VG Augsburg | Au 4 K 14.1710 | 27.02.2015
- Details
- vom Freitag, 27. Februar 2015 01:00
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Gericht: | |
Verwaltungsgericht Augsburg (VG Augsburg) | |
Aktenzeichen: | Entscheidungsdatum: |
Au 4 K 14.1710 | 27.02.2015 |
Spruchkörper: | Entscheidungsform: |
4. Kammer | Urteil |
ECLI: | |
ECLI:DE:VGAUGSB:2015:0227.Au4K14.1710.0A | |
Normen: | Jur. Bedeutung: |
§ 5 Abs. 2 Nr. 1a WaffGV-SUCHE, § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffGV-SUCHE, § 18 Satz 1 BJagdGV-SUCHE, § 46 Abs. 5 WaffGV-SUCHE, § 46 Abs. 2 Satz 1 und 2 WaffGV-SUCHE, § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffGV-SUCHE | |
Schlüsselwörter: | Volltext: |
V-SUCHEJagd, Jagdschein, Straftat, Waffenbesitzkarte, Erlaubnis, Zuverlässigkeit, Geldstrafe, Umgang, Straftaten, Ermessen | |
Referenz: | Permalink: |
LDJR 2015, 5371 https://lexdejur.de/ldjr5371 | LINK (+/-) |
Zitierweise: | Tipp: |
VG Augsburg, Urteil vom 27. Februar 2015 - Au 4 K 14.1710 [ECLI:DE:VGAUGSB:2015:0227.Au4K14.1710.0A] - lexdejur VG Augsburg, Urteil vom 27. Februar 2015 - Au 4 K 14.1710 - lexdejur | ECLI (+/-) |
Entscheidungstext
[ECLI:DE:VGAUGSB:2015:0227.Au4K14.1710.0A]
LDJR 2015, 5371
V o r s p a n n
In den Verwaltungsstreitsachen
- Kläger -
g e g e n
Freistaat Bayern [...],
- Beklagter -
w e g e n
Vollzugs der Jagdgesetze (Au 4 K 14.1710) und Vollzugs des Waffengesetzes (Au 4 K 14.1717)
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 4. Kammer, [...] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2015 am 27. Februar 2015 folgendes Urteil:
T e n o r
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kosten der Verfahren hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
- [1]
- Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte und die Ungültigerklärung seines Jagdscheines.
- [2]
- Der Kläger ist Inhaber der Waffenbesitzkarte Nr. 1 [...], in die insgesamt sechs Waffen eingetragen sind. Zudem hat er einen bis 31. März 2017 gültigen Jagdschein Nr. 2 [...].
- [3]
- Auf Grund einer Mitteilung des Fachbereiches Veterinärwesen beim Landratsamt [...] am 17. Oktober 2013 wurde die Jagd- und Waffenbehörde darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Kläger vom Amtsgericht [...] am 10. Oktober 2013 wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz zu 60 Tagessätzen verurteilt worden sei.
- [4]
- Durch Auskunft aus dem Bundeszentralregister erhielt das Landratsamt [...] Kenntnis von einer Eintragung zu Lasten des Klägers. Danach wurde dieser mit Urteil vom 10. Oktober 2013, rechtskräftig seit 17. Juni 2014, wegen Tierquälerei durch Unterlassen zu 60 Tagessätzen zu je 23,00 EUR Geldstrafe verurteilt.
- [5]
- Der Kläger wurde daraufhin durch das Landratsamt mit Schreiben vom 19. August 2014 zum beabsichtigten Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnis und zur beabsichtigten Ungültigerklärung seines Jagdscheines angehört.
- [6]
- Hierzu hat der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 3. November 2014 Stellung genommen. Ausgeführt wurde, dass der Behörde bei einer – wie hier vorliegenden – Regelvermutung durchaus ein Ermessensspielraum zustünde, welcher auch pflichtgemäß ausgeübt werden müsse. Es werde daher beantragt, von einem Widerruf der Waffenbesitzkarte und der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheines abzusehen. Im Falle seines Mandanten würde die Regelvermutung nicht greifen. Unter Zitierung der amtlichen Begründung zum Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts sei Sinn und Zweck der Mindestverurteilung zu 60 Tagessätzen, dass der Gesetzgeber sicherstellen wollte, dass bei einer erstmaligen Verurteilung Bagatelldelikte waffenrechtlich unberücksichtigt blieben und sich bei Berücksichtigung der gängigen Spruchpraxis der Strafgerichte geringfügige Strafaussprüche insgesamt nicht auf die waffenrechtliche Beurteilung des Klägers auswirken würden. Die Behörde dürfe sich daher nicht starr an der Grenze von 60 Tagessätzen orientieren. Bei der vermuteten Regelunzuverlässigkeit handele es sich vielmehr um eine widerlegbare Vermutung. Die Regelvermutung auf Grund der erfolgten Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz sei bei dem Kläger schon deshalb ausgeräumt, weil diese Verurteilung (Tierquälerei durch Unterlassen) rein überhaupt nichts mit der Jagdausübung seines Mandanten zu tun habe. Insbesondere ergäben sich aus dem Urteil keinerlei Schlüsse dahingehend, dass der Kläger im Hinblick auf den Umgang mit Waffen unzuverlässig sei oder dass diesbezüglich gar eine Gefahr von ihm ausginge. Sowohl dem Kläger als auch seinem damaligen Rechtsanwalt sei nicht bekannt gewesen, dass das Erreichen von 60 Tagessätzen irgendwelche Auswirkungen auf den Jagdschein oder die waffenrechtlichen Erlaubnisse hätte haben können. Andernfalls wäre das Rechtsmittel der Berufung nicht beschränkt worden. Überdies sei der Kläger bislang in keinster Weise in Erscheinung getreten, so dass auch schon deswegen nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Kläger in Bezug auf Waffen irgendwie unzuverlässig sein könnte.
- [7]
- Mit Bescheid vom 21. November 2014 erklärte der Beklagte den Jagdschein für ungültig (Nr. 1 im Tenor des Bescheids) und widerrief die waffenrechtliche Erlaubnis (Nr. 2 im Tenor des Bescheids). In Nr. 3 im Tenor des Bescheids vom 21. November 2014 wird der Kläger verpflichtet, die genannten Dokumente innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Bescheids abzugeben und in Nr. 4 wurde dem Kläger aufgegeben, die eingetragenen Waffen einem Berechtigen zu überlassen oder unbrauchbar zu machen. Nach fruchtlosem Ablauf der in Ziffer 4 genannten Frist ordnete das Landratsamt die Sicherstellung der Schusswaffen und vorhandener dazugehöriger Munition an (Nr. 6.). Im Falle der Sicherstellung werden, sofern der Kläger nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benennt, die sichergestellten Waffen und die Munition eingezogen und verwertet (Nr. 7.). Für den Fall der nicht fristgerechten Rückgabe der Dokumente wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 EUR pro Erlaubnisurkunde angedroht (Nr. 8). Für die Nrn. 1, 3 und 4 des Bescheids vom 21. November 2014 wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Nr. 5).
- [8]
- Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass der Kläger die Zuverlässigkeit für eine waffenrechtliche Erlaubnis nicht mehr besitze. Der Kläger sei mit Urteil des Amtsgerichts [...] vom 10. Oktober 2013 wegen Tierquälerei durch Unterlassen zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 35,00 EUR verurteilt worden. Gegen dieses Urteil habe der Kläger über seinen Strafverteidiger sowie die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, die in der Berufungshauptverhandlung zunächst auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt worden sei. In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht [...] am 17. Juni 2014 habe der Kläger mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft seine Berufung dann auf die Höhe des einzelnen Tagessatzes beschränkt. Das Landgericht habe die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts [...] mit der Maßgabe verworfen, dass auf die auf die Tagessatzhöhe beschränkte Berufung des Klägers die Höhe des einzelnen Tagessatzes auf 23,00 EUR festgesetzt worden sei. Das vorstehende Urteil des Amtsgerichts [...] sei im Rechtsfolgenausspruch seit 17. Juni 2014 rechtskräftig. Damit liege ein Fall der Regelunzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 1a WaffG bzw. § 17 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. d BJagdG vor.
- [9]
- Die Vermutung der fehlenden Zuverlässigkeit könne nur bei Vorliegen solcher Umstände als ausgeräumt erachtet werden, die einen Ausnahmefall kennzeichneten. Maßgebend sei dabei der Zweck der Vermutungsregelung. Der Kläger habe keine Anhaltspunkte vorgetragen, die die abgeurteilte Straftat in einem besonders milden Licht erscheinen ließe. Der Umstand, dass der Kläger „nur" zu 60 Tagessätzen verurteilt worden sei, und dass es sich dabei um die Mindeststrafe im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 1a WaffG bzw. § 17 Abs. 4 Nr. 1 Buchst, d BJagdG handele, könne die gesetzliche Vermutung der Unzuverlässigkeit nicht widerlegen. Ein Strafmaß von 60 Tagessätzen sei keine bloße Bagatellstrafe. Auch der Einwand des Bevollmächtigten, dass die Verurteilung des Klägers wegen Tierquälerei durch Unterlassen überhaupt nichts mit der Jagdausübung zu tun habe, sei nicht geeignet, eine Ausnahme von der Regelunzuverlässigkeit zu begründen. Auf Grund seiner Unzuverlässigkeit sei dem Kläger die Erlaubnis zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Schusswaffen und zum Erwerb und Besitz von Munition in Form der Waffenbesitzkarte zu widerrufen und der Jagdschein für ungültig zu erklären.
- [10]
- Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 25. November 2014 Klage erheben lassen und beantragt, den Bescheid des Landratsamtes [...] vom 21. November 2014 aufzuheben.
- [11]
- Das Verfahren Au 4 K 14.1710 betrifft dabei die Ungültigerklärung des Jagdscheines, das Verfahren Au 4 K 14.1717 den Widerruf der Waffenbesitzkarte.
- [12]
- Zur Begründung wurde ausgeführt, dass keine Unzuverlässigkeit vorliege, da die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen lediglich eine Regelvermutung normiere, so dass ein Ermessensspielraum seitens der Behörde bestehe, von einem Widerruf abzusehen. Dieses Ermessen müsse die Behörde pflichtgemäß ausüben. Der Beklagte verkenne, dass die Regelvermutung vorliegend gar nicht greife, sondern widerlegt sei. Die Regelvermutung werde schon dadurch ausgeräumt, dass die Verurteilung mit der Jagdausübung des Klägers rein überhaupt nichts zu tun habe.
- [13]
- Insbesondere ergäben sich aus dem Urteil keine Schlüsse dahingehend, dass der Kläger im Hinblick auf den Umgang mit Waffen unzuverlässig wäre, oder dass diesbezüglich gar eine Gefahr von ihm ausgehen würde. Die Umstände, die zu der Verurteilung geführt hätten, seien dem Kläger äußerst unangenehm. Er habe jedoch die eingelegte Berufung in dem Strafverfahren schließlich auf die Höhe der Tagessätze beschränkt, da dem Kläger und auch seinem damaligen Rechtsanwalt nicht bekannt gewesen sei, dass das Erreichen der Zahl von 60 Tagessätzen irgendwelche Auswirkungen auf den Jagdschein oder die waffenrechtlichen Erlaubnisse haben könnte. Ansonsten hätte der Kläger die Berufung sicherlich nicht beschränkt. Eine Reduzierung der Anzahl der Tagessätze wäre im Rahmen der Berufung durchaus möglich bzw. sogar wahrscheinlich gewesen. Die Strafe sei angesichts des Tatvorwurfs sehr hoch ausgefallen. Der Vorwurf, der ihm gemacht werden könne, betreffe seine hobbymäßige Schafzucht bezüglich mangelnder Pflege eines Tieres.
- [14]
- Für den Freistaat Bayern hat das Landratsamt [...] die Abweisung der Klagen beantragt.
- [15]
- Zur Begründung wird auf den Schriftsatz vom 9. Januar 2015 Bezug genommen.
- [16]
- Mit Beschluss vom 19. Dezember 2014 wurden die Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt (Au 4 S 14.1758 und Au 4 S 1759). Hiergegen wurde kein Rechtsmittel eingelegt.
- [17]
- In der mündlichen Verhandlung am 27. Februar 2015 wurden die schriftsätzlich angekündigten Anträge gestellt.
- [18]
- Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Verwaltungsakten, die Gerichtsakte und die Akten der Staatsanwaltschaft [...] (...) Bezug genommen (auch Au 4 S 14.1758 und 1759).
Ende des Dokumentauszugs
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VG Augsburg | Au 4 K 14.1710 | 27.02.2015
[ECLI:DE:VGAUGSB:2015:0227.Au4K14.1710.0A]
LDJR 2015, 5371
V o r s p a n n
In den Verwaltungsstreitsachen
- Kläger -
g e g e n
Freistaat Bayern [...],
- Beklagter -
w e g e n
Vollzugs der Jagdgesetze (Au 4 K 14.1710) und Vollzugs des Waffengesetzes (Au 4 K 14.1717)
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 4. Kammer, [...] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2015 am 27. Februar 2015 folgendes Urteil:
T e n o r
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kosten der Verfahren hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
- [1]
- Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte und die Ungültigerklärung seines Jagdscheines.
- [2]
- Der Kläger ist Inhaber der Waffenbesitzkarte Nr. 1 [...], in die insgesamt sechs Waffen eingetragen sind. Zudem hat er einen bis 31. März 2017 gültigen Jagdschein Nr. 2 [...].
- [3]
- Auf Grund einer Mitteilung des Fachbereiches Veterinärwesen beim Landratsamt [...] am 17. Oktober 2013 wurde die Jagd- und Waffenbehörde darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Kläger vom Amtsgericht [...] am 10. Oktober 2013 wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz zu 60 Tagessätzen verurteilt worden sei.
- [4]
- Durch Auskunft aus dem Bundeszentralregister erhielt das Landratsamt [...] Kenntnis von einer Eintragung zu Lasten des Klägers. Danach wurde dieser mit Urteil vom 10. Oktober 2013, rechtskräftig seit 17. Juni 2014, wegen Tierquälerei durch Unterlassen zu 60 Tagessätzen zu je 23,00 EUR Geldstrafe verurteilt.
- [5]
- Der Kläger wurde daraufhin durch das Landratsamt mit Schreiben vom 19. August 2014 zum beabsichtigten Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnis und zur beabsichtigten Ungültigerklärung seines Jagdscheines angehört.
- [6]
- Hierzu hat der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 3. November 2014 Stellung genommen. Ausgeführt wurde, dass der Behörde bei einer – wie hier vorliegenden – Regelvermutung durchaus ein Ermessensspielraum zustünde, welcher auch pflichtgemäß ausgeübt werden müsse. Es werde daher beantragt, von einem Widerruf der Waffenbesitzkarte und der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheines abzusehen. Im Falle seines Mandanten würde die Regelvermutung nicht greifen. Unter Zitierung der amtlichen Begründung zum Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts sei Sinn und Zweck der Mindestverurteilung zu 60 Tagessätzen, dass der Gesetzgeber sicherstellen wollte, dass bei einer erstmaligen Verurteilung Bagatelldelikte waffenrechtlich unberücksichtigt blieben und sich bei Berücksichtigung der gängigen Spruchpraxis der Strafgerichte geringfügige Strafaussprüche insgesamt nicht auf die waffenrechtliche Beurteilung des Klägers auswirken würden. Die Behörde dürfe sich daher nicht starr an der Grenze von 60 Tagessätzen orientieren. Bei der vermuteten Regelunzuverlässigkeit handele es sich vielmehr um eine widerlegbare Vermutung. Die Regelvermutung auf Grund der erfolgten Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz sei bei dem Kläger schon deshalb ausgeräumt, weil diese Verurteilung (Tierquälerei durch Unterlassen) rein überhaupt nichts mit der Jagdausübung seines Mandanten zu tun habe. Insbesondere ergäben sich aus dem Urteil keinerlei Schlüsse dahingehend, dass der Kläger im Hinblick auf den Umgang mit Waffen unzuverlässig sei oder dass diesbezüglich gar eine Gefahr von ihm ausginge. Sowohl dem Kläger als auch seinem damaligen Rechtsanwalt sei nicht bekannt gewesen, dass das Erreichen von 60 Tagessätzen irgendwelche Auswirkungen auf den Jagdschein oder die waffenrechtlichen Erlaubnisse hätte haben können. Andernfalls wäre das Rechtsmittel der Berufung nicht beschränkt worden. Überdies sei der Kläger bislang in keinster Weise in Erscheinung getreten, so dass auch schon deswegen nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Kläger in Bezug auf Waffen irgendwie unzuverlässig sein könnte.
- [7]
- Mit Bescheid vom 21. November 2014 erklärte der Beklagte den Jagdschein für ungültig (Nr. 1 im Tenor des Bescheids) und widerrief die waffenrechtliche Erlaubnis (Nr. 2 im Tenor des Bescheids). In Nr. 3 im Tenor des Bescheids vom 21. November 2014 wird der Kläger verpflichtet, die genannten Dokumente innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Bescheids abzugeben und in Nr. 4 wurde dem Kläger aufgegeben, die eingetragenen Waffen einem Berechtigen zu überlassen oder unbrauchbar zu machen. Nach fruchtlosem Ablauf der in Ziffer 4 genannten Frist ordnete das Landratsamt die Sicherstellung der Schusswaffen und vorhandener dazugehöriger Munition an (Nr. 6.). Im Falle der Sicherstellung werden, sofern der Kläger nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benennt, die sichergestellten Waffen und die Munition eingezogen und verwertet (Nr. 7.). Für den Fall der nicht fristgerechten Rückgabe der Dokumente wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 EUR pro Erlaubnisurkunde angedroht (Nr. 8). Für die Nrn. 1, 3 und 4 des Bescheids vom 21. November 2014 wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Nr. 5).
- [8]
- Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass der Kläger die Zuverlässigkeit für eine waffenrechtliche Erlaubnis nicht mehr besitze. Der Kläger sei mit Urteil des Amtsgerichts [...] vom 10. Oktober 2013 wegen Tierquälerei durch Unterlassen zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 35,00 EUR verurteilt worden. Gegen dieses Urteil habe der Kläger über seinen Strafverteidiger sowie die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, die in der Berufungshauptverhandlung zunächst auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt worden sei. In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht [...] am 17. Juni 2014 habe der Kläger mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft seine Berufung dann auf die Höhe des einzelnen Tagessatzes beschränkt. Das Landgericht habe die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts [...] mit der Maßgabe verworfen, dass auf die auf die Tagessatzhöhe beschränkte Berufung des Klägers die Höhe des einzelnen Tagessatzes auf 23,00 EUR festgesetzt worden sei. Das vorstehende Urteil des Amtsgerichts [...] sei im Rechtsfolgenausspruch seit 17. Juni 2014 rechtskräftig. Damit liege ein Fall der Regelunzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 1a WaffG bzw. § 17 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. d BJagdG vor.
- [9]
- Die Vermutung der fehlenden Zuverlässigkeit könne nur bei Vorliegen solcher Umstände als ausgeräumt erachtet werden, die einen Ausnahmefall kennzeichneten. Maßgebend sei dabei der Zweck der Vermutungsregelung. Der Kläger habe keine Anhaltspunkte vorgetragen, die die abgeurteilte Straftat in einem besonders milden Licht erscheinen ließe. Der Umstand, dass der Kläger „nur" zu 60 Tagessätzen verurteilt worden sei, und dass es sich dabei um die Mindeststrafe im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 1a WaffG bzw. § 17 Abs. 4 Nr. 1 Buchst, d BJagdG handele, könne die gesetzliche Vermutung der Unzuverlässigkeit nicht widerlegen. Ein Strafmaß von 60 Tagessätzen sei keine bloße Bagatellstrafe. Auch der Einwand des Bevollmächtigten, dass die Verurteilung des Klägers wegen Tierquälerei durch Unterlassen überhaupt nichts mit der Jagdausübung zu tun habe, sei nicht geeignet, eine Ausnahme von der Regelunzuverlässigkeit zu begründen. Auf Grund seiner Unzuverlässigkeit sei dem Kläger die Erlaubnis zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Schusswaffen und zum Erwerb und Besitz von Munition in Form der Waffenbesitzkarte zu widerrufen und der Jagdschein für ungültig zu erklären.
- [10]
- Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 25. November 2014 Klage erheben lassen und beantragt, den Bescheid des Landratsamtes [...] vom 21. November 2014 aufzuheben.
- [11]
- Das Verfahren Au 4 K 14.1710 betrifft dabei die Ungültigerklärung des Jagdscheines, das Verfahren Au 4 K 14.1717 den Widerruf der Waffenbesitzkarte.
- [12]
- Zur Begründung wurde ausgeführt, dass keine Unzuverlässigkeit vorliege, da die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen lediglich eine Regelvermutung normiere, so dass ein Ermessensspielraum seitens der Behörde bestehe, von einem Widerruf abzusehen. Dieses Ermessen müsse die Behörde pflichtgemäß ausüben. Der Beklagte verkenne, dass die Regelvermutung vorliegend gar nicht greife, sondern widerlegt sei. Die Regelvermutung werde schon dadurch ausgeräumt, dass die Verurteilung mit der Jagdausübung des Klägers rein überhaupt nichts zu tun habe.
- [13]
- Insbesondere ergäben sich aus dem Urteil keine Schlüsse dahingehend, dass der Kläger im Hinblick auf den Umgang mit Waffen unzuverlässig wäre, oder dass diesbezüglich gar eine Gefahr von ihm ausgehen würde. Die Umstände, die zu der Verurteilung geführt hätten, seien dem Kläger äußerst unangenehm. Er habe jedoch die eingelegte Berufung in dem Strafverfahren schließlich auf die Höhe der Tagessätze beschränkt, da dem Kläger und auch seinem damaligen Rechtsanwalt nicht bekannt gewesen sei, dass das Erreichen der Zahl von 60 Tagessätzen irgendwelche Auswirkungen auf den Jagdschein oder die waffenrechtlichen Erlaubnisse haben könnte. Ansonsten hätte der Kläger die Berufung sicherlich nicht beschränkt. Eine Reduzierung der Anzahl der Tagessätze wäre im Rahmen der Berufung durchaus möglich bzw. sogar wahrscheinlich gewesen. Die Strafe sei angesichts des Tatvorwurfs sehr hoch ausgefallen. Der Vorwurf, der ihm gemacht werden könne, betreffe seine hobbymäßige Schafzucht bezüglich mangelnder Pflege eines Tieres.
- [14]
- Für den Freistaat Bayern hat das Landratsamt [...] die Abweisung der Klagen beantragt.
- [15]
- Zur Begründung wird auf den Schriftsatz vom 9. Januar 2015 Bezug genommen.
- [16]
- Mit Beschluss vom 19. Dezember 2014 wurden die Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt (Au 4 S 14.1758 und Au 4 S 1759). Hiergegen wurde kein Rechtsmittel eingelegt.
- [17]
- In der mündlichen Verhandlung am 27. Februar 2015 wurden die schriftsätzlich angekündigten Anträge gestellt.
- [18]
- Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Verwaltungsakten, die Gerichtsakte und die Akten der Staatsanwaltschaft [...] (...) Bezug genommen (auch Au 4 S 14.1758 und 1759).
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