VG Ansbach | AN 14 S 16.00462 | 26.10.2016
- Details
- vom Mittwoch, 26. Oktober 2016 02:00
Bibliografie
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Gericht: | |
Verwaltungsgericht Ansbach (VG Ansbach) | |
Aktenzeichen: | Entscheidungsdatum: |
AN 14 S 16.00462 | 26.10.2016 |
Spruchkörper: | Entscheidungsform: |
14. Kammer | Beschluss |
ECLI: | |
ECLI:DE:VGANSBA:2016:1026.AN14S16.00462.0A | |
Normen: | Jur. Bedeutung: |
§ 45 Abs. 5 WaffGV-SUCHE, § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffGV-SUCHE, § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffGV-SUCHE, § 5 Abs. 1 Nr. 2 c WaffGV-SUCHE, § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffGV-SUCHE, § 46 Abs. 1 WaffGV-SUCHE | |
Schlüsselwörter: | Volltext: |
V-SUCHEErlaubnis, Waffenbesitzkarte, Unzuverlässigkeit, Rocker, Zuverlässigkeit, Schusswaffe, Verein, Umgang, Straftaten, Straftat | |
Referenz: | Permalink: |
LDJR 2016, 7033 https://lexdejur.de/ldjr7033 | LINK (+/-) |
Zitierweise: | Tipp: |
VG Ansbach, Beschluss vom 26. Oktober 2016 - AN 14 S 16.00462 [ECLI:DE:VGANSBA:2016:1026.AN14S16.00462.0A] - lexdejur VG Ansbach, Beschluss vom 26. Oktober 2016 - AN 14 S 16.00462 - lexdejur | ECLI (+/-) |
Entscheidungstext
[ECLI:DE:VGANSBA:2016:1026.AN14S16.00462.0A]
LDJR 2016, 7033
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Antragsteller -
g e g e n
Freistaat Bayern [...],
- Antragsgegner -
w e g e n
Waffen- und Sprengstoffrechts (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO)
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 14. Kammer, [...] ohne mündliche Verhandlung am 26. Oktober 2016 folgenden Beschluss:
T e n o r
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nummer 3 des Bescheides des Beklagten vom 3. März 2016 wird angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf 3.250,-- € festgesetzt.
T a t b e s t a n d
I.
- [1]
- Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen den Widerruf von drei Waffenbesitzkarten sowie gegen die daraus resultierenden waffenrechtlichen Folgemaßnahmen.
- [2]
- Der Antragsteller war Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse in Form der Waffenbesitzkarten Nr. [...], Nr. [...]sowie Nr. [...], die ihm jeweils von der Stadt [...] erteilt worden waren. In den drei Waffenbesitzkarten sind insgesamt sechs Einzellader-Büchsen der Kategorie C, eine Bockdoppelflinte der Kategorie D, eine Repetierbüchse der Kategorie C, vier halbautomatische Pistolen der Kategorie B sowie ein Revolver der Kategorie B eingetragen.
- [3]
- Im Jahr 2015 erlangte das Landratsamt [...] vom Polizeipräsidium [...] (Kommissariat [...] – Rockerkriminalität) Kenntnis davon, dass der Antragsteller Mitglied des Motorradclubs „Gremium MC [...]“, einem Chapter des in Deutschland als Outlaw Motorcycle Gang (OMCG) eingestuften „Gremium MC“, ist. So wurde der Antragsteller am 10. Februar 2015 im Rahmen einer Tresorkontrolle mit einem „Black Seven“ Pullover mit den Schriftzügen „Gremium“ und „1 %“ angetroffen. In einem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil, das anlässlich einer Hochzeit am 17. Juli 2015 entstanden ist, ist der Antragsteller in einer Vereinsjacke des „Gremium MC“ zu sehen. In der Behördenakte befinden sich des Weiteren Lichtbilder aus dem Jahr 2014, die zeigen, dass der Antragsteller seinen Bekannten Schusswaffen zum Posieren zur Verfügung stellt, sowie Gruppenfotos des „Gremium MC “, auf denen auch der Antragsteller mit abgebildet ist.
- [4]
- Vor diesem Hintergrund teilte das Landratsamt [...] dem Antragsteller mit Schreiben vom 16. Dezember 2015 mit, es sei auf Grund seiner erst jetzt bekannt gewordenen Mitgliedschaft beim „Gremium MC [...]“ beabsichtigt, seine waffenrechtlichen Erlaubnisse zu widerrufen. Der Antragsteller erhielt Gelegenheit, hierzu bis zum 10. Januar 2016 Stellung zu nehmen. Eine Äußerung des Antragstellers erfolgte mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 7. Januar 2016.
- [5]
- Mit Bescheid vom 3. März 2016 widerrief das Landratsamt [...] die waffenrechtlichen Erlaubnisse in Form der Waffenbesitzkarten Nr. [...], Nr. [...] sowie Nr. [...] (Nummer 1 des Bescheides). Unter Nummer 2 des Bescheides wurde angeordnet, dass der Antragsteller diese waffenrechtlichen Erlaubnisse spätestens vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides dem Landratsamt [...] zu übergeben hat. Des Weiteren wurde der Antragsteller verpflichtet, seine Schusswaffen an Berechtigte (z.B. Waffenhändler) zu übergeben oder zu veräußern. Dem Antragsteller wurde unter Nummer 3 des Bescheides für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung, seine Waffenbesitzkarten zurückzugeben, ein Zwangsgeld in Höhe von 500,-- Euro je Waffenbesitzkarte angedroht.
- [6]
- In der Begründung heißt es, der Widerruf beruhe auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG, da nachträglich Tatsachen eingetreten seien, die zur Unzuverlässigkeit des Antragstellers führen. Der „Gremium MC [...]“, dessen Chapter der Antragsteller angehöre, werde den sog. Rockergruppen zugeordnet, die wiederum der Organisierten Kriminalität im Sinne von Art. 1 Abs. 3 BayVSG in Gestalt der Rockerkriminalität mit den Schwerpunkten im Rotlichtmilieu und dem Drogen- und Waffenhandel zugerechnet werden sowie den von den amerikanischen Strafverfolgungsbehörden so bezeichneten Outlaw Motorcycle Gangs (OMCG). Auch die bloße Mitgliedschaft könne die Prognose der Unzuverlässigkeit begründen. Der Antragsteller bewege sich langjährig im Umfeld des „Gremium MC“ und damit in einem kriminellen Milieu. Der Antragsteller könne nicht nur Schusswaffen für seine kriminelle Vereinigung bereitstellen, er könnte auch fabrikneue Munition für illegale Waffen des OMCG Gremium MC mit einem nur geringen Entdeckungsrisiko durch die Strafverfolgungsbehörden beschaffen. Da der Antragsteller seine Waffen bereits innerhalb seiner Rockergruppierung herumgereicht und gezeigt habe, sei dort nun auch bekannt, dass er Schusswaffen besitze. Rechtsgrundlage für die Anordnung unter Nummer 2 des Bescheides sei § 46 Abs. 1 WaffG.
- [7]
- Der Antragsteller hat mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18. März 2016 Klage gegen den Bescheid erheben und Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen lassen.
- [8]
- Von einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit könne nach den Urteilen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (vgl. BayVGH vom 10.10.2013, 21 BV 13.429 und 21 B 12.964) nur ausgegangen werden, wenn der Antragsteller nicht nur einfaches Mitglied, sondern in hervorgehobener Position oder als sonstiger Funktionsträger im Verein tätig wäre. Der Antragsteller sei zwar Mitglied des Motorradclubs „Gremium MC“, allerdings nicht in einer hervorgehobenen Position als Präsident, Vizepräsident oder sonstiger Funktionsträger tätig. Auch sonstige Gründe, die für eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers sprächen, seien nicht ersichtlich. Hingegen spreche für die waffenrechtliche Zuverlässigkeit des Antragstellers, dass dieser seit Jahren unbeanstandetes Mitglied im Bund der Militär- und Polizeischützen e.V. (BdMP) sowie im Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. (VdRBw) sei. Auch sei der Antragsteller seit nahezu 29 Jahren unbeanstandet als Busfahrer bei der [...] (im öffentlichen Dienst) beschäftigt und bisher auch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten.
- [9]
- Es sei zwar richtig, dass der Antragsteller bei einem Treffen mit Freunden in seinem Haus in [...] auf der Terrasse einem seiner Freunde eine Waffe ausgehändigt habe und ein anderer Bekannter hiervon ein Foto mit dem Handy gefertigt habe. Die Waffe sei aber selbstverständlich nicht geladen gewesen und Munition sei auch nicht vorhanden gewesen. Dies lasse keine Rückschlüsse auf eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit zu. Der Antragsteller hätte im Übrigen jederzeit die Möglichkeit gehabt, seinem Bekannten die Waffe wieder abzunehmen. Zu der Zeit, als das Foto gemacht worden sei, sei der Antragsteller auch noch kein Mitglied des „Gremiums MC“ gewesen. Es existiere auch ein Foto des Antragstellers in Facebook, auf dem dieser mit der Vereinsjacke posiere. Das Bild sei anlässlich der Hochzeit des Antragstellers aufgenommen worden, da er in „Motorradtracht“ geheiratet habe. Auch dies lasse keine Rückschlüsse auf eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers zu.
- [10]
- Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beantragt der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 3. März 2016 anzuordnen.
- [11]
- Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.
- [12]
- Der Antragsteller hat seinen Waffenbestand am 3. Mai 2016 bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren zur Verwahrung an eine Waffenhändlerin in [...] übergeben. Die drei Waffenbesitzkarten hat der Bevollmächtigte des Antragstellers am 19. Mai 2016 dem Landratsamt [...] übergeben.
- [13]
- Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Ende des Dokumentauszugs
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VGH München | 21 B 12.964 | 10.10.2013
[ECLI:DE:BAYVGH:2013:1010.21B12.964.0A]
LDJR 2013, 1318
L e i t s a t z
Mit der von den amerikanischen Strafverfolgungsbehörden eingeführten Bezeichnung "Outlaw Motorcycle Gang" (OMCG) werden weltweit die polizeilich bedeutsamen Rockergruppierungen von der breiten Masse der Motorradclubs (MC) abgegrenzt, die zwar im Einzelfall auch kriminelle Aktivitäten verfolgen können, diese aber nicht als Hauptmotivation ihrer Existenz verstehen.
Aktuell werden deutschlandweit der Hells Angels MC, Bandidos MC, Outlaws MC, Gremium MC und mit Anfang 2011 Mongols MC den OMCG zugeordnet.
Mitglieder solcher OMCG, insbesondere der sogenannten 1%er Rockergruppierungen, bewegen sich in einem kriminellen Umfeld, in dem typische Delikte der Organisierten Kriminalität wie Aktivitäten im Rotlichtmilieu, Rauschgifthandel, Bedrohung oder Körperverletzung begangen werden.
Mitglieder dieser OMCG in hervorgehobener Position als Präsident, Vizepräsident oder sonstiger Funktionsträger sind waffenrechtlich unzuverlässig, auch wenn sie selbst oder die Ortsgruppe (Chapter, Charter), der sie angehören, bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sind.
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Kläger -
g e g e n
Landesanwaltschaft [...],
- Beklagter -
w e g e n
Rücknahme des kleinen Waffenscheins
hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 14. Juni 2011
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof - 21. Senat - [...] aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. Oktober 2013 am 10. Oktober 2013 folgendes Urteil:
T e n o r
Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 14. Juni 2011 wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
- [1]
- Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme des kleinen Waffenscheins, der ihn zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen mit dem PTB-Zeichen berechtigte.
- [2]
- Das Landratsamt [S...] nahm mit Bescheid vom 15. Dezember 2010 den am 4. Mai 2009 ausgestellten kleinen Waffenschein des Klägers mit der Nummer 12/09 zurück und drohte für den Fall, dass der Kläger seine Verpflichtung zur Rückgabe nicht erfülle, ein Zwangsgeld an: Die waffenrechtliche Erlaubnis sei nach § 45 Abs. 1 WaffG zurückzunehmen, da nachträglich Tatsachen bekannt geworden seien, auf Grund derer die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. Der Kläger besitze nämlich die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, da Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder Personen überlassen werde, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt seien (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG). Aufgrund der langjährigen Mitgliedschaft des Klägers bei der als Outlaw Motorcycle Gang (OMCG) bezeichneten Rockergruppierung Bandidos MC [P...], deren Präsident er seit Anfang Oktober 2010 sei, biete er nicht die erforderliche Gewähr dafür, dass er mit Waffen oder Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werde. Diese Prognose werde von den Erkenntnissen über die Rockergruppierungen und die Organisierte Kriminalität (OK) getragen, die sich unter anderem aus dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2009, der fachlichen Stellungnahme des Bayerischen Landeskriminalamts vom 4. Oktober 2010 und insoweit ergänzend aus der allgemeinen Medienberichterstattung ergäben. Auch wenn der Kläger persönlich strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten sei, ergebe die im Rahmen von § 45 Abs. 1 WaffG vorzunehmende Prognoseentscheidung, dass der Kläger waffenrechtlich unzuverlässig sei. Denn dafür genüge es bereits, dass sich der Kläger als Mitglied des Bandidos MC [P...], der zu den bedeutendsten Outlaw Motorcycle Gangs in Bayern zähle, in einem Milieu bewege, das der Organisierten Kriminalität zugerechnet werde.
- [3]
- Das Verwaltungsgericht [R...] gab der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts [S...] vom 15. Dezember 2010 statt: Die vorgetragenen Gesichtspunkte rechtfertigten bei der erforderlichen Prognoseentscheidung die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG nicht. Allein die Stellung des Klägers als Präsident des Bandidos MC [P...] stütze die Prognose des Beklagten nicht, der Kläger werde Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder diese Personen überlassen, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt seien. Diese Prognose setze nämlich voraus, dass Tatsachen von erheblichem Gewicht vorlägen, die die Annahme der Unzuverlässigkeit des Betroffenen rechtfertigten; bloße Vermutungen reichten nicht aus. Solche konkreten Hinweise auf eine von dem Bandidos MC [P...] ausgehende Gefährlichkeit seien den Unterlagen nicht zu entnehmen. Der Verfassungsschutzbericht Bayern 2009 sowie die Stellungnahmen des Bayerischen Landeskriminalamts vom 14. Juli 2010 und vom 4. Oktober 2010 befassten sich nur allgemein mit Rockergruppierungen in der Bundesrepublik Deutschland und in Bayern. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht auf Grund des Vorfalls zwischen Mitgliedern des Bandidos MC [R...] und der Rockergruppe Gremium MC im Dezember 2010 in Straubing, der im Verfassungsschutzbericht Bayern 2010 erwähnt werde. Zwischen den beiden Rockergruppierungen habe es zwar schon länger Spannungen gegeben. Nach Auffassung der Polizei habe es sich bei diesem Vorfall aber um einen Alleingang von Mitgliedern des Bandidos MC [R...] und nicht um einen offiziellen Bruch des Friedensabkommens zwischen dem Hells Angels MC und dem Bandidos MC gehandelt. Der Kläger sei im Zusammenhang mit dem ihm erlaubten Waffenbesitz strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Es reiche für die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nicht aus, dass andere Chapter des Bandidos MC durch Straftaten unter Verwendung von Waffen aufgefallen seien. Denn es sei auf das soziale Umfeld oder Milieu abzustellen, in dem sich der Kläger bewege und mit dem er Kontakt habe. Dies sei der Bandidos MC [P...], für den keine einschlägigen Straftaten bekannt seien.
- [4]
- Der Senat hat mit Beschluss vom 3. Mai 2012 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zugelassen.
- [5]
- Der Beklagte vertieft unter Auswertung der vorgelegten Unterlagen seine Auffassung, dass wegen der Mitgliedschaft des Klägers und seiner verantwortlichen Stellung als Präsident des Bandidos MC [P...] und dessen Nähe zur Organisierten Kriminalität durchaus Tatsachen die Prognose rechtfertigten, er sei waffenrechtlich unzuverlässig, weil er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertigt verwenden oder Personen überlassen werde, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt seien. Diese Prognoseentscheidung werde durch den bei der Großrazzia in Bayern im März 2013 festgestellten strafrechtlich relevanten Besitz verbotener Gegenstände bei zehn Mitgliedern des Bandidos MC 23 bestätigt. Die Durchsuchungsmaßnahmen belegten die Nähe der 1%er Motorradclubs, zu denen sich auch der Bandidos MC [P...] zähle, zur Organisierten Kriminalität sowie eine generelle Affinität zu Waffen und eine latente Gewaltbereitschaft, die den Besitz und Gebrauch von Waffen oder Munition einschließe. Das zu beobachtende Milieu des Klägers, also sein soziales Umfeld, mit dem er Kontakt habe und in das er integriert sei, sei nicht allein auf das Chapter des Bandidos MC [P...] beschränkt, wie das Verwaltungsgericht realitätsfremd annehme. Dies gelte insbesondere für Führungspersönlichkeiten wie den Kläger. Aus der Internetpräsenz des Bandidos MC [P...] gehe hervor, dass das Chapter Antrittsbesuche bei anderen Chaptern in ganz Europa, Amerika und Asien gemacht habe. Besonders erwähnt werde die Verbindung mit dem Friendship Chapter Bandidos MC Drammen / Norway und mit dem Chapter Bandidos MC Allersberg.
- [6]
- Aus dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2011 ergebe sich, dass der Bandidos MC [P...] der Organisierten Kriminalität im Sinn von Art. 1 Abs. 3 BayVSG in der Gestalt der Rockerkriminalität zugerechnet werde, eine Einschätzung, die bundesweit von den Sicherheitsbehörden geteilt werde.
- [7]
- Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts [R...] vom 14. Juni 2011 die Klage abzuweisen.
- [8]
- Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
- [9]
- Er hält die Entscheidung des Verwaltungsgerichts [R...] für zutreffend und weist ergänzend darauf hin, dass sich aus sämtlichen vom Beklagten vorgelegten Unterlagen, einschließlich des Verfassungsschutzberichts Bayern 2012, keine konkreten Tatsachen entnehmen ließen, aus denen darauf geschlossen werden könne, dass der Kläger im waffenrechtlichen Sinn unzuverlässig sei. Vielmehr ergebe sich selbst aus dem Vortrag des Beklagten, dass der Kläger bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei. Allein die Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen Rockergruppe sei nicht geeignet, die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit zu belegen. Den Mitgliedern z.B. eines Fußballvereins werde die waffenrechtliche Zuverlässigkeit auch nicht etwa wegen der Gewalttätigkeit eines Mitglieds abgesprochen. Die erforderliche individuelle Prüfung zeige, dass beim Kläger keine konkreten Anhaltspunkte vorlägen, die die Prognoseentscheidung des Beklagten tragen könnten.
- [10]
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten, hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift vom 8. Oktober 2013 verwiesen.
»ENDE DES DOKUMENTAUSZUGS«
VGH München | 21 BV 13.429 | 10.10.2013
[ECLI:DE:BAYVGH:2013:1010.21BV13.429.0A]
LDJR 2013, 1320
L e i t s a t z
1. Mit der von den amerikanischen Strafverfolgungsbehörden eingeführten Bezeichnung "Outlaw Motorcycle Gang" (OMCG) werden weltweit die polizeilich bedeutsamen Rockergruppierungen von der breiten Masse der Motorradclubs (MC) abgegrenzt, die zwar im Einzelfall auch kriminelle Aktivitäten verfolgen können, diese aber nicht als Hauptmotivation ihrer Existenz verstehen.
2. Aktuell werden deutschlandweit der Hells Angels MC, Bandidos MC, Outlaws MC, Gremium MC und mit Anfang 2011 Mongols MC den OMCG zugeordnet.
3. Mitglieder solcher OMCG, insbesondere der sogenannten 1%er Rockergruppierungen, bewegen sich in einem kriminellen Umfeld, in dem typische Delikte der Organisierten Kriminalität wie Aktivitäten im Rotlichtmilieu, Rauschgifthandel, Bedrohung oder Körperverletzung begangen werden.
4. Mitglieder dieser OMCG in hervorgehobener Position als Präsident, Vizepräsident oder sonstiger Funktionsträger sind waffenrechtlich unzuverlässig, auch wenn sie selbst oder die Ortsgruppe (Chapter, Charter), der sie angehören, bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sind.
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Klägerin -
g e g e n
Stadt Nürnberg [...],
- Beklagte -
beigeladen: [...],
beteiligt: [...],
w e g e n
Waffenrechts
hier: Berufung der Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 17. Januar 2013
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 21. Senat, [...] aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. Oktober 2013 am 10. Oktober 2013 folgendes Urteil:
T e n o r
I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 17. Januar 2013 wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte und der Freistaat Bayern zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
- [1]
- Die Klägerin betreibt einen gemäß § 34 a GewO zugelassenen privaten Sicherheitsdienst in Nürnberg. Angeboten werden unter anderem Personenschutz und Objektschutz durch bewaffnete Mitarbeiter.
- [2]
- Im November [...] beantragte die Klägerin bei der Beklagten einen Firmenwaffenschein nach § 28 Abs. 3 WaffG für ihren Mitarbeiter [...], den im März [...] geborenen Beigeladenen.
- [3]
- Die Polizei teilte mit Schreiben vom 6. Dezember [...] auf Anfrage mit, dass Erkenntnisse über den Beigeladenen vorlägen, wobei der Ausgang der jeweiligen Verfahren nicht bekannt sei. So sei gegen den Beigeladenen ermittelt worden wegen vorsätzlicher Körperverletzung (begangen am 14.3.[...]), Bedrohung (begangen am 14.1.[...]), Erpressung (begangen am 4.4.[...]), Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (illegaler Anbau von Cannabis, begangen im Jahr 2005), weiteren Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, Verstoßes gegen das WaffG sowie Unterschlagung (begangen von Februar [...] bis September [...]) und Verletzung der Unterhaltspflicht (begangen vom Januar [...] bis Februar [...]).
- [4]
- Nach einer von der Beklagten eingeholten Auskunft des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof vom 1. Dezember [...] wies das Bundeszentralregister zu diesem Zeitpunkt keine den Beigeladenen belastenden Eintragungen auf.
- [5]
- In dem Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister des Generalbundesanwalts waren am 1. Dezember [...] vier Eintragungen verzeichnet. Zwei Eintragungen, betreffend den Vorwurf der Körperverletzung und der Verletzung der Unterhaltspflicht, enthielten den Vermerk „Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO", eine Eintragung, betreffend den Vorwurf der Bedrohung, den Vermerk „Verweisung auf den Weg der Privatklage“ und eine Eintragung, betreffend den Vorwurf der Erpressung, war mit dem Vermerk „Urteil, lautend auf Freispruch“ versehen.
- [6]
- Mit Nachtrag vom 1. Dezember [...] wies die Polizei darauf hin, dass gegen den Beigeladenen auch wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung, begangen von April [...] bis Februar [...], ermittelt worden sei.
- [7]
- Mit Schreiben vom 17. Dezember [...] teilte das Bayerische Staatsministerium des Innern unter dem Betreff „Prüfung der Aufhebung von Waffenerlaubnissen für Mitglieder von „[...]“ ([...])“ mit, dass der Beigeladene laut Auskunft der Kriminalpolizei [...] derzeit Präsident des [...] MC Bamberg sei.
- [8]
- Mit Bescheid vom 2. Dezember 2011 versagte die Beklagte die Zustimmung zum Überlassen von Schusswaffen und Munition an den Beigeladenen.
- [9]
- Der Beigeladene besitze nicht die gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit.
- [10]
- Zwar sei er im Zusammenhang mit den gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren in keinem Fall verurteilt worden. Allein seine Funktion als Präsident des [...] Bamberg rechtfertige aber die Annahme, dass er Waffen und Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden und diese Gegenstände Personen überlassen werde, die hierzu nicht berechtigt seien. Als Präsident des [...] Bamberg biete der Beigeladene nicht die Gewähr dafür, dass er mit der Waffe jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werde. Die Rockerkriminalität werde seit Jahren dem Bereich der Organisierten Kriminalität zugeordnet.
- [11]
- Schwerpunkte seien das Rotlichtmilieu sowie der Drogen- und Waffenhandel. Gebietsansprüche und Expansionsbestrebungen würden gegenüber rivalisierenden Gruppen auch unter Anwendung von Gewalt durchgesetzt. Entsprechend ihrem Selbstverständnis sähen sich die [...] als verschworene Gemeinschaft außerhalb der gesellschaftlichen Ordnung. Der [...] Bamberg sei eine Ortsgruppe (Chapter) des [...] in Mannheim gegründeten [...]. Dieser sei eine von vier erwähnenswerten 1%er Rockerorganisationen, die im Jahr 1947 nach schweren Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Rockergruppierungen und der Polizei in den USA entstanden seien. Die Identifizierung mit diesen Rockerorganisationen zeige, dass auch die in Deutschland sich als 1%er bezeichnenden Rockergruppen gewaltbereit seien. In den letzten Jahren hätten sich Gewalt- und Eskalationsbereitschaft auf Seiten der [...] deutlich verschärft. So sei es seit 2007 zu fünf Tötungsdelikten gekommen, an denen Mitglieder von Rockergruppen beteiligt gewesen seien. In den Jahren 2009, 2010 und 2011 habe es in Bayern elf Fälle gegeben, in denen Schusswaffen mitgeführt oder in Clubhäusern aufgefunden worden seien. Im gesamten Bundesgebiet seien im gleichen Zeitraum 23 Ereignisse im Zusammenhang Rocker/Waffen bekannt geworden. Bei Durchsuchungen seien teils erhebliche Mengen an Schusswaffen aufgefunden worden. Zahlreiche Sicherstellungen sowie Übergriffe zwischen verfeindeten OMCG innerhalb der letzten Jahre belegten, dass Mitglieder von Rockergruppen Schusswaffen mit sich führten oder in Wohnungen und Clubräumen aufbewahrten. Dass sich der Beigeladene regelmäßig in einem Milieu bewege, in dem üblicherweise Straftaten begangen würden, genüge für die Annahme seiner waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit, zumal er auch Präsident einer solchen Gruppierung sei. Gerade im Bereich der Organisierten Kriminalität oder im Konflikt mit rivalisierenden Rockergruppen bestehe die konkrete Gefahr, dass Schusswaffen eingesetzt würden, die er aufgrund seiner Tätigkeit als Bewachungsperson in Besitz hätte.
- [12]
- Der dagegen erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 17. Januar [...] statt. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember [...] wurde aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die nach § 28 Abs. 3 erforderliche Zustimmung zur Überlassung von Schusswaffen und Munition an den Beigeladenen zu erteilen.
- [13]
- Es gebe keine hinreichend konkreten Tatsachen, die Zweifel an der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit des Beigeladenen rechtfertigen könnten. Die verschiedenen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Beigeladenen sowie die straßenverkehrsrechtlichen Ordnungswidrigkeiten (drei Eintragungen im Verkehrszentralregister mit insgesamt sieben Punkten, hauptsächlich wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen) habe die Beklagte selbst nicht herangezogen. Auch das Verwaltungsgericht sehe hierzu keine Veranlassung. Die Zweifel an der Zuverlässigkeit seien vielmehr allein auf die unstreitige Tatsache gestützt worden, dass der Beigeladene bis Dezember [...] die Funktion des Präsidenten des [...] Bamberg ausgeübt habe und seit Januar [...] Präsident des [...] Nürnberg sei. Dies reiche jedoch nicht aus. Den beigezogenen Lageeinschätzungen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz ließen sich keine für den konkreten Fall entscheidungserheblichen Informationen entnehmen. Die Befürchtungen der Sicherheitsbehörden richteten sich offensichtlich auf die Rockerszene allgemein. Erwähnt würden verschiedene Rockervereine, nicht aber der [...] Bamberg oder der [...] Nürnberg. Unter dem Milieu, in dem sich jemand bewege, sei das soziale Umfeld zu verstehen, mit dem der Betroffene tatsächlich Kontakt habe und in das er integriert sei. Dies seien bei dem Beigeladenen der [...] Bamberg und der [...] Nürnberg. Bezüglich beider Gruppierungen seien offenbar konkret keine einschlägigen Straftaten bekannt geworden. Es reiche nicht aus, wenn andere Gruppen durch waffenrechtlich relevante Straftaten aufgefallen seien.
- [14]
- Die Landesanwaltschaft Bayern legte als Vertreter des öffentlichen Interesses die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung ein und verwies auf verschiedene Erkenntnisquellen, auf die im einzelnen Bezug genommen wird. Sie betonte, dass im Waffenrecht das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko nur bei Personen hingenommen werden solle, die das Vertrauen verdienten, mit der Waffe jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß und verantwortungsbewusst umzugehen. Für eine Prognoseentscheidung genüge ein rationaler Schluss von der Verhaltensweise als Tatsache auf das in Zukunft zu erwartende Verhalten, wobei kein Restrisiko hingenommen werden müsse. Diese Maßstäbe habe das Verwaltungsgericht verkannt. Zwar seien die vom Beigeladenen geführten OMCG [...] Bamberg und [...] Nürnberg in den Verfassungsschutzberichten Bayern 2010 und 2011 und in den Verfassungsschutzinformationen Bayern 1. Halbjahr 2012 nicht eigens erwähnt. Aufgeführt sei jedoch der [...] als deutschlandweite Gruppierung, deren Ortsgruppen (Chapter) die genannten Organisationen seien. Die Chapter des [...] seien auf ganz Bayern verteilt. Im Jahr 2011 sei es im nordbayerischen Raum zu einem massiven tätlichen Angriff einer Unterstützergruppierung des [...] auf ein führendes Mitglied eines neugegründeten [...] Chapters gekommen. Der Täter, der ein Mitglied des rivalisierenden Clubs niedergestochen und dabei schwer verletzt habe, sei inzwischen zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Der Vorfall habe sich zu der Zeit ereignet, als der Beigeladene in Nordbayern Präsident des [...] Bamberg gewesen sei. Der Wechsel des Beigeladenen nach Nürnberg und die Übernahme der Präsidentschaft des [...] Nürnberg sei erfolgt, weil der seit Herbst 2011 amtierende frühere Präsident des Nürnberger Chapters zusammen mit einem weiteren Mitglied wegen Verdachts des Handelns mit Betäubungsmitteln verhaftet und in Untersuchungshaft genommen worden sei. Dies belege die grundsätzliche Nähe des [...] Nürnberg zur Drogenkriminalität und damit zu einem Bereich der Organisierten Kriminalität. Das Milieu des Beigeladenen sei auch nicht nur auf den [...] Bamberg und den [...] Nürnberg beschränkt, wie das Verwaltungsgericht meine. Es handle sich um zwei Chapter des mittlerweile größten Motorradclubs in Deutschland mit 73 Chaptern und weiteren 70 Chaptern im Ausland. Der [...] werde von den Sicherheitsbehörden der Organisierten Kriminalität in Gestalt der Rockerkriminalität zugerechnet. Als 1%er Club sei er gewaltbereit, was den Gebrauch von Waffen einschließe.
- [15]
- Die Chapter seien untereinander in typischer Weise vernetzt. Deshalb sei die Annahme des Verwaltungsgerichts realitätsfremd, dass die einzelnen Mitglieder ihr soziales Umfeld bzw. ihr Milieu ausschließlich in ihrem eigenen Chapter hätten.
- [16]
- Dies gelte insbesondere für Führungspersonen wie den Beigeladenen, zu dessen Aufgaben als Präsident eines Chapters der Kontakt zu anderen Chaptern gehöre.
- [17]
- Die Zusammenarbeit zwischen den Chaptern belege nicht zuletzt auch der Wechsel des Beigeladenen von Bamberg nach Nürnberg. Somit bewege sich der Beigeladene in einem Milieu, das zur Organisierten Kriminalität gehöre. Er sei daher als waffenrechtlich unzuverlässig einzustufen.
- [18]
- Die Landesanwaltschaft Bayern beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. Januar [...] abzuändern und die Klage abzuweisen.
- [19]
- Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
- [20]
- Sie hält das Urteil des Verwaltungsgerichts für zutreffend und betont, dass gegen den Beigeladenen, den [...] Bamberg und den [...] Nürnberg nichts vorliege, das die waffenrechtliche Zuverlässigkeit des Beigeladenen in Frage stellen könnte. Der [...] Nürnberg beschäftige sich ausschließlich mit der Planung und Organisation von Ausfahrten und Veranstaltungen und unterstütze den Motorsport.
- [21]
- Die Landesanwaltschaft Bayern führte noch den Verfassungsschutzbericht 2012 in das Verfahren ein.
- [22]
- Die Beklagte schloss sich der Berufungsbegründung der Landesanwaltschaft Bayern in vollem Umfang an.
- [23]
- In der mündlichen Verhandlung erklärte der Beigeladene, er sei schon länger bei der Klägerin beschäftigt und habe seinen Beruf bisher ohne Waffen ausgeübt. In dieser Funktion könne er auch weiter für die Klägerin tätig sein. Er wolle aber jetzt bei der beruflichen Tätigkeit eine Waffe tragen, weil er dann mehr verdienen und den Geschäftsführer entlasten könne.
- [24]
- Kriminaloberrat [...] vom Polizeipräsidium [...] erläuterte, dass es in Nürnberg derzeit vier große Motorradclubs gebe, die aber relativ unauffällig seien. Der letzte Vorfall betreffend den [...] Nürnberg habe sich vor einem Jahr ereignet. Es habe eine körperliche Auseinandersetzung gegeben, bei der der damalige Vizepräsident einen Streit geregelt habe. Das Verfahren sei noch anhängig.
- [25]
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten, die Sitzungsniederschrift vom 8. Oktober 2013 und die beigezogenen Akten der Beklagten verwiesen (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
»ENDE DES DOKUMENTAUSZUGS«