VG Regensburg | RO 4 S 13.1256 | 13.08.2013
- Details
- vom Dienstag, 13. August 2013 02:00
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Gericht: | |
Verwaltungsgericht Regensburg (VG Regensburg) | |
Aktenzeichen: | Entscheidungsdatum: |
RO 4 S 13.1256 | 13.08.2013 |
Spruchkörper: | Entscheidungsform: |
4. Kammer | Beschluss |
ECLI: | |
ECLI:DE:VGREGEN:2013:0813.RO4S13.1256.0A | |
Normen: | Jur. Bedeutung: |
§ 45 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. WaffGV-SUCHE, § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffGV-SUCHE, § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffGV-SUCHE, § 46 Abs. 5 WaffGV-SUCHE, § 46 Abs. 2 WaffGV-SUCHE, § 12 Abs. 3 Nr. 2 WaffGV-SUCHE | |
Schlüsselwörter: | Volltext: |
V-SUCHEBedürfnis, Erlaubnis, Besitz, Waffenbesitzkarte, Schusswaffe, Sport, Jäger, Sportschütze, Gefahr, Waffenschein | |
Referenz: | Permalink: |
LDJR 2013, 5307 https://lexdejur.de/ldjr5307 | LINK (+/-) |
Zitierweise: | Tipp: |
VG Regensburg, Beschluss vom 13. August 2013 - RO 4 S 13.1256 [ECLI:DE:VGREGEN:2013:0813.RO4S13.1256.0A] - lexdejur VG Regensburg, Beschluss vom 13. August 2013 - RO 4 S 13.1256 - lexdejur | ECLI (+/-) |
Entscheidungstext
[ECLI:DE:VGREGEN:2013:0813.RO4S13.1256.0A]
LDJR 2013, 5307
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Antragsteller -
g e g e n
Landratsamt [...],
- Antragsgegner -
w e g e n
Widerrufs einer Waffenbesitzkarte
hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg, 4. Kammer, [...] ohne mündliche Verhandlung am 13. August 2013 folgenden Beschluss:
T e n o r
Der Antrag wird abgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 2500,-- € festgesetzt.
T a t b e s t a n d
I.
- [1]
- Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine waffenrechtliche Anordnung.
- [2]
- Der Antragsteller war vom [...] 1983 bis [...] 2006 mit kleineren zeitlichen Unterbrechungen im Besitz eines Waffenscheins. Unter dem 15.1.2011 beantragte der Antragsteller beim Landratsamt [...] die Neuerteilung eines Waffenscheins, beschränkt auf die Tätigkeit im Handel mit Edelmetallen. Diesen Antrag lehnte das Landratsamt [...] mit Bescheid vom 22.11.2011 ab. Das Verwaltungsgericht Regensburg wies die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 24.4.2012 ab (Az. RO 4 K 11.1942), weil der Kläger das Bedürfnis zum Führen einer Schusswaffe nicht nachgewiesen habe. Auf die Begründung des Urteils wird Bezug genommen.
- [3]
- Mit Schreiben vom 3.8.2012 hörte das Landratsamt [...] den Antragsteller zum beabsichtigten Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis in Form der Waffenbesitzkarte Nr. [...]7/[...]3 an.
- [4]
- Der Bevollmächtigte des Antragstellers äußerte sich hierzu mit Schreiben vom 15.10.2012.
- [5]
- Unter dem 11.7.2013 erließ das Landratsamt [...] gegenüber dem Antragsteller folgenden Bescheid, der seinem Bevollmächtigten am 15.7.2013 zugestellt wurde.
- [6]
- Die Herrn [...], geb. [...] 1943, wh. [...] Straße [...], [...] [...] erteilte waffenrechtliche Erlaubnis in Form von einer Waffenbesitzkarte Nr. [...]7/[...]3 grün, ausgestellt am *****1983 vom Landratsamt [...] wird mit Zustellung dieses Bescheides ab sofort widerrufen.
- [7]
- Herr [...] hat seine im Besitz befindliche erlaubnispflichtige Schusswaffe bis spätestens zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides an einen Berechtigten zumindest zur vorläufigen Verwahrung zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und dies dem Landratsamt [...] nachzuweisen.
- [8]
- Im Falle der vorläufigen Verwahrung ist die Waffe spätestens zwei Monate nach Bestandskraft dieses Bescheides endgültig an einen Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und dies dem Landratsamt nachzuweisen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist wird die Waffe vom Landratsamt [...] kostenpflichtig sichergestellt (§ 46 Abs. 5).
- [9]
- Die in Ziffer 1 genannte Waffenbesitzkarte ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides an das Landratsamt [...] zurückzugeben.
- [10]
- Die Anordnung unter Ziffer 1 ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar, die Anordnungen unter Ziffer 2 und 3 werden für sofort vollziehbar erklärt.
- [11]
- Für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung dieser Pflichten werden folgende Zwangsgelder fällig, die hiermit angedroht werden:
- [12]
- 500. - € bei einem Verstoß gegen Nr. 2 und 250.- € bei einem Verstoß gegen Nr. 3.
- [13]
- Herr [...] hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
- [14]
- Für diesen Bescheid wird eine Gebühr von 200.- € festgesetzt.
- [15]
- Zur Begründung wurde ausgeführt, waffenrechtliche Erlaubnisse seien zu widerrufen, wenn bei einem Betroffenen das Bedürfnis zum Besitz der Waffe entfallen sei. Das Bedürfnis sei durch die rechtskräftige Ablehnung des Waffenscheins entfallen. Besondere Gründe, die zu einem Belassen der Erlaubnis und der Waffe von Herrn [...] führen würden, seien nicht ersichtlich, zumal das Landratsamt [...] das vorgetragene besonders anzuerkennende Interesse im Sinne des § 45 Abs. 3 WaffG als nicht gegeben sehe. Es liege im überwiegenden öffentlichen Interesse, dass der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis vor der bei Ausschöpfung des Verwaltungsrechtswegs u.U. erst in mehreren Jahren zu erwartenden Unanfechtbarkeit des Bescheids wirksam werde. Der Antragsteller besitze nicht mehr das erforderliche Bedürfnis zum Besitz der Waffe. Waffenbesitz sei jedoch nur dann unbedenklich, wenn über die Zuverlässigkeit und das Bedürfnis des Inhabers kein Zweifel bestehe.
- [16]
- Der Antragsteller ließ mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 23.7.2013 Klage erheben und einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stellen. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, der Antragsgegner verkenne, dass trotz der Ablehnung des Antrags auf Neuerteilung eines Waffenscheins wegen Wegfalls des vormaligen Bedürfnisses von einem Widerruf abgesehen werden könne. Die Ermessensausübung sei fehlerhaft. Ein Ermessensfehler liege vor bei einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 Grundgesetz, was insbesondere bei Verstößen gegen die Selbstbindung der Verwaltung infolge ermessensregelnder Verwaltungsvorschriften angenommen werde. Das Bayerische Staatsministerium des Innern habe mit IMS vom 3.12.2003 verwaltungsinterne Richtlinien vorgegeben. Der Antragsteller erfülle die Voraussetzungen, nach denen gemäß des IMS bei einem endgültigen Wegfall des Bedürfnisses von einem Widerruf abzusehen sei. Der Antragsgegner habe sich ausweislich der Bescheidsbegründung damit nicht bzw. nicht hinreichend auseinandergesetzt. Die Voraussetzungen, nach denen aufgrund des IMS bei einem endgültigen Wegfall des Bedürfnisses von einem Widerruf abzusehen sei, seien hier erfüllt. Der Waffenbesitz sei nicht durch Missbrauch erfolgt. Auch sei ein bedürfnisgerechter Besitz der Waffen länger als zehn Jahre gegeben. Der Antragsteller sei über Jahrzehnte hinweg mit seiner Schusswaffe betraut gewesen. Sie habe ihm über diese lange Zeit Schutz und Sicherheitsgefühl vermittelt. Der Antragsteller habe mit seiner Waffe auch an Schießübungen am Schießstand teilgenommen, die auch künftig durchgeführt werden sollen. Der weitere Besitz der in diesem Sinne vertrauten Waffe liege im besonderen persönlichen Interesse des Antragstellers, das ein bloßes Liebhaberinteresse übersteige. Beim Antragsteller liege ein besonderes persönliches Liebhaberinteresse vor, das ein Absehen vom Widerruf rechtfertige. Erweise sich somit der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis in Form der Waffenbesitzkarte als rechtswidrig, so mangle es konsequenterweise an den Voraussetzungen für die Anordnung zur Herausgabe der Waffe und der Abgabe der Waffenbesitzkarte.
- [17]
- Der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamtes [...] vom 11.7.2013 wird in Bezug auf Ziffer 1 des Bescheides festgestellt und in Bezug auf Ziffer 2 und 3 des Bescheides vom 11.7.2013 wiederhergestellt.
- [18]
- Das Landratsamt [...] erließ unter dem 1.8.2013 unter Abänderung der Ziffer 4 des Bescheides vom 11.7.2013 folgenden Bescheid:
- [19]
- Die sofortige Vollziehbarkeit der Anordnungen unter Ziffern 1 bis 3 des Bescheids vom 11.7.2013 wird angeordnet.
- [20]
- Zur Begründung wurde ausgeführt, man sei im Bescheid vom 11.7.2013 davon ausgegangen, dass die Ziffer 1 des Bescheids kraft Gesetzes sofort vollziehbar sei. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 5 WaffG lägen hier jedoch nicht vor. Die sofortige Vollziehbarkeit sei daher für Ziffer 1 des Bescheids vom 11.7.2013 ebenso wie für die Ziffern 2 und 3 anzuordnen.
- [21]
- Mit Schriftsatz vom 6.8.2013 bezog der Antragsteller den Bescheid des Landratsamtes [...] vom 1.8.2013 in das laufende Klageverfahren und in das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit ein. Er trägt vor, die Darlegung des Antragsgegners begründe nicht das erforderliche besondere Interesse i.S.d. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO. Dem Antragsteller sei lediglich das Bedürfnis aberkannt worden, die sonstigen in § 4 WaffG angeführten Voraussetzungen seien jedoch gegeben. Es entspreche ständiger Verwaltungspraxis, dass auch Personen ohne Bedürfnis zum Waffenbesitz berechtigt sein könnten. In der Begründung des Bescheids seien keine Umstände dargetan und lägen auch nicht vor, dass der Antragsteller allein wegen des fehlenden Bedürfnisses eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen würde. Dass der Antragsteller das Ziel verfolge, in legaler Weise Schießübungen am Schießstand durchzuführen, könne ihm nicht zum Nachteil gereichen. Es spreche für den Antragsteller, wenn er bestrebt sei, durch legale Schießübungen im Umgang mit Waffen sachkundig, erfahren und vertraut zu bleiben. Die zur Begründung des Sofortvollzugs vorgetragene Überlegung des Antragsgegners, dass von jeder im Umlauf befindlichen Schusswaffe eine abstrakte Gefahr für die Allgemeinheit ausgehe, genüge nicht, Dass vom Antragsteller eine konkrete Gefahr ausgehen würde, werde vom Antragsgegner weder vorgetragen, noch liege eine solche Gefahr bei dem erfahrenen und zuverlässigen Antragsteller vor.
- [22]
- Der Antragsteller beantragt nunmehr, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamtes [...] vom 11.7.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 1.8. 2013 wird wiederhergestellt.
- [23]
- Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.
- [24]
- Zur Begründung wird ausgeführt, vorliegend handle es sich um einen Fall des endgültigen Wegfalls des Bedürfnisses. Folglich müssten besondere Gründe vorliegen, damit von einem Widerruf abgesehen werden könne. Das heiße, dass das Vorliegen derartiger besonderer Gründe Voraussetzung dafür sei, dass für den Antragsgegner eine Ermessensentscheidung eröffnet sei. Bei Zugrundelegung der Gesetzesbegründung gehe der Gesetzgeber offensichtlich davon aus, dass lediglich Sportschützen, Jäger und Waffen- bzw. Munitionssammler unter § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffG fielen. Diese Personengruppen besäßen die Waffen, weil sie dies „wollten“; es läge ein freiwilliger Besitz vor. Besitze eine Person dagegen eine waffenrechtliche Erlaubnis, weil die Waffe ein „notwendiges“ Mittel zum Selbstschutz sei, so lasse sich behaupten, dass diese Person die Waffe nicht besitzen „wolle“, sondern besitzen „müsse“. Dass nach dem Willen des Gesetzgebers der „freiwillige“ Besitz der Jäger, Sportschützen, Waffen- und Munitionssammler im Hinblick auf § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffG anders bewertet werde als der vormals „notwendige“ Waffenbesitz nach Wegfall des Schutzbedürfnisses, sei nach Auffassung des Antragsgegners nicht zu beanstanden. Soweit von Seiten des Antragsgegners das IMS vom 3.12.2003 angeführt werde, sei auszuführen, dass sich dieses mit dem Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse nach Wegfall des Bedürfnisses lediglich bei Jägern und Sportschützen befasse. Die sofortige Vollziehbarkeit sei im öffentlichen Interesse angeordnet worden. Zum Schutz der Allgemeinheit vor dem hohen Gefahrenpotential von Schusswaffen sei es erforderlich, einer Person, welche die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 WaffG nicht mehr erfülle und welcher daher die waffenrechtliche Erlaubnis widerrufen wurde, den Zugang zu Schusswaffen zeitnah zu verwehren.
- [25]
- Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen. Die Gerichtsakten der Verfahren RO 4 K 11.1942 und RO 4 K 13.1257 wurden zum Verfahren beigezogen.
Ende des Dokumentauszugs
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VG Regensburg | RO 4 K 13.1257 | 14.01.2014
[ECLI:DE:VGREGEN:2014:0114.RO4K13.1257.0A]
LDJR 2014, 1225
L e i t s a t z
Trotz endgültigem Wegfall des Bedürfnisses ist bei Vorliegen eines besonderen Grundes vom Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis abzusehen.
Art. 3 Abs. 1 GG schließt die Beschränkung auf bestimmte Personengruppen aus.
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Kläger -
g e g e n
Freistaat Bayern [...],
- Beklagter -
w e g e n
Widerrufs einer Waffenbesitzkarte
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg, 4. Kammer, [...] aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Januar 2014 folgendes Urteil:
T e n o r
I. Der Bescheid des Landratsamtes Neumarkt i. d. OPf. vom 11.7.2013 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 1.8.2013 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist in der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
- [1]
- Der Kläger wendet sich gegen eine waffenrechtliche Anordnung.
- [2]
- Der Kläger war vom 27.9.1983 bis 24.5.2006 mit kleineren zeitlichen Unterbrechungen im Besitz eines Waffenscheins. Unter dem 15.1.2011 beantragte der Kläger beim Landratsamt Neumarkt i.d.OPf. die Neuerteilung eines Waffenscheins, beschränkt auf die Tätigkeit im Handel mit Edelmetallen. Diesen Antrag lehnte das Landratsamt Neumarkt i.d.OPf. mit Bescheid vom 22.11.2011 ab. Das Verwaltungsgericht Regensburg wies die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 24.4.2012 ab (Az. RO 4 K 11.1942), weil der Kläger das Bedürfnis zum Führen einer Schusswaffe nicht nachgewiesen habe. Auf die Begründung des Urteils wird Bezug genommen.
- [3]
- Mit Schreiben vom 3.8.2012 hörte das Landratsamt Neumarkt i.d.OPf. den Kläger zum beabsichtigten Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis in Form der Waffenbesitzkarte Nr. 67/1983 an. Der Bevollmächtigte des Klägers äußerte sich hierzu mit Schreiben vom 15.10.2012.
- [4]
- Unter dem 11.7.2013 erließ das Landratsamt Neumarkt i.d.OPf. gegenüber dem Kläger folgenden Bescheid, der seinem Bevollmächtigten am 15.7.2013 zugestellt wurde.
- [5]
- 1. Die Herrn [...], geb. […] 1943, wh. […] erteilte waffenrechtliche Erlaubnis in Form von einer Waffenbesitzkarte Nr. 67/1983 grün, ausgestellt am 29.8.1983 vom Landratsamt Neumarkt i.d.OPf. wird mit Zustellung dieses Bescheides ab sofort widerrufen.
- [6]
- 2. Herr [...] hat seine im Besitz befindliche erlaubnispflichtige Schusswaffe bis spätestens zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides an einen Berechtigten zumindest zur vorläufigen Verwahrung zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und dies dem Landratsamt Neumarkt i.d.OPf. nachzuweisen. Im Falle der vorläufigen Verwahrung ist die Waffe spätestens zwei Monate nach Bestandskraft dieses Bescheides endgültig an einen Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und dies dem Landratsamt nachzuweisen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist wird die Waffe vom Landratsamt Neumarkt i.d.OPf. kostenpflichtig sichergestellt (§ 46 Abs. 5).
- [7]
- 3. Die in Ziffer 1 genannte Waffenbesitzkarte ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides an das Landratsamt Neumarkt i.d.OPf. zurückzugeben.
- [8]
- 4. Die Anordnung unter Ziffer 1 ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar, die Anordnungen unter Ziffern 2 und 3 werden für sofort vollziehbar erklärt.
- [9]
- 5. Für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung dieser Pflichten werden folgende Zwangsgelder fällig, die hiermit angedroht werden: 500.- € bei einem Verstoß gegen Nr. 2 und 250.- € bei einem Verstoß gegen Nr. 3.
- [10]
- 6. Herr [...] hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr von 200.- € festgesetzt.
- [11]
- Zur Begründung wurde ausgeführt, waffenrechtliche Erlaubnisse seien zu widerrufen, wenn bei einem Betroffenen das Bedürfnis zum Besitz der Waffe entfallen sei. Das Bedürfnis sei durch die rechtskräftige Ablehnung des Waffenscheins entfallen. Besondere Gründe, die zu einem Belassen der Erlaubnis und der Waffe beim Kläger führen würden, seien nicht ersichtlich, zumal das Landratsamt Neumarkt i.d.OPf. das vorgetragene besonders anzuerkennende Interesse im Sinne des § 45 Abs. 3 WaffG als nicht gegeben sehe. Es liege im überwiegenden öffentlichen Interesse, dass der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis vor der bei Ausschöpfung des Verwaltungsrechtswegs u.U. erst in mehreren Jahren zu erwartenden Unanfechtbarkeit des Bescheids wirksam werde. Der Kläger besitze nicht mehr das erforderliche Bedürfnis zum Besitz der Waffe. Waffenbesitz sei jedoch nur dann unbedenklich, wenn über die Zuverlässigkeit und das Bedürfnis des Inhabers kein Zweifel bestehe.
- [12]
- Der Kläger ließ mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 23.7.2013 Klage erheben und einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (Az. RO 4 S 13.1256) stellen. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, der Beklagte verkenne, dass trotz der Ablehnung des Antrags auf Neuerteilung eines Waffenscheins wegen Wegfalls des vormaligen Bedürfnisses von einem Widerruf abgesehen werden könne. Die Ermessensausübung sei fehlerhaft. Ein Ermessensfehler liege vor bei einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 Grundgesetz, was insbesondere bei Verstößen gegen die Selbstbindung der Verwaltung infolge ermessensregelnder Verwaltungsvorschriften angenommen werde. Das Bayerische Staatsministerium des Innern habe mit IMS vom 3.12.2003 verwaltungsinterne Richtlinien vorgegeben. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen, nach denen gemäß des IMS bei einem endgültigen Wegfall des Bedürfnisses von einem Widerruf abzusehen sei. Der Kläger habe sich ausweislich der Bescheidsbegründung damit nicht bzw. nicht hinreichend auseinandergesetzt. Die Voraussetzungen, nach denen aufgrund des IMS bei einem endgültigen Wegfall des Bedürfnisses von einem Widerruf abzusehen sei, seien hier erfüllt. Der Waffenbesitz sei nicht durch Missbrauch erfolgt. Auch sei ein bedürfnisgerechter Besitz der Waffen länger als zehn Jahre gegeben. Der Kläger sei über Jahrzehnte hinweg mit seiner Schusswaffe betraut gewesen. Sie habe ihm über diese lange Zeit Schutz und Sicherheitsgefühl vermittelt. Der Kläger habe mit seiner Waffe auch an Schießübungen am Schießstand teilgenommen, die auch künftig durchgeführt werden sollen. Der weitere Besitz der in diesem Sinne vertrauten Waffe liege im besonderen persönlichen Interesse des Klägers, das ein bloßes Liebhaberinteresse übersteige. Beim Kläger liege ein besonderes persönliches Liebhaberinteresse vor, das ein Absehen vom Widerruf rechtfertige. Erweise sich somit der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis in Form der Waffenbesitzkarte als rechtswidrig, so mangle es konsequenterweise an den Voraussetzungen für die Anordnung zur Herausgabe der Waffe und der Abgabe der Waffenbesitzkarte.
- [13]
- Das Landratsamt Neumarkt i.d.OPf. erließ unter dem 1.8.2013 unter Abänderung der Ziffer 4 des Bescheides vom 11.7.2013 folgenden Bescheid:
- [14]
- Die sofortige Vollziehbarkeit der Anordnungen unter Ziffern 1 bis 3 des Bescheids vom 11.7.2013 wird angeordnet.
- [15]
- Zur Begründung wurde ausgeführt, man sei im Bescheid vom 11.7.2013 davon ausgegangen, dass die Ziffer 1 des Bescheids kraft Gesetzes sofort vollziehbar sei. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 5 WaffG lägen hier jedoch nicht vor. Die sofortige Vollziehbarkeit sei daher für Ziffer 1 des Bescheids vom 11.7.2013 ebenso wie für die Ziffern 2 und 3 anzuordnen.
- [16]
- Mit Schriftsatz vom 6.8.2013 bezog der Kläger den Bescheid des Landratsamtes Neumarkt i.d.OPf. vom 1.8.2013 in das laufende Klageverfahren und in das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit ein. Er trägt vor, dem Kläger gehe es auch darum, dass er aufgrund des Besitzes der Waffe durchaus gesellschaftlich eingebunden wäre. Spräche sich der streitgegenständliche Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis bei den Mitbewerbern, Mitarbeitern und Kunden des Klägers herum, hätte dies eine nachteilige Wirkung auf das Ansehen des Klägers. Der gesellschaftliche Ansehensverlust wäre größer einzustufen als bei einem Waffensammler oder Sportschützen, der altersbedingt sein Hobby nicht mehr ausüben könne. Der Beklagte verkenne, dass trotz Ablehnung des Antrags auf Neuerteilung eines Waffenscheins wegen Wegfalls des vormaligen Bedürfnisses von einem Widerruf abgesehen werden könne. Er habe sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Der Beklagte habe gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Das Bayerische Innenministerium habe mit IMS vom 3.12.2003 verwaltungsinterne Richtlinien vorgegeben. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen dieser Richtlinien. Der Kläger müsse privilegiert werden, da er sowohl sein Leben lang mit dem Besitz der Waffe betraut gewesen ist, als auch die Waffe weiterhin besitzen wolle und auch altersbedingt in der Lage sei, die Waffe sicher zu besitzen. Eine etwaige Einbindung in Vereine sei keine tatbestandliche Voraussetzung für die Annahme eines besonderen Grundes i.S.d. § 45 Abs. 3 WaffG. Entscheidend sei, dass das Leben des Klägers durch die jahrzehntelange Berechtigung zum Besitz der Waffe zumindest gleichermaßen wie das Leben eines Waffensammlers oder Sportschützen mitgeprägt worden sei und auch im Alter noch geprägt werde. Der Kläger sei über Jahrzehnte hinweg mit seiner Schusswaffe aus Sicherheitsgründen betraut gewesen. Sie vermittle ihm Schutz und Sicherheitsgefühl. Der Kläger verfolge zudem das Ziel, in legaler Weise Schießübungen am Schießstand durchzuführen. Es werde nicht verkannt, dass sich das IMS vom 3.12.2003 im Wortlaut auf Jäger und Sportschützen beziehe. Die gängige Verwaltungspraxis behandle auch Waffensammler in Anlehnung an das IMS vom 3.12.2003 gleichermaßen. Der Kläger sei mit diesen Personengruppen vergleichbar. Wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei daher in seiner Person entsprechend zu verfahren.
- [17]
- Der Kläger beantragt, der Bescheid des Landratsamtes Neumarkt i.d.OPf. vom 11.7.2013 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 1.8.2013 wird aufgehoben.
- [18]
- Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
- [19]
- Zur Begründung wird ausgeführt, vorliegend handle es sich um einen Fall des endgültigen Wegfalls des Bedürfnisses. Folglich müssten besondere Gründe vorliegen, damit von einem Widerruf abgesehen werden könne. Das heiße, dass das Vorliegen derartiger besonderer Gründe Voraussetzung dafür sei, dass für den Beklagten eine Ermessensentscheidung eröffnet sei. Bei Zugrundelegung der Gesetzesbegründung gehe der Gesetzgeber offensichtlich davon aus, dass lediglich Sportschützen, Jäger und Waffen- bzw. Munitionssammler unter § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffG fielen. Diese Personengruppen besäßen die Waffen, weil sie dies „wollten“; es läge ein freiwilliger Besitz vor. Besitze eine Person dagegen eine waffenrechtliche Erlaubnis, weil die Waffe ein „notwendiges“ Mittel zum Selbstschutz sei, so lasse sich behaupten, dass diese Person die Waffe nicht besitzen „wolle“, sondern besitzen „müsse“. Dass nach dem Willen des Gesetzgebers der „freiwillige“ Besitz der Jäger, Sportschützen, Waffen- und Munitionssammler im Hinblick auf § 45 Abs. 3 Satz 1 WaffG anders bewertet werde als der vormals „notwendige“ Waffenbesitz nach Wegfall des Schutzbedürfnisses, sei nach Auffassung des Beklagten nicht zu beanstanden. Soweit von Seiten des Klägers das IMS vom 3.12.2003 angeführt werde, sei auszuführen, dass sich dieses mit dem Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse nach Wegfall des Bedürfnisses lediglich bei Jägern und Sportschützen befasse.
- [20]
- Mit Beschluss vom 13.8.2013 wies das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ab. Mit Beschluss vom 31.10.2013 änderte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg dahingehend ab, dass die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen den Bescheid des Landratsamtes Neumarkt i.d.OPf. vom 11.7.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 1.8.2013 wiederhergestellt wurde.
- [21]
- Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen. Die Gerichtsakten der Verfahren RO 4 K 11.1942 und RO 4 S 13.1256 wurden zum Verfahren beigezogen.
»ENDE DES DOKUMENTAUSZUGS«