VG Saarlouis | 1 K 100/11 | 11.01.2012
- Details
- vom Mittwoch, 11. Januar 2012 01:00
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Gericht: | |
Verwaltungsgericht des Saarlandes (VG Saarlouis) | |
Aktenzeichen: | Entscheidungsdatum: |
1 K 100/11 | 11.01.2012 |
Spruchkörper: | Entscheidungsform: |
1. Kammer | Urteil |
ECLI: | |
ECLI:DE:VGSL:2012:0111.1K100.11.0A | |
Normen: | Jur. Bedeutung: |
§ 6 WaffGV-SUCHE, § 5 Abs. 1 Nr. 2 a WaffGV-SUCHE, § 45 Abs. 2 WaffGV-SUCHE, § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffGV-SUCHE, § 5 WaffGV-SUCHE, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffGV-SUCHE | |
Schlüsselwörter: | Volltext: |
V-SUCHEEignung, Zuverlässigkeit, Umgang, Erlaubnis, Polizeibeamte, Gefahr, Schusswaffe, Begutachtung, Sachverständige, Gutachter | |
Referenz: | Permalink: |
LDJR 2012, 5276 https://lexdejur.de/ldjr5276 | LINK (+/-) |
Zitierweise: | Tipp: |
VG Saarlouis, Urteil vom 11. Januar 2012 - 1 K 100/11 [ECLI:DE:VGSL:2012:0111.1K100.11.0A] - lexdejur VG Saarlouis, Urteil vom 11. Januar 2012 - 1 K 100/11 - lexdejur | ECLI (+/-) |
Entscheidungstext
[ECLI:DE:VGSL:2012:0111.1K100.11.0A]
LDJR 2012, 5276
V o r s p a n n
In dem Verwaltungsrechtsstreit
- Kläger -
g e g e n
Stadt […],
- Beklagter -
w e g e n
Widerrufs waffenrechtlicher Erlaubnisse
hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes in Saarlouis [...] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2012 für Recht erkannt:
T e n o r
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 10.250,-- Euro festgesetzt.
T a t b e s t a n d
- [1]
- Der Kläger ist Inhaber zweier von dem Beklagten ausgestellten Waffenbesitzkarten, in die zuletzt zwei Sportpistolen, ein Selbstladegewehr, ein Perkussionsrevolver, eine Einzelladerbüchse und ein Wechselsystem eingetragen waren. Durch Bescheid des Beklagten vom 11.02.2010 wurden diesen waffenrechtlichen Erlaubnisse des Klägers widerrufen. Nach erfolglosem Widerspruch des Klägers vom 22.02.2010 hat der Kläger gegen diese waffenrechtliche Verfügung des Beklagten Klage erhoben.
- [2]
- Bei Einleitung des waffenrechtlichen Widerrufsverfahrens durch den Beklagten war der Kläger mit einer Philippinin verheiratet, von der er sich im Januar 2008 getrennt hatte. In der Folgezeit kam es zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau zu rechtlichen Auseinandersetzungen über Unterhaltsansprüche der Ehefrau und das Sorgerecht über die gemeinsame Tochter L[...] Im Scheidungs- und Sorgerechtsverfahren fühlte sich der Kläger durch das Jugendamt und das Familiengericht ungerecht behandelt, wollte, dass seine Tochter von der Mutter weg in seinen eigenen Haushalt zurückgeführt werde, beanstandete das seiner Ehefrau zugesprochene alleinige Sorgerecht und kritisierte die in Bezug auf seine Person getroffene Umgangsregelung. Auch verstieg er sich in Bezug auf die von ihm getrennt lebenden Ehefrau zu herabwürdigenden und beleidigenden Äußerungen wegen deren ausländischer Herkunft.
- [3]
- In diesem Zusammenhang richtete er auch ein Schreiben an die Schule seiner Tochter, das deren Schulleiter am 18.03.2009 bei Schulbeginn auf seinem Schreibtisch vorfand. Hierin führte er aus, es erstaune doch immer wieder, wie brutal und rücksichtslos Menschen der eigenen Art gegenüber sein könnten. Er – der angesprochene Schulleiter – habe ihm, dem Kläger, noch am Telefon gesagt, dass man seitens des Jugendamtes nicht mit der Schule geredet habe; offensichtlich sei das nicht die ganze Wahrheit gewesen. Wieso man dann seitens der Schule seine Ehefrau in den „Olymp der Mutterfreuden“ hebe, ihn jedoch „hinten abfallen lasse“ – so die Wortwahl des Klägers -, verstehe er ehrlich gesagt nicht, insbesondere wenn es darum gehe, ihm das Sorgerecht für seine Tochter zu entziehen. Wie jener selbst wisse, habe er sich immer liebevoll um seine Tochter gekümmert; er sei derjenige gewesen, der auf den Elternversammlungen erschienen sei. Nach der „Entführung“ seiner Tochter in seiner Abwesenheit im Februar 2008 habe er das Kind gerade einmal für sechs Tage gesehen. Seit dem 13. August, als seine Tochter sich ja gefreut habe, weiter auf ihre alte Schule gehen zu können (ebenfalls von ihm veranlasst), habe er dann nie wieder Kontakt mit ihr (gehabt) - … auch nicht telefonisch … auch nicht trotz massivster Beschwerden bei Behörden und Gericht … das Kind sei seit dem 13. August völlig isoliert! Mittlerweile sei es mit Zustimmung und Unterstützung des Jugendamtes (das auch nach mehrmaliger Aufforderung sich geweigert habe, den bisherigen Wohnort des Kindes zu begutachten oder auch nur in irgendeiner Weise zur Kenntnis zu nehmen) vom Gericht vorgeladen worden, um als Zeuge im Sorgerechtsprozess auszusagen. Er, aber auch seine Familie, seine Eltern, würden seit letztem Jahr auch von Behördenseite, namentlich dem Jugendamt, aufs Schlimmste verleumdet. Wie der Schulleiter dem Gutachten entnehmen könne, bedrohe er, der Kläger, ja Mitarbeiter des Amtes […], natürlich auch selbstverständlich seine Ehefrau, die er ja die ganzen Jahre vergewaltigt, geschlagen und mit Waffen bedroht (wenn sie als Billigarbeitskraft von den Großeltern seiner Tochter als Putzsklave missbraucht worden sei), fast getötet habe. Erwähnenswert seien natürlich all’ die lieben Zeitgenossen, die das alles wüssten, aber natürlich nicht für Aussagen zur Verfügung stünden, so auch von Amts wegen niemand einschreite, um diese Verleumdungen zu stoppen … Wahrscheinlich würde sowieso keine Polizei aktiv … und er müsse zusehen, wie seine Tochter ohne sein Einverständnis in eine Nachmittagsbetreuung für teures Geld geschickt, ihm aber verweigert werde, sie nach der Schule zu betreuen… Die schriftliche Antwort seiner Frau: „Fick Dich Du Arschloch“, na bravo!!! Das geschehe, wenn man Menschen mit gottähnlicher Macht ausstatte. Um dem mittlerweile wohl hirngewaschenen Kind einen Auftritt vor Gericht zu ersparen, aber auch weil sie (seine Eltern und er) es nicht mehr ertrügen, mittlerweile verleumdet und von den Ämtern gedemütigt zu werden und sowieso auch keine Chance vor diesem kleinen und korrupten Amtsgericht bestünde, habe er sich entschlossen, freiwillig auf das Sorgerecht zu verzichten. So würden wenigstens nicht noch ein paar hundert Euro völlig unsinnig verbrannt. Er, der Kläger, sei damit ab dem 31.03. kein Erziehungsberechtigter für L. mehr (Unterstreichung durch den Kläger). Der Schulleiter habe ihn sowieso nie informiert. Er, der Kläger, habe nie ein Zeugnis etc. gesehen. Weiterhin werde dann auch der komplette Kontakt mit L. so beibehalten, wie von Behördenseite unterstützt, d.h. es werde in Zukunft auch keinen Kontakt mehr mit dem Kinde geben. Der Schulleiter möge L[...] deshalb auch nicht in irgendeinem Falle zu ihnen schicken und solle ihn oder seine Eltern auch nicht mehr anrufen. Sie hätten mit dem Kind nichts mehr zu tun. Die Schule solle sich an die Kindesmutter halten. Er sei finanziell ruiniert, müsse 500 Euro im Monat an Unterhalt für L. zahlen, obwohl er mittlerweile kein Einkommen mehr habe und die Betreuung seiner Tochter selber übernehmen könne. Er werde dann wohl bald die eidesstattliche Erklärung abgeben und Sozialhilfe beantragen müssen. Sein Leben sei ruiniert mit fast 50. Exekutiert mit einem Kind als Waffe und zur großen Genugtuung einer Jugendamtssachbearbeiterin, einer Anwältin und einer Richterin, … allesamt Menschen, die er weder gekannt noch ihnen irgendetwas getan habe. Er sei mit diesem Staat endgültig fertig! und damit auch mit Ihnen! – dem angeschriebenen Schulleiter – einen Gruß noch an die Klassenlehrerin […], sie habe ihn ebenso sehr enttäuscht. Dieser Brief schloss mit der Bitte an den Schulleiter, die beigefügte Geburtstagskarte an L[...] zu übergeben: Diese habe am 16. März Geburtstag, mit der Post werde L[...] die Karte ohnehin nicht erhalten.
- [4]
- Der Schulleiter wertete dieses Schreiben als Drohschreiben und übersandte dieses mit der Bitte um weitergehende Maßnahmen an die Polizeiinspektion A-Stadt. Diese suchte den Kläger am 18.03.2009 „zur Abklärung der Gefahrenlage“ auf. Das Gespräch mit dem Kläger fand in der Wohnung seiner Eltern statt, da – so der Kläger damals bei Eintreffen der Polizei - seine eigene Wohnung im Obergeschoss des gleichen Wohnhauses nicht aufgeräumt sei. Im Verlaufe des annähernd eineinhalb Stunden dauernden Gespräches mit den Polizeibeamten schilderte der Kläger seine aktuelle familiäre Situation aus seiner Sicht. Er beschrieb den Verlauf des Sorgerechts- und Scheidungsstreites, der nunmehr vor dem Abschluss stehe. In seiner Abwesenheit habe seine Frau ihn verlassen und die gemeinsame Tochter mitgenommen. Kontakte mit der Tochter habe es seither kaum gegeben; Unterstützung durch das Jugendamt habe er nicht bekommen. Der Scheidungs- und Unterhaltsstreit sei von seiner Frau „dreckig“ geführt worden. Einmal habe sie ihm über seine Eltern ausrichten lassen, sie werde ihn ruinieren. Wenn sie mit ihm fertig sei, würde er in der Gosse liegen. Nun würde seine Tochter mit ihrer Mutter in der Kloosstraße „neben den Bullen bei den Türken“ in einem Haus wohnen, wo die „Türkenjungen in den Flur schissen“.
- [5]
- In der Niederschrift (vom 20.03.2009, Bl. 102 f. der Verwaltungsunterlagen der Beklagten) über diesen Polizeieinsatz haben die Polizeibeamten ihren damaligen Eindruck vom Kläger festgehalten: dieser sei neben der rein sachlichen Darstellung seiner Situation immer wieder und häufiger in Beschimpfungen und Vorwürfe gegen seine Frau, deren Anwältin und die Mitarbeiter des Jugendamtes abgeglitten. Oft sei er auf den anstehenden Scheidungstermin am 31.03. zu sprechen gekommen, der ihm sichtlich zu schaffen gemacht habe. Bei diesem Thema habe er die Tränen nicht mehr zurückhalten können, sei regelmäßig auch laut und ausfallend in Richtung seiner Frau und deren Anwältin geworden. Im Verlaufe des Gesprächs sei er von sich aus auf seine Schusswaffen zu sprechen gekommen, da er vermutet hatte, dass die Polizei ihn deshalb aufgesucht habe. Mehrfach habe er insoweit geäußert, er werde sich hüten, mit seinen Sportwaffen jemandem ein Leid zuzufügen etc.; wenn er das wolle, würde er mit einem Küchenmesser losziehen; wer wolle schon etwas dagegen machen. Am liebsten würde er „der“ (die Anwältin/die Ehefrau) ganz langsam mit einer rostigen Sense die Kehle durchschneiden/den Bauch aufschlitzen. Wiederholt habe der Kläger beteuert, niemals seine Waffen zu benutzen, um jemanden anzugreifen, dabei aber jedes Mal hinzugefügt, dazu lieber die Sense zu benutzen. Nach der damaligen Einschätzung der Polizei habe sich der Kläger in einer Ausnahmesituation befunden; er habe äußerst angespannt und meist nur mühsam beherrscht gewirkt. Darauf angesprochen habe er zugegeben, dies zu wissen. Ärztliche oder sonstige therapeutische Hilfe werde er aber nicht in Anspruch nehmen, da er dies einerseits ablehne und andererseits keine Krankenversicherung mehr habe. Während dieses Gesprächs habe der Kläger einen äußerst starken Rededrang gezeigt und ununterbrochen gesprochen; er habe die Polizeibeamten kaum zu Wort kommen lassen und sich immer wieder in Rage geredet. Während dieses Gespräches hatte er bereits von sich aus mehrmals erwähnt gehabt, wenn ihm jetzt seine Waffen auch noch weggenommen würden, hätte seine Frau das ja auch noch erreicht. Dass er selbst den Anlass dazu gegeben habe, seine waffenrechtliche Zuverlässigkeit in Zweifel zu ziehen, habe der Kläger – so die Polizei in der genannten Niederschrift über ihren Einsatz - völlig verkannt. Nachdem der Kläger sich etwas gefasst gehabt habe, habe er angeboten, seine Schusswaffen freiwillig in die Verwahrung der Polizei zu geben, da er nicht als Verrückter dargestellt werden wolle.
- [6]
- Zur Entgegennahme der Waffen sei gemeinsam die Wohnung des Klägers im Obergeschoss aufgesucht worden. Die Waffen seien ordnungsgemäß aufbewahrt, die Wohnung allerdings „insgesamt unaufgeräumt, fast schon chaotisch“ gewesen. Der Kläger habe sich hierzu geäußert, er bringe es seit dem Auszug seiner Tochter und seiner Frau emotional nicht fertig, Ordnung zu schaffen.
- [7]
- Die registrierten Waffen wurden der Polizei ausgehändigt; die Magazine der beiden Pistolen sowie die zugehörige Munition der Waffen wurden dem Kläger belassen.
- [8]
- Am 23.03.2009 wurden dem Beklagten die sicher gestellten Waffen zur Verwahrung übergeben. Im Anschluss daran wurden Jugendamt und Amtsgericht per Telefax über den Sachverhalt in Kenntnis gesetzt; die zuständige Richterin am Amtsgericht wurde erreicht. Diese gab dem Polizeibeamten der Landespolizeidirektion gegenüber an, über den Rechtsanwalt des Klägers habe sie eine E-Mail des Klägers mit einem sehr bedenklichen Inhalt erhalten. Dieser habe geschrieben, dass jetzt auch die Polizei eingeschaltet sei; die Sache werde jetzt blutig. Wenn er persönlich zu dem Termin gezwungen werde, würde es „in einer Katastrophe enden“.
- [9]
- Nach Erhalt dieser Nachricht suchten zwei Polizeibeamte der Landespolizeidirektion A[..] sowie die Sachbearbeiterin des Beklagten noch am gleichen Tag (um 13.10 Uhr) den Kläger auf. Auf die Ankündigung der Begutachtung bzw. der Erstellung eines psychologischen Gutachtens habe der Kläger zunächst abweisend und – verbal – aggressiv reagiert. Erst nach eingehender Erläuterung, dass er der Begutachtung nicht ausweichen könne und andernfalls eine zwangsweise Vorführung erfolgen werde, habe er in die Maßnahme eingewilligt. Ebenso sei für den Kläger der Behalt seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse ein Grund gewesen, weiteren Maßnahmen freiwillig zuzustimmen. In dem Ermittlungsbericht der Polizeidirektion vom 23.03.2009 (Bl. 112, 113 der Verwaltungsunterlagen) heißt es abschließend, eine „echte Freiwilligkeit“ habe somit nicht bestanden. Der Kläger sei deshalb von drei Polizeibeamten der psychiatrischen Klinik in den SHGKliniken zugeführt und an Frau Dr. med. F[...] überstellt worden. Dort habe sich der Kläger vom 23.03.2009, 14.50 Uhr bis zum 24.03.2009, gegen 16.10 Uhr in stationärer Behandlung befunden.
- [10]
- Die Berichte über ihre Polizeieinsätze am 18.03.2009 und vom 23.03.2009 leitete die Polizeidirektion A[..] an den Beklagten weiter. Ihnen beigefügt war eine der Polizei durch das Amtsgericht – Familiengericht – B[...] (Aktenzeichen: 8 F 451/08 VA) übersandte Stellungnahme des Jugendamtes des Regionalverbandes B[...] vom 05.03.2009 (Bl. 109 der Verwaltungsunterlagen), worin es im Wesentlichen lautet: Der Kläger habe nach der Trennung von seiner Ehefrau im Januar 2008 vom Jugendamt erwartet, eine Rückführung seiner Tochter in seinen Haushalt zu ermöglichen. Dabei habe er sich herabwürdigend über seine Ehefrau, auch bezüglich deren Nationalität, geäußert. Ein klärendes Gespräch mit dem Kläger, bezüglich einer Umgangsregelung, habe abgebrochen werden müssen, da der Kläger laut, verbal ausfällig und bedrohlich gegenüber der zuständigen Sozialarbeiterin erschienen sei. Der Kläger habe nicht akzeptieren wollen, dass seine Tochter bei der Mutter lebe. Die Tochter selbst habe dabei den Wunsch geäußert gehabt, bei der Mutter zu leben, aber trotzdem regelmäßig Kontakt zum Vater aufrecht zu erhalten. Die Ehefrau des Klägers habe diesen Wunsch unterstützt. Der Kläger habe sich aber nicht bei ihm gemeldet, um entsprechende Termine zu vereinbaren. Seit der Trennung habe es diesbezüglich keine klärenden Gespräche gegeben, weshalb eine gemeinsame Ausübung des elterlichen Sorgerechts nicht möglich erscheine.
- [11]
- In dem an den Beklagten „als Unterbringungsbehörde“ gerichteten Schreiben der SHG-Kliniken vom 25.03.2009 heißt es, der Kläger sei am 24.03.2009 aus der stationären Behandlung entlassen worden. Dieser sei zu diesem Zeitpunkt sowohl abspracheals auch steuerungsfähig gewesen.
- [12]
- Der Kläger habe eine entsprechende Medikation erhalten. Für die Zeit nach der stationären Behandlung seien dem Kläger auch entsprechende Medikamente zur weiteren ambulanten Einnahme mitgegeben worden. Mit diesem sei vereinbart worden, dass er sich am Freitag, dem 27.03.2009 um 10.00 Uhr, erneut auf der Station 3.2 zu einem ambulanten Termin vorstelle. Es werde bei dieser Gelegenheit auch die weitere Medikation mit ihm geklärt. Des Weiteren sei geplant, den Kläger am Montag, den 30.03.2009 für eine Nacht wieder stationär aufzunehmen, da am Dienstagmorgen, dem 31.03.2009, die Scheidungsverhandlung vor dem Amtsgericht stattfinde. Es bestünde dann für diesen Dienstagmorgen auch die Möglichkeit einer Begleitung durch das Personal des Krankenhauses zum Scheidungstermin.
- [13]
- Mit E-Mail vom 06.04.2009 (Bl. 118 der Verwaltungsunterlagen) wandte sich der Kläger an den Beklagten und teilte jenem mit, dass er, nachdem die Scheidung mittlerweile erledigt und auch rechtskräftig sei, seine Sportwaffen wieder in Besitz nehmen wolle. Weiterhin schlug er noch ein klärendes Gespräch über die Angelegenheit vor, um diese „sanft ausklingen zu lassen und frei von gedanklichem Restmüll in die Zukunft starten zu können“. Schließlich seien zumindest nach seiner Meinung und der seiner Eltern, seines Freundeskreises etc. seine Menschenrechte mit Füßen getreten worden. Einen völlig normalen Bürger, der auch von allen seinen Mitbürgern, die ihn persönlich teilweise seit dem Kindergarten kennten (außer der Ehefrau und deren Erfüllungsgehilfen natürlich), bei einem Scheidungstermin, bei dem auch noch auf dessen Antrag die gegnerische Partei nicht anwesend gewesen sei, von fünf (!!!) Polizeibeamten öffentlich im Gericht flankieren zu lassen, zuvor eine Personenkontrolle/Bodycheck durchzuführen und die Anwesenheit der Beamten in das Scheidungsprotokoll mit aufzunehmen, … das sei schon – vorsichtig ausgedrückt – sehr geschmacklos und eine extremste Beleidigung seiner Person und spreche natürlich auch für die Initiatoren. Wie der Beklagte selber wisse, sei er, der Kläger, gerade was waffenrechtliche Dinge angehe, ein sehr sorgfältiger Mensch und trenne gedanklich auch rigoros Schießsport und andere persönliche Dinge. Für hauptsächlich auf Filmen und schlechter, auf Sensationshascherei ausgelegter Berichterstattungen basierender Gewaltphantasien seiner Mitbürger könne er nichts … Unter dem 28.04.2009 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass diesem seine Waffen erst wieder ausgehändigt werden könnten, wenn dessen persönliche Eignung nach den Vorschriften des Waffengesetzes ohne Zweifel feststehe. Er forderte den Kläger auf, bis spätestens 31.07.2009 durch ein fachpsychologisches Gutachten die erforderliche geistige Geeignetheit für den Besitz und den Gebrauch von Schusswaffen nachzuweisen.
- [14]
- Zwischenzeitlich hatte die Landespolizeidirektion A[...] gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bedrohung zum Nachteil seiner Ehefrau und deren Rechtsanwältin eingeleitet (Aktenzeichen: 8 Js 941/09 der Staatsanwaltschaft B[...]). Zu diesem Ermittlungsverfahren hatte die Ehefrau des Klägers eine an ihre in Amerika lebende Schwester gerichtete E-Mail des Klägers vom 03.07.2009 gereicht, in der es, in englischer Sprache, im Wesentlichen hieß: „Um das klar zu machen: Er könne niemanden beauftragen, der sie hier töte. Sie werde irgendwo von einem anderen getötet … Er werde hinter ihrer Familie in den Philippinen her sein … Er werde nicht zulassen, dass eine philippinische Ex-Dirne sein Leben für immer zerstöre und ihn total ruiniere. Er werde in zwei Wochen bankrott sein und dann sei Zeit zum Schlachten … Wer kümmere sich darum, was irgendwelchen „Pinays“ (Anmerkung: abwertende Bezeichnung für philippinische Frauen) – in Angelas – Stadt auf den Philippinen - widerfahre. Wenn irgendjemand ihn selbst verdächtigen solle, werde er selbst vor ihr und jedem von ihnen stehen.
- [15]
- … Sein Ratschlag: Laufe, deine Haut wird dir bei lebendigem Leib abgezogen“ (vgl. hierzu die E-Mail Bl. 36 der genannten Ermittlungsakte).
- [16]
- Das Aufforderungsschreiben des Beklagten vom 28.4.2009 erreichte den Kläger zunächst nicht, weil dieser sich ins Ausland begeben hatte. Von ihm erhielt er erst Kenntnis durch die Nachricht seiner damaligen Rechtsanwälte vom 08.05.2009, denen wiederum das Schreiben von der Mutter des Klägers ausgehändigt worden war.
- [17]
- Mit E-Mail vom 14.05.2009 wandte sich der Kläger an den Beklagten und teilte jenem mit, er habe soeben mündlich erfahren, dass er sich bis zum 15. Mai einer weiteren psychologischen Untersuchung unterziehen solle. Er bat um Fristverlängerung bis Mitte August und bemerkte „abschließend“, dass der Beklagte seine Menschenwürde aufs Tiefste verletzt habe. Ihn als Schwerverbrecher zu behandeln und ihm vorsätzlich mehrere Tausend Euro an Kosten „zu generieren“, sei schon sehr geschmacklos. Er habe in seinem ganzen Leben niemandem Grund gegeben, ihn als potentiellen Mörder zu sehen. Er könne doch nichts für paranoide Wahnvorstellungen von Beamten, gepuscht von medialer Berichterstattung aufgrund eines Amoklaufes. Nicht zu reden von den fünf Polizeibeamten, die ihn bei seinem Scheidungstermin einer Leibesvisitation unterzogen und während des gesamten Termins im Saal unmittelbar hinter ihm gestanden hätten. Das sei unglaublich; selbst richtige Schwerverbrecher würden in der Regel von zwei, maximal drei Beamten begleitet.
- [18]
- Das vom Kläger geforderte Gutachten ging am 18.08.2009 beim Beklagten ein. In seinem fachpsychologischen Gutachten zu der „geistigen Geeignetheit“ des Klägers auf der Basis des § 6 WaffG kam der Gutachter bezüglich der zu untersuchenden Fragestellung, ob zum Zeitpunkt der Begutachtung beim Kläger nachweislich eine Nichteignung in Bezug auf den Umgang mit (großkalibrigen) Schusswaffen und Munition im Sinne des § 6 Abs. 3 WaffG vorliege, zu dem Ergebnis, zum Zeitpunkt der Untersuchung habe beim Kläger aus fachlicher Sicht des Gutachters keine Nichteignung im Sinne der behandelten Fragestellung festgestellt werden können. In der Schlusserklärung des Gutachtens heißt es hierzu, die in diesem Gutachten gemachten Aussagen bezögen sich ausschließlich auf den Tag der Begutachtung bzw. den Zeitraum vor der Untersuchung, die am 12.08.2009 stattgefunden hatte.
- [19]
- Mit E-Mail vom 13.08.2009 wandte sich der Kläger an den Beklagten: Ihm liege nunmehr das geforderte und von ihm in Auftrag gegebene Gutachten über seine Zuverlässigkeit vor. Der Beklagte möge ihm bitte mitteilen, wie er schnellstmöglich die (hoffentlich noch intakten) Waffen wiedererlangen könne, damit er wenigstens noch an den diesjährigen Landesmeisterschaften Langwaffe teilnehmen könne. In dieser E-Mail heißt es unter einer weiteren Ziffer (2) „Verbringungsbescheinigung“, dass der Kläger zur „temporären Ausfuhr“ seiner beiden Sportpistolen eine solche Bescheinigung für Thailand benötige, um diese Waffen im Flugzeug mitnehmen zu können. Unter Ziffer 3 heißt es in dieser E-Mail, der Beklagte habe sich schriftlich dahingehend geäußert, dass er, der Kläger, freiwillig die geschlossene Psychiatrie aufgesucht habe, dort behandelt und begutachtet worden sei und er angeblich notwendige Medikamente verabreicht bekommen habe, was nicht zutreffe. Da der Beklagte diese Unwahrheiten schriftlich in einem offiziellen Schreiben fixiert gehabt habe, bitte er, der Kläger, nun zum wiederholten Male, dies richtigzustellen und zukünftig zu unterlassen. Diese Aufforderung wiederholte der Kläger mit weiterer E-Mail vom 21.08.2009: Der geforderte Nachweis seiner persönlichen Eignung liege dem Beklagten spätestens seit 17.08.2009 vor. Trotzdem habe der Beklagte ihm seine Waffen nicht wieder übergeben, obwohl dieser genau wisse, dass er damit seine, des Klägers, Teilnahme an den einmal im Jahr stattfindenden Wettkämpfen verhindere.
- [20]
- Der Kläger forderte den Beklagten „letztmalig“ auf, ihm seine Waffen unverzüglich auszuhändigen. Sämtliche ab heute entstehenden Kosten in der Angelegenheit würden dem Beklagten in Rechnung gestellt werden.
- [21]
- Am 26.08.2009 schrieb der Beklagte dem Kläger: Das vom Kläger geforderte Gutachten sei am 18.08.2009 bei ihm eingegangen. Nachdem der, namentlich genannte, Dipl.-Psychologe darin bestätigt habe, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung beim Kläger keine Nichteignung in Bezug auf den Umgang mit Schusswaffen und Munition vorgelegen habe, bestünden nun seitens der Waffenbehörde keine Bedenken, dem Kläger die Waffen wieder auszuhändigen. Der Kläger wurde gebeten, einen Termin zur Abholung der Waffen zu vereinbaren. Zu dem Antrag des Klägers, ihm für eine zeitweise Ausfuhr einiger seiner Waffen nach Thailand eine Verbringungsbescheinigung auszustellen, habe er sich an das Ministerium für Inneres und Sport gewandt, um von dort aus dessen Rechtsauffassung hierzu in Erfahrung zu bringen.
- [22]
- Mit E-Mail vom 02. September 2009 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass es ihm – aus den näher beschriebenen Gründen – nicht möglich sei, die Waffen beim Beklagten abzuholen. Er bat um deren Anlieferung. In einer zweiten E-Mail vom gleichen Tage wiederholte der Kläger diese Bitte und beanstandete, dass der Beklagte auf sein eigentliches Hauptanliegen, nämlich die Verleumdung seiner Person durch die Stadt und die Gründe für eine Zwangseinweisung in die geschlossene Psychiatrie noch nicht eingegangen sei. Er forderte den Beklagten „deshalb ein letztes Mal“ auf, ihm mitzuteilen, wer hierfür die Verantwortung trage und auf welche Fakten diese Entscheidung, einen rechtschaffenen Bürger ohne richterliche Anordnung und ohne Begründung – selbst nach Aufforderung vor Zeugen,
- [23]
- Gründe hierfür offenzulegen -, unter Androhung von Gewalt aus seiner Wohnung zu entfernen, gestützt worden sei.
- [24]
- In der E-Mail heißt es wörtlich weiter:
- [25]
- „Es versteht sich von selbst, dass ich natürlich für die Kosten dieser von mir nicht veranlassten Aktion auch nicht aufkommen werde. Unter gar keinen Umständen!! Egal womit Sie mir zukünftig drohen werden!! Ich habe zwar den Glauben an diese Bananenrepublik aufgegeben und fühle mich als Waffenbesitzer mittlerweile als Jude des 21. Jahrhunderts (= in der Öffentlichkeit diffamiert, von Behörden gegängelt und am Ende ab ins Lager), glaube aber noch nicht ganz daran, in einer brutalen Diktatur zu leben, wo mittlerweile kritische Bürger einfach „geistig eingeschlossen“ werden. Wenn man mehrere dutzend Menschen wie „Zombies“ herumstehen sieht, kommen einem leicht solche Gedanken.
- [26]
- Teilen Sie mir bitte noch mit, an wen ich die Rechnungen schicken soll. Ich jedenfalls habe diese Aufwendungen nicht verursacht und war auch nicht damit einverstanden.
- [27]
- Aus dem Gespräch mit Ihrer Mitarbeiterin H[...] ging für mich hervor, dass Zwangseinweisungen in diesem Bezirk wohl öfters vorkommen. Falls es nicht unter dubiose Geheimhaltung fällt bitte ich um Auskunft, wie viele Zwangseinweisungen es denn in A16 Stadt in den letzten zwölf Monaten gab.“ Hierauf antwortete wiederum der Beklagte unter dem 03.09.2009:
- [28]
- Nachdem am 18.08.2009 das von ihm geforderte fachpsychologische Gutachten über die persönliche Eignung des Klägers im Sinne des Waffengesetzes eingegangen gewesen sei, sei dem Kläger angeboten worden, seine Waffen, nach vorheriger Terminabsprache, bei dem Beklagten abzuholen. Obwohl das vom Kläger in den Hausbriefkasten des Rathauses eingeworfene Gutachten mit dem Eingangsstempel 18.08.2009 versehen worden sei, habe der Kläger bereits mit EMail vom 13.08.2009 die Herausgabe seiner Waffen für den 14.8. bzw. spätestens 17.08.2009 gefordert. Weiterhin habe der Kläger ihm – dem Beklagten – noch mehrere E-Mails zugeleitet, in denen die Geschehnisse der vergangenen Monate unzutreffend und verzerrt dargestellt worden seien.
- [29]
- Ohne im Detail auf die einzelnen Vorwürfe und Forderungen des Klägers einzugehen, hätten dessen Äußerungen, wie beispielsweise „Verleumdung meiner Person durch die Stadt“, „egal womit Sie (gemeint ist die Stadt) mir zukünftig drohen werden“ und „…fühle mich als Waffenbesitzer mittlerweile als Jude des 21. Jahrhunderts (in der Öffentlichkeit diffamiert, von Behörden gegängelt und am Ende ab ins Lager)“ u.s.w., Anlass gegeben, an der persönlichen Eignung des Klägers im Sinne des Waffengesetzes weiterhin zu zweifeln.
- [30]
- Deshalb werde des Beklagten Entscheidung, dem Kläger die zur sicheren Aufbewahrung eingelagerten Waffen auszuhändigen, so lange zurückgestellt, bis durch eine fachpsychologische Nachbegutachtung die persönliche Eignung des Klägers nach § 6 Abs. 1 WaffG festgestellt werde.
- [31]
- Der Beklagte forderte den Kläger gemäß § 6 Abs. 2 WaffG auf, eine solche Nachbegutachtung auf eigene Kosten vornehmen zu lassen und das Gutachten bis spätestens 15.10.2009 vorzulegen.
- [32]
- Mit Telefaxschreiben vom 09.09.2009 zeigte der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers dessen anwaltliche Vertretung an, nannte als Grund seiner Beauftragung „den Bescheid vom 03.09.2009“ und „gestattete sich vorab den Hinweis“, dass die offenbaren Zerwürfnisse zwischen dem Kläger und dem Beklagten „zu wirklich nicht mehr nachvollziehbarem Handeln – auf beiden Seiten – geführt“ hätten; gleichgültig, wie man die bisherige Korrespondenz bewerte und lese. Dem Unterzeichner erschließe sich nicht, weshalb der Bescheid vom 03.09.2009 nötig gewesen sei. Der Streit hätte beigelegt werden können, wenn der Beklagte dem Begehren des Klägers auf Herausgabe der Waffen nachgekommen wäre. Es scheine, als ob die objektive Ebene schlicht verlassen worden sei. Von daher rege er an, diese wieder „zu betreten“. Formell werde ausdrücklich gegen den Bescheid vom 03.09.2009 Widerspruch eingelegt und beantragt, diesen aufzuheben und dem Kläger seine Waffen herauszugeben.
- [33]
- Mit Datum vom 12.08.2009 habe der Kläger beim Beklagten das von jenem geforderte fachärztliche Gutachten eingereicht. Hiermit habe der Kläger seine Eignung nachgewiesen. Dass der Beklagte nun – keinen Monat später – wieder ein solches Gutachten einfordere, sei schlicht rechtswidrig. Der Beklagte möge beachten, dass auch im öffentlichen Recht das sogenannte Schikaneverbot gelte. Der Kläger sei seinen Pflichten nachgekommen. Medizinische Anhaltspunkte für eine Änderung seiner Eignung nach nur wenigen Wochen lägen ganz offensichtlich nicht vor.
- [34]
- Dem Vorwurf des Klägers, er habe mit seiner Aufforderung vom 03.09.2009 die objektive Ebene verlassen, ist der Beklagte mit Schreiben vom 18.09.2009 entgegengetreten. Seine bisherigen Entscheidungen als Waffenbehörde seien allein nach den Vorschriften des Waffengesetzes getroffen worden. Hiernach müssten Personen, die die tatsächliche Gewalt über scharfe Schusswaffen ausübten, dem Anspruch genügen, in jeder Situation besonders verantwortungsvoll und besonnen zu sein, so dass jederzeit von einem sicheren Umgang mit den Waffen ausgegangen werden könne. Auch habe der Beklagte sicherlich kein Interesse daran, den Kläger zu schikanieren.
- [35]
- Verfahrensrechtlich sei der Widerspruch des Klägers vom 09.09.2009 gegen den von ihm als solchen angesehenen „Bescheid“ vom 03.09.2009 zurückzuweisen, da es sich bei dieser Aufforderung vom 03.09.2009 um eine Anordnung im Rahmen eines Verfahrens nach § 45 Abs. 2 WaffG und § 41 Abs. 1 Nr. 1 WaffG gehandelt habe, die nicht selbständig anfechtbar sei. Deshalb sei ein Widerspruch nicht statthaft.
- [36]
- Nachfolgend schilderte der Beklagte dem (zuvor mit der Angelegenheit nicht befasst gewesenen) Prozessbevollmächtigten des Klägers den bisherigen Gang des Verwaltungsverfahrens, beginnend mit dem Brief des Klägers an die Schule seiner Tochter, den Polizeieinsätzen vom 18.03. und 23.03.2009, der psychiatrischen Begutachtung des Klägers in den SHG-Kliniken A-Stadt, den weiteren Ereignissen im Scheidungsverfahren, die bisherige Korrespondenz zwischen dem Kläger – mit dessen nachhaltigen Aufforderungen zur Herausgabe seiner Waffen – die Antwortschreiben des Beklagten einschließlich der angeordneten Nachbegutachtung. Der Beklagte wies „an dieser Stelle … ausdrücklich“ darauf hin, dass auch durch ein „positives Gutachten“ nicht zwingend die persönliche Eignung im Sinne des Waffengesetzes gegeben sei, sondern das Gutachten nur ein sehr wichtiges, jedoch nicht das einzige Kriterium für die Waffenbehörde darstelle, die letztlich über die persönliche Eignung eine Entscheidung zu treffen habe. Es bestehe „kein Anerkennungsautomatismus hinsichtlich des Ergebnisses eines Gutachtens“.
- [37]
- Aufgrund des Gutachtens und der Tatsache, dass der Kläger inzwischen wieder geheiratet habe, habe davon ausgegangen werden können, dass der Kläger seine schwierige Lebenssituation überwunden gehabt habe und zukünftige Ereignisse realitätsgerecht einschätzen und besonnen handeln würde. Deshalb hätten zu diesem Zeitpunkt keine Bedenken bestanden, dem Kläger seine Waffen wieder zu überlassen. Der Inhalt der beiden E-Mails des Klägers vom 02.09.2009 und verschiedene Telefongespräche hätten erneute Zweifel an der persönlichen Eignung des Klägers im Sinne des Waffengesetzes entstehen lassen, da dieser die eindeutig festgestellten Tatsachen in unzutreffender und verzerrter Weise dargestellt, sich immer noch von allen verfolgt, ungerecht behandelt und verleumdet gefühlt habe. Nach wie vor sei der Kläger keiner vernünftigen Argumentation zugänglich, versteife sich, nach zunächst bemüht sachlicher Argumentation, in abstruse Ideen und versuche, seine Anliegen und nicht berechtigten Forderungen auf jeden Fall durchzusetzen. Aus diesen Gründen sei die Entscheidung zur Herausgabe der Waffen an den Kläger zurückgestellt und dieser mit Schreiben vom 03.09.2009 zu einer Nachbegutachtung aufgefordert worden.
- [38]
- Es bleibe deshalb bei dieser Entscheidung. Der Kläger werde gebeten, das Gutachten bis spätestens 15.10.2009 vorzulegen.
- [39]
- Mit Schreiben vom 14.01.2010 kündigte der Beklagte dem Kläger seine Absicht an, die Waffenbesitzkarten Nr. 2311/07/01 und 2324/08/2 zu widerrufen, diesem aufzugeben, die waffenrechtlichen Erlaubnisse unverzüglich zurückzugeben, ihm ferner gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG den Besitz von Waffen und Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedürfe und den Erwerb solcher Waffen und Munition zu untersagen (Waffenbesitzverbot) und gemäß § 46 Abs. 2 WaffG anzuordnen, dass der Kläger die in den genannten Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen und noch vorhandene Munition binnen angemessener Frist dauerhaft unbrauchbar machen oder einem Berechtigten überlassen müsse.
- [40]
- Der Beklagte rechtfertigte diese Ankündigung mit den umfassend beschriebenen Vorfällen im Vorfeld zu der Scheidung des Klägers von seiner Ehefrau und das gesamte Verhalten gegenüber den Polizeibeamten und ihm als Waffenbehörde.
- [41]
- Hieraus ergäben sich Bedenken hinsichtlich der persönlichen Eignung des Klägers im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG.
- [42]
- Mit Schreiben vom 02.02.2010 trat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, dieser Meinung des Beklagten entgegen. Nach objektiver Würdigung des Sach- und Streitstandes ergäben sich nicht einmal ansatzweise Versagungsgründe im Sinne des § 6 WaffG. Dem Beklagten liege eine anderslautende psychologische Begutachtung vor. Über diese fachkundige Bewertung wolle sich der Beklagte – ohne medizinische oder sonstige Grundlagen – regelrecht hinwegsetzen, indem er „aufgrund (sicherlich überspitzter) Äußerungen des Klägers mit dessen subjektiven Schilderungen/Empfindungen“ nun wieder von einer Nichteignung ausgehe. Der Beklagte maße sich ein Mehr an Fachkenntnis an als der Psychotherapeut H… Es sei offenbar, dass der Beklagte dessen eindeutige Stellungnahme schlicht nicht akzeptieren wolle. Dies werde der Kläger nicht hinnehmen. Unabhängig von „verbalen Spitzen“ des Klägers solle der Beklagte zumindest versuchen, einen Sachverhalt objektiv zu bewerten. Soweit der Kläger beispielsweise ausführe, keine Kosten für eine psychologische Unterbringung zu tragen, sei darauf hinzuweisen, dass dieser bisher hierfür tatsächlich keine Kosten bezahlt habe und auch künftig, jedenfalls bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheides, nicht bezahlen werde. Auch sei es schlicht das Recht des Klägers, Anträge bei der zuständigen Behörde zu stellen, über die wie behördlich vorgeschrieben, durch normalen rechtsmittelfähigen Bescheid entschieden werden könne, gegen den dann der Kläger wiederum Rechtsmittel einlegen und den Weg von Widerspruch und Klage beschreiten könne. Warum diese völlig richtige Rechtseinschätzung des Klägers dazu führen solle, dass von ihm eine Nachbegutachtung gefordert werde, sei nicht verständlich und scheine rechtsmissbräuchlich, was der Kläger gerne durch die Instanzen durchfechten werde. Nicht jeder Bürger, der nicht zu Rechtsakten einer Verwaltung „ja und amen“ sage, sei automatisch nicht mehr „verantwortungsbewusst/besonnen“ oder verkenne gar „tatsächliche Gegebenheiten“. Solche Behauptungen seien faktisch durch nichts belegbar, sondern im Gegenteil durch das dem Beklagten vorliegende aussagekräftige Gutachten widerlegt.
- [43]
- Die Beklagte wurde unter Fristsetzung zum 10.02.2010 zur Herausgabe der in seinem Besitz befindlichen Waffen an diesen aufgefordert. Sollte diese Frist ungenutzt verstreichen, werde er seinem „rechtskritischen Mandanten anraten, den Rechtsweg zu beschreiten“.
- [44]
- Daraufhin widerrief der Beklagte durch Bescheid vom 11.02.2010, wie angekündigt, die waffenrechtlichen Erlaubnisse des Klägers. Zur Begründung wiederholte er im Wesentlichen seine Ausführungen im Anhörungsschreiben vom 14.01.2010.
- [45]
- Hiergegen legte der Kläger am 22.02.2010 Widerspruch ein und verwies zur Begründung auf seinen bisherigen umfassenden Sachvortrag (Bl. 257 der Verwaltungsunterlagen des Beklagten).
- [46]
- Die erste mündliche Verhandlung über den Widerspruch des Klägers fand am 22.02.2010 vor dem Rechtsausschuss des Regionalverbandes B-Stadt statt.
- [47]
- Der Beklagte zog das vom Kläger vorgelegte fachpsychologische Gutachten in Zweifel, da der Gutachter eine Eignung des Klägers nur zum Zeitpunkt der Begutachtung annehme. Eine Prognoseentscheidung enthalte das Gutachten – wie sonst üblich – nicht. Der Beklagte gehe davon aus, dass der Gutachter diese enge Formulierung auch zu seinem Schutz so gewählt habe.
- [48]
- Der Kläger entgegnete, wenn der Beklagte eine Prognoseentscheidung hätte haben wollen, hätte er ein fachpsychiatrisches Gutachten anfordern müssen. Eine Prognoseentscheidung sei im Rahmen eines fachpsychologischen Gutachtens nicht üblich. Desweiteren habe der Beklagte keine Prognoseentscheidung gefordert gehabt. Hierauf entgegnete wiederum der Beklagte, jedes Eignungsgutachten erfordere eine Prognose. Darauf müsse nicht gesondert hingewiesen werden.
- [49]
- Der Kläger beantragte zum Beweis der Tatsache, dass er weder in der Vergangenheit noch für die Zukunft ungeeignet im Sinne des § 6 WaffG sei, beziehungsweise gewesen sei, die Anhörung des Psychologen H[...]. Er erklärte weiter, er werde sich innerhalb eines Monats dazu äußern, ob er mit einer Nachbegutachtung einverstanden sei, die auch eine Prognoseentscheidung enthalte. Sollte dies nicht der Fall sein, sei er mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden. Für die Vorlage des Gutachtens selbst wurde dem Kläger eine Frist von drei Monaten eingeräumt. Hiernach wurde das Widerspruchsverfahren ausgesetzt (vergleiche hierzu die Niederschrift des Rechtsausschusses vom 22.07.2010, Blatt 267, 268 der Verwaltungsunterlagen).
- [50]
- Die Staatsanwaltschaft B[...] stellte durch Verfügung vom 14.05.2010 das Ermittlungsverfahren wegen Bedrohung gegen den Kläger ein. Im Verlaufe der vorangegangenen Ermittlungen hatte der Kläger in schriftlichen Äußerungen den Vorwurf der Straftaten zurückgewiesen. Die Ehefrau hatte mitgeteilt, dass sich die Sache für sie erledigt habe. Sie habe schon seit langem keinen Kontakt mehr zu dem Kläger. Zudem machte sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Die in Amerika lebende Schwester der Ehefrau des Klägers war schriftlich aufgefordert worden, zum Inhalt der an sie gerichteten E-Mail Stellung zu nehmen. Hierauf hatte sie nicht reagiert, weshalb die Staatsanwaltschaft davon ausging, dass diese ebenfalls von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen werde. Die Einstellungsverfügung endet mit der Schlussfolgerung „folglich sei bei dieser Beweislage ein Nachweis nicht zu führen, so dass das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO einzustellen“ sei.
- [51]
- Unter dem 26.07.2010 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Rechtsausschuss mit, nach Rücksprache mit dem Kläger werde das Einverständnis zur Vorlage eines Ergänzungsgutachtens widerrufen. Zur Begründung gab er an, der Beklagte habe wichtige Fakten zurückgehalten, die er als Verfahrensbevollmächtigter des Klägers erst jetzt vom Kläger erfahren habe.
- [52]
- Er bezog sich unter anderem – zutreffend – auf eine dahingehende Anfrage des Beklagten beim Gutachter H[...] vom 28.10.2010, auf die dieser noch am gleichen Tage geantwortet hatte: Der Kläger habe ihn bislang nicht mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens beauftragt. Nach seiner – des Gutachters – Einschätzung ergebe sich aus den Informationen, die der Beklagte ihm zur Verfügung gestellt habe, kein neuer Sachverhalt, der das Ergebnis der von ihm verfassten Begutachtung in Frage stellen würde. Eine gewisse Impulsivität, die verbale Äußerungen gelegentlich inadäquat machten, könne seines Erachtens auch dem Kläger zugebilligt werden, ohne daraus Schlüsse auf einen möglichen Umgang mit Schusswaffen zu ziehen.
- [53]
- Dieses Verhalten des Beklagten belege, dass dieser Informationen zurückhalte und dadurch die Basis eines fairen Verhaltens verlassen habe. Schon allein dieses Verhalten des Beklagten rechtfertige die Aufhebung dessen Bescheides. Ferner widerrief der Kläger sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung.
- [54]
- Durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16.12.2010 ergangenen Widerspruchsbescheid des Rechtsausschusses des Regionalverbandes BStadt wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung ist in diesem Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, der Widerruf der Waffenbesitzkarten des Klägers sei rechtmäßig. Nach § 45 Abs. 2 WaffG sei eine Erlaubnis nach diesem Gesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen einträten, die zur Versagung hätten führen müssen. Dabei handele es sich nicht um eine Ermessensentscheidung. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setze eine Erlaubnis die Zuverlässigkeit und persönliche Eignung des Waffenbesitzers voraus. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG besäßen die erforderliche Zuverlässigkeit diejenigen Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden würden. Die Annahme einer solchen missbräuchlichen Verwendung von Waffen oder Munition lägen in Person des Klägers vor. Eine solche sei insbesondere bei leicht erregbaren (reizbaren) oder in der Erregung unbeherrschten, jähzornigen, zu Aggressionen oder zu Affekthandlungen neigenden Personen zu besorgen. Insofern werde keine umfassende Zukunftsprognose verlangt; vielmehr genüge für eine ordnungsgemäße Prognoseentscheidung ein rationaler Schluss von der Verhaltensweise als Tatsache auf das in Zukunft zu erwartende Verhalten des Betroffenen, wobei im Bereich des Waffenrechts kein Restrisiko hingenommen werden müsse. Denn die auf Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellende Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und c WaffG habe den allgemeinen Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), und die Allgemeinheit vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu schützen. Die mit jedem Waffenbesitz verbundenen Risiken seien nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienten, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgingen.
- [55]
- Der Kläger sei nach seinem Verhalten eine leicht erregbare (reizbare) und in der Erregung unbeherrschte, zu Affekthandlungen neigende Person. So habe er am 18.03.2009 mehreren Polizeibeamten mitgeteilt, am liebsten seiner Frau und deren Anwältin ganz langsam mit einer rostigen Sense die Kehle zu durchschneiden und den Bauch aufzuschlitzen (Bl. 97 der Verwaltungsakte). In einer E-Mail an die Schwester seiner geschiedenen Ehefrau habe er geschrieben „… und dann wird es Zeit zum Schlachten sein; … deine Haut wird dir bei lebendigem Leib abgezogen …“ (Bl. 223 der Verwaltungsakte). Vor dem Scheidungstermin habe er seinem Rechtsanwalt mitgeteilt, die Sache werde gegebenenfalls blutig enden.
- [56]
- Dem Kläger könne nicht entlastend zugute gehalten werden, dass diese Äußerungen im Zusammenhang mit der Scheidung gestanden hätten. Denn ein solches Verhalten gehe weit über „verbale Spitzen“ – so die Widerspruchsbehörde erkennbar unter Aufgreifen der Widerspruchsbegründung des Klägers – hinaus. Es zeuge nicht nur von einer affektiven Überreaktion, sondern zudem von äußerst brutalen Gewaltphantasien, bei denen es darum gehe, den Opfern möglichst große Schmerzen zu bereiten und sie letztendlich zu töten.
- [57]
- Soweit das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten H[...] den Kläger für geeignet im Umgang mit (großkalibrigen) Schusswaffen und Munition ansehe, gebe es aufgrund des Ergebnisses dieser Begutachtung keinen „Anerkennungsmechanismus“ durch die Verwaltung. Es sei die Waffenbehörde bzw. der Rechtsausschuss, der letztlich die rechtlich relevante Entscheidung über die Eignung des Klägers zu treffen habe. Dabei könne dahinstehen, ob dieser i. S. d. § 6 WaffG geeignet sei. Der Rechtsausschuss stütze nämlich den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis nicht auf die fehlende persönliche Eignung im Sinne dieser Bestimmung, sondern auf seine mangelnde Zuverlässigkeit i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG. Deshalb sei auch dem Beweisantrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Rechtsausschuss, den Gutachter H. zu befragen, nicht zu entsprechen gewesen.
- [58]
- Auch der hilfsweise gestellte Beweisantrag auf Einholung eines forensischpsychiatrischen Sachverständigengutachtens zur Prognosefrage sei mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen gewesen. Denn bei besonders Leichtsinnigen, die zu unüberlegtem oder voreiligem Handeln neigten, sei keine umfassende Zukunftsprognose erforderlich. Vielmehr genüge für eine ordnungsgemäße Prognoseentscheidung ein rationaler Schluss von der Verhaltensweise als Tatsache auf das in Zukunft zu erwartende Verhalten des Betroffenen, wobei im Bereich des Waffenrechts kein Restrisiko hingenommen werden müsse. Das Gesamtverhalten des Klägers stelle ein nicht hinnehmbares Risiko für die Allgemeinheit hinsichtlich der schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen dar. Ein solches Risiko möglichst auszuschließen sei aber gerade Sinn und Zweck des Waffengesetzes. Auch nach seiner Scheidung habe der Kläger sich als leicht reizbar, unbeherrscht und unbesonnen gezeigt. Er habe sich immer wieder in Beschuldigungen, die Mitarbeiter der Waffenbehörde hätten seine Menschenwürde aufs Tiefste verletzt und ihn in geschmackloser Weise als Schwerverbrecher behandelt, verstiegen. Nach alledem lägen tatsachengestützte Anhaltspunkte dafür vor, dass es für den Kläger erneut zu Konfliktsituationen kommen könne, bei denen sich dieser wiederum unkontrolliert verhalten und sich Gewaltvorstellungen hingeben werde, weshalb auch die Gefahr des Missbrauchs, nämlich der nicht ordnungsgemäßen Verwendung von Waffen zu besorgen sei.
- [59]
- Die Verfügung unter Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides sei ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Sie stütze sich auf § 46 Abs. 2 WaffG. Zutreffend sei auch die Verfügung unter Ziffer 3 des Bescheides. Nach § 46 Abs. 1 WaffG habe der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben, falls – wie hier geschehen – Erlaubnisse nach dem Waffengesetz widerrufen worden seien. Wegen mangelnder Zuverlässigkeit sei schließlich auch das ausgesprochene Waffenbesitzverbot rechtmäßig. Es stütze sich auf § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Deshalb sei auch der Antrag des Klägers vom 02.02.2010 auf Herausgabe der verwahrten Waffen abzulehnen gewesen. Gegen die Rechtmäßigkeit der festgesetzten Gebühr bestünden keine Bedenken.
- [60]
- Solche seien vom Kläger auch nicht geäußert worden.
- [61]
- Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 08. Februar 2011 Klage erhoben. Er bestreitet die Behauptung der Widerspruchsbehörde, er sei eine in seinem Verhalten leicht erregbare, unbeherrschte und zu Affekthandlungen neigende Person. Dies sei durch das Sachverständigengutachten widerlegt. Der Beklagte könne auch keinen einzigen Fall einer Affekthandlung des Klägers darlegen. Der Kläger habe sich diesbezüglich lediglich verbal – wenn auch zynisch – geäußert, ohne dass den Äußerungen Taten gefolgt seien. Der Kläger könne auch ein einwandfreies Führungszeugnis vorlegen. Auch leide der Kläger nicht unter Gewaltphantasien. Er habe seine verbalen Spitzen nie in Abrede, jedoch unter Beweis gestellt, dass er nicht gefährlich sei. Der Kläger „zeichne sich vielmehr durch eine überspitzte Verbalartikulation auch gegenüber Behörden aus“. Dieses sei jedoch „nicht annähernd strafbar oder sonst auffällig, sondern Ausdruck der vom Kläger so verstandenen Meinungsfreiheit“. Dem Kläger sei seine waffenrechtliche Zuverlässigkeit abgesprochen worden, obwohl die Behörde sich hätte veranlasst sehen müssen, den Sachverständigen H. – dem Antrag des Klägers folgend – als Zeugen zu hören oder gar das vom Kläger beantragte forensischpsychologische Sachverständigengutachten einzuholen. Der Behörde sei in diesem Zusammenhang die erforderliche Sachkunde abzusprechen. Das von ihr herangezogene Restrisiko „gebe es immer“.
- [62]
- Soweit die Behörde auf die Beleidigungen des Klägers abstelle, übersehe diese, dass der Kläger als psychisch gesunde Persönlichkeit (siehe Gutachten H[..]) ohne Veranlassung in die Psychiatrie eingewiesen worden sei und von dort – ohne dass er dort einer Behandlung unterzogen worden wäre oder Medikamente genommen hätte – wieder ohne irgendeine Indikation entlassen worden sei. Er sei insoweit unverhofft zum „Spielball“ gemacht und mit Polizeigewalt in die Psychiatrie eingewiesen worden. Wenn der Kläger dies ohne Widerworte hingenommen hätte, wäre dies pathologisch.
- [63]
- Der Kläger habe sich jedoch genauso wie ein psychisch in jeder Hinsicht Gesunder verhalten. Er habe protestiert und protestiere weiter hiergegen in Wahrnehmung seiner Rechte als Bürger der Bundesrepublik Deutschland und seiner Menschenrechte. Hieraus eine „leichtsinnige Persönlichkeit“ konstruieren zu wollen, sei absurd.
- [64]
- Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 11.02.2010 in Gestalt des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16.12.2010 ergangenen Widerspruchsbescheides des Rechtsausschusses des Regionalverbandes B[…] aufzuheben.
- [65]
- Der Beklagte ist der Klage unter Verteidigung der angefochtenen Bescheide, die er weiterhin für rechtmäßig hält, entgegengetreten und beantragt, die Klage abzuweisen.
- [66]
- Auf die Ausführungen zur Klagebegründung entgegnet er, diese verharmlosten die Aussagen und das Verhalten des Klägers, die Grundlage für die angefochtenen waffenrechtlichen Maßnahmen gewesen seien. Entgegen der Auffassung des Klägers seien waffenrechtliche Maßnahmen gemäß § 45, 46 des WaffG nicht erst dann geboten, wenn der Waffenbesitzer seine Drohungen wahrgemacht habe. Der Gesetzgeber ordne im Prüfungsprogramm des Waffengesetzes präventiv bereits bei Tatsachen im Vorfeld, welche die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigten, den Widerruf der Waffenbesitzkarte und die Folgemaßnahmen an. Dazu gehörten auch „verbale Entgleisungen“, wenn sie, wie im Falle des Klägers, im Zusammenhang mit realen Konflikten bei der Scheidung und um das Sorgerecht ein tatsächliches Bedrohungspotenzial besäßen. Der Umstand, dass der Kläger den Betroffenen gegenüber nicht mit dem Gebrauch der in der Waffenbesitzkarte eingetragenen Schusswaffen, sondern mit anderen körperlichen Tortouren gedroht habe, könne den Kläger nicht entlasten und zur Bejahung dessen waffenrechtlicher Zuverlässigkeit und Eignung führen.
- [67]
- Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen bezieht sich die Kammer auf den Inhalt der Gerichtsakte, denen der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten, die Akten des Widerspruchsbehörde sowie diejenigen des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens (Az.: 8 Js 941/09), die insgesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Ende des Dokumentauszugs
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