsverfahren auf sein Drängen hin die Ehe, die ungefähr ein Jahr später wieder geschieden wurde.
- [8]
- Ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Betruges (0000) wurde durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Aachen am 2. April 2000 gemäß § 154 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) mit der Begründung eingestellt, dass die zu erwartende Strafe neben der bereits gegen den Kläger verhängten Strafe in einem anderen Verfahren nicht beträchtlich ins Gewicht falle.
- [9]
- Der Beklagte erhielt erstmals im November 2000 Kenntnis von der Verurteilung des Klägers wegen Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage sowie Anstiftung zum Meineid vom 3. November 1998. Er sah jedoch von der Einleitung weiterer Maßnahmen aufgrund dieser Verurteilung ab, da seiner Einschätzung zufolge nach dem seinerzeit geltenden Waffengesetz vom 8. März 1976 weder ein Regelbeispiel der Unzuverlässigkeit erfüllt noch sonst ein Waffen- oder Munitionsbezug gegeben war.
- [10]
- Die Jagdbehörde lehnte mit Blick auf die Verurteilung des Klägers vom 3. November 1998 die Erteilung eines neuenJagdscheines mit Bescheid vom 24. April 2001 unter Hinweis darauf ab, dass der Kläger aufgrund der Verurteilung u.a. wegen eines Verbrechens die Regelvermutung des § 17 Abs. 4 Nr. 1 lit. a) des Bundesjagdgesetzes erfülle und damit nicht mehr die nach dem Jagdgesetz erforderliche Zuverlässigkeit besitze. In dem nach erfolglosem Vorverfahren anschließenden Klageverfahren vor der 3. Kammer des erkennenden Gerichts (3 K 1299/01) verpflichtete sich die Jagdbehörde durch Vergleich, einen Antrag des Klägers auf Erteilung eines Jagdscheines ab dem 1. April 2003 nicht wegen der Verurteilung vom 3. November 1998 abzulehnen.
- [11]
- Im November 2002 erhielt der Beklagte durch Einholung einer Auskunft aus dem Bundeszentralregister von sämtlichen Verurteilungen des Klägers Kenntnis.
- [12]
- Nach vorheriger Anhörung widerrief er sodann mit Bescheid vom 17. April 2003 die fünf von ihm selbst dem Kläger erteilten umd bereits eingangs im Einzelnen beschriebenen Waffenbesitzkarten sowie zwei ältere, dem Kläger durch die Freie und Hansestadt Hamburg erteilte Waffenbesitzkarten mit den Nummern 13384/81-(A) vom 30. Juni 1981 und 0000 vom 28. Januar 1983 einschließlich der darin enthaltenen Munitionserwerbsberechtigungen. Zugleich gab er dem Kläger auf, die Erlaubnisurkunden spätestens mit Bestandskraft des Widerrufsbescheides zurückzugeben, und ordnete an, die Schusswaffen, über die er die tatsächliche Gewalt ausübe, innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Eintritt der Bestandskraft des Widerrufsbescheides einem Berechtigten zu überlassen oder die Unbrauchbarmachung der Gegenstände zu veranlassen. Für den Fall der Nichtbefolgung der Anordnung betreffend die Erlaubnisurkunden drohte er dem Kläger ein Zwangsgeld in Höhe von 150,00 € an. Ferner erhob der Beklagte für die Entscheidung Verwaltungskosten i. H. v. 250,62 €. Zur Begründung des Widerrufes führte er im Wesentlichen aus, der Kläger besitze gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) des am 1. April 2003 in Kraft getretenen Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 (WaffG 2002) nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit, da er vom Amtsgericht Aachen durch Urteil vom 3. November 1998 wegen Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage sowie Anstiftung zum Meineid verurteilt worden sei und seit dem Eintritt der Rechtskraft noch keine 10 Jahre verstrichen seien. Der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse wirke nicht in unzulässiger Weise zurück, sondern entfalte Wirkung nur für die Zukunft. § 58 Abs. 1 WaffG 2002 vermittle ebenso wie § 49 Abs. 2 Nr. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW), der durch die spezialgesetzliche Regelung des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 verdrängt werdekeinen weiter reichenden Bestandsschutz. Zudem sprächen auch die weiteren Verurteilungen aus den Jahren 1983 bis 1995 gegen die charakterliche Eignung des Klägers zum Besitz von Waffen, da sie insgesamt Zweifel an seiner gesetzeskonformen Haltung begründeten.
- [13]
- Mit Bescheid vom gleichen Tag lehnte die Jagdbehörde einen Antrag des Klägers vom 19. März 2003 auf Erteilung eines Drei-Jahres-Jagdscheines wegen fehlender Zuverlässigkeit ab, die sie mit der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers vom 3. November 1998 begründete. Sie sah sich durch den im Verfahren 3 K 1299/01 geschlossenen Vergleich nicht an der Versagung des Jagdscheines gehindert, nachdem sie den Vergleich mit der Begründung gekündigt hatte, die maßgebliche Rechtslage habe sich zum 1. April 2004 wesentlich geändert.
- [14]
- Den gegen den Bescheid vom 17. April 2003 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen damit, dass der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse gegen § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 verstoße, da dieser die Fortgeltung der nach altem Recht erteilten Erlaubnisse ausdrücklich vorschreibe, soweit nicht nachfolgend in den Absätzen 1 bis 9 der VorschriftAbweichendes bestimmt werde. Eine solche abweichende Regelung liege hier jedoch nicht vor, so dass nach Abs. 1 der rechtliche Fortbestand der waffenrechtlichen Erlaubnisse nach altem Recht gewährt werde. Die Auffassung des Beklagten, die Vorschrift habe lediglich eine deklaratorische Bedeutung, verstoße gegen das Gesetz. Der rechtliche Fortbestand der Alterlaubnisse folge insbesondere auch in einem Umkehrschluss aus § 58 Abs. 2 WaffG 2002, der derzeit gültige waffenrechtliche Erlaubnisse für Kriegsschusswaffen ab dem 1. Oktober 2003 ausdrücklich für unwirksam erkläre, andere Erlaubnisse hingegen nicht. Die ausdrücklich bestimmte Fortgeltung von Alterlaubnissen werde umgangen, wenn diese allein aufgrund der neuen Rechtslage, ohne dass neue Tatsachen eingetreten seien, widerrufen würden. § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 biete keine Rechtsgrundlage für den Widerruf. Die Vorschrift erlaube lediglich den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis bei nachträglichem Tatsacheneintritt. Der Widerrufsbescheid werde jedoch nicht auf nachträglich eingetretene Tatsachen, sondern ausschließlich auf Vorschriften des zum 1. April 2003 in Kraft getretenen neuen Waffengesetzes gestützt. Einem Widerruf der Erlaubnisse stehe auch § 49 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW entgegen, weil er der Klägervon den waffenrechtlichen Erlaubnissen bereits Gebrauch gemacht habe und damit Vertrauensschutz genieße. Der Hinweis des Beklagten, diese Vorschrift sei neben § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG als lex specialis nicht anwendbar, gehe fehl, da § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG lediglich den Widerruf aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen, nicht jedoch den Widerruf aufgrund geänderter Rechtsvorschriften regele.
- [15]
- Auf den Widerspruch des Klägers änderte der Beklagte den Bescheid vom 17. April 2003 mit Bescheid vom 25. Juni 2003 dahin gehend ab, dass er den Widerruf der Waffenbesitzkarten aus den Jahren 1981 und 1983 für gegenstandslos erklärte, da sie bereits im Jahre 1984 bestandskräftig durch die Freie und Hansestadt Hamburg widerrufen worden waren und die darin eingetragenen Waffen sich nicht mehr im Besitz des Klägers befanden. Die nach dem Ausgangsbescheid vom Kläger zu tragenden Kosten reduzierte er um 40,00 € auf 210,62 €. Im Übrigen half er dem Widerspruch des Klägers nicht ab.
- [16]
- Die Bezirksregierung Köln wies den Widerspruch des Klägers im Übrigen mit Bescheid vom 1. September 2003 im Wesentlichen aus den Gründen aus Ausgangsbescheides zurück. Darüber hinaus führte sie aus, die Übergangsregelung des § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 verfolge nur den Zweck, bestehende Erlaubnisse nicht automatisch erlöschen zu lassen, damit nicht alle "Alterlaubnisinhaber" zum Inkrafttreten des Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 eine neue waffenrechtliche Erlaubnis beantragen müssten. Dies bedeute jedoch nicht, dass Besitzer einer waffenrechtlichen Erlaubnis nach dem Waffengesetz von 1976 nicht die Erlaubnisvoraussetzungen nach neuem Recht zu erfüllen hätten. Gemäß § 5 Abs. 1 Ziff. 1 lit. a) WaffG 2002 werde aufgrund der seit dem 21. August 1999 rechtskräftigen Verurteilung des Klägers zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten wegen Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage sowie Anstiftung zum Meineid die absolute waffenrechtliche Unzuverlässigkeit für die Dauer von 10 Jahren ab Rechtskraft des Urteils unwiderlegbar vermutet. Bei der die Unzuverlässigkeit des Klägers begründenden Verurteilung vom 3. November 1998 handelte es sich auch um eine "nachträglich" eingetretene Tatsache im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002. Ein nachträglicher Tatsacheneintritt liege immer dann vor, wenn wie hiernach Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis Versagungstatbestände eingetreten seien.
- [17]
- Mit der am 17. September 2003 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor: Zu Unrecht werte der Beklagten die "Altverurteilung" aus dem Jahre 1998 als eine nachträglich eingetretene Tatsache im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002. Nachträgliche Tatsachen im Sinne dieses Widerrufstatbestandes seien nur die nach dem Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes am 1. April 2003 eingetreten Tatsachen . Die bloße Änderung der Rechtslage zum 1. April 2003 könne nicht als der Eintritt einer neuen Tatsache im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 gewertet werden. Auch fänden die strengeren Zuverlässigkeitsanforderungen des Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 keine Anwendung auf so genannte Alterlaubnisse. Eine vor dem Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes rechtmäßig erteilte Erlaubnis könne nicht allein deshalb widerrufen werden, weil sie nach dem neuen Waffengesetz nicht mehr erteilt werden dürfe. Die von der Kammer im Beschluss vom 9. Dezember 2003 (6 L 1161/03) vorgenommene Differenzierung danach, ob eine "Alterlaubnis" vor oder nach einer "Altverurteilung" erteilt worden sei, sei nicht sachgerecht. In beiden Fällen gelte gleichermaßen der Grundsatz des Vertrauensschutzes wie auch die Übergangsregelung des § 58 Abs.1 WaffG 2002, der ausdrücklich die Fortgeltung von "Alterlaubnissen" trotz Änderung der Rechtslage bestimme. Die von der Kammer vertretene Ansicht, dass die Bedeutung der Vorschrift sich darin erschöpfe, dass die nach alter Rechtslage erteilten Erlaubnisse mit dem Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 nicht unwirksam würden, sei nicht haltbar, da solche Erlaubnisse nicht allein durch ein neues Waffengesetz unwirksam werden könnten, es sei denn solches sei ausdrücklich gesetzlich bestimmt. Darüber hinaus sei die nach dem Bekanntwerden der Verurteilung vom 3. November 1998 unter der Geltung des alten Waffengesetzes getroffene Entscheidung des Beklagten, ihm dem Klägerdie Waffenbesitzkarten trotz dieser Verurteilung zu belassen, rechtlich gleichzustellen mit der Neuerteilung der Erlaubnisse, so dass es auch insofern hinsichtlich der fraglichen Verurteilung am Eintritt einer neuen Tatsache fehle. Alle anderen Verurteilungen, namentlich die des Amtsgerichts Aachen vom 28. Juni 1995 wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Bedrohung rechtskräftig seit dem 20. Januar 1996-, dürften bereits unter Zugrundelegung der Auffassung der Kammer bei der Entscheidung über den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse keine Berücksichtigung finden, da der Beklagte ihm zuletzt am 10. April 1996 eine waffenrechtliche Erlaubnis erteilt habe und die zuvor erfolgten Verurteilungen damit keine "nachträglichen" Tatsachen darstellten. Im Übrigen habe mittlerweile die Jagdbehörde mit Blick auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (Beschluss vom 11. September 2003 -0000-) die Ansicht aufgegeben, dass ihm dem Klägeraufgrund der Verurteilung aus dem Jahre 1998 die erforderliche Zuverlässigkeit fehle; sie habe den beantragten Jagdschein erteilt.
- [18]
- Schließlich habe ihm auch der Beklagte zwischenzeitlich einen "Europäischen Feuerwaffenpass" sowie eine Zweitausfertigung der Waffenbesitzkarte Nr. 0000 ausgestellt.
- [19]
- Der Kläger beantragt, die Bescheide des Beklagten vom 17. April 2003 und vom 25. Juni 2003 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 1. September 2003 aufzuheben.
- [20]
- Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
- [21]
- Er bezieht sich im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und führt ergänzend aus, der Gesetzgeber habe die Anforderungen an die Zuverlässigkeit und persönliche Eignung waffenrechtlicher Erlaubnisinhaber verschärft, um einen erhöhten Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Alle anderen Bestimmungen des Waffengesetzes bauten auf den Zuverlässigkeitsbestimmungen auf. Gerade auch die Verlängerung der Sperrfrist von 5 auf 10 Jahre sei ein Indiz dafür, dass sich die Sicherungswirkung des § 5 WaffG 2002 nicht nur auf den Zeitpunkt ab dem 1. April 2003 beziehe, sondern auch den Zeitraum davor mit in die Überprüfung der Erlaubnisbehörde einschließe. Nur so erreiche der Gesetzgeber, dass die Neuregelung der Zuverlässigkeitskriterien alle Erlaubnisinhaber betreffe. Der vom Kläger reklamierte Vertrauensschutz bestehe schon deshalb nicht, weil Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse aufgrund der Regelung des § 4 Abs. 3 WaffG 2002 mit der Überprüfung ihrer Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung in regelmäßigen Abständen rechnen müssten, und zwar mit Überprüfungen nach dem aktuell vorgeschriebenen Sicherheitsstandard.
- [22]
- § 58 Abs. 1 WaffG 2002 könne deshalb nicht im Sinne des Klägers als Bestandsschutzgarantie ausgelegt werden.
- [23]
- Mit Beschluss vom 9. Dezember 2003 (6 L 1161/03) hat die Kammer einen gegen die sofortige Vollziehung der im Zusammenhang mit dem Widerruf der Waffenbesitzkarten ergangenen Kostenentscheidung gerichteten Eilantrag abgelehnt.
- [24]
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte, der beigezogenen Gerichtsakten 3 K 1606/03, 3 K 1299/01, 6 L 1162/03 und 6 L 1161/03 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Ende des Dokumentauszugs
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VG Aachen | 6 L 1161/03 | 09.12.2003
[ECLI:DE:VGAC:2003:1209.6L1161.03.0A]
LDJR 2003, 5079
V o r s p a n n
In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
- Kläger und Antragsteller -
g e g e n
Waffenbehörde [...],
- Beklagte und Antragsgegnerin -
w e g e n
Waffenrechts (Verwaltungsgebühren)
hier: Regelung der Vollziehung
hat die 6. Kammer des VERWALTUNGSGERICHTS AACHEN am 9. Dezember 2003 [...] beschlossen:
T e n o r
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 52,66 € festgesetzt.
»ENDE DES DOKUMENTAUSZUGS«