VG Saarlouis | 1 K 558/15 | 25.02.2016
- Details
- vom Donnerstag, 25. Februar 2016 01:00
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Gericht: | |
Verwaltungsgericht des Saarlandes (VG Saarlouis) | |
Aktenzeichen: | Entscheidungsdatum: |
1 K 558/15 | 25.02.2016 |
Spruchkörper: | Entscheidungsform: |
1. Kammer | Urteil |
ECLI: | |
ECLI:DE:VGSL:2016:0225.1K558.15.0A | |
Normen: | Jur. Bedeutung: |
§ 6 WaffGV-SUCHE, § 6 Abs. 2 WaffGV-SUCHE, § 46 Abs. 1 OWiGV-SUCHE, § 46 Abs. 1 und 2 WaffGV-SUCHE, § 4 Abs. 6 AWaffVV-SUCHE, § 4 Abs. 4 Satz 1 AWaffVV-SUCHE | |
Schlüsselwörter: | Volltext: |
V-SUCHEEignung, Gutachter, Alkohol, Waffenbesitzkarte, Ordnungswidrigkeit, Begutachtung, Erlaubnis, Nichteignung, Gefahr, Kraftfahrzeug | |
Referenz: | Permalink: |
LDJR 2016, 5318 https://lexdejur.de/ldjr5318 | LINK (+/-) |
Zitierweise: | Tipp: |
VG Saarlouis, Urteil vom 25. Februar 2016 - 1 K 558/15 [ECLI:DE:VGSL:2016:0225.1K558.15.0A] - lexdejur VG Saarlouis, Urteil vom 25. Februar 2016 - 1 K 558/15 - lexdejur | ECLI (+/-) |
Entscheidungstext
[ECLI:DE:VGSL:2016:0225.1K558.15.0A]
LDJR 2016, 5318
V o r s p a n n
In dem Verwaltungsrechtsstreit
- Kläger -
g e g e n
Landkreis [...],
- Beklagter -
w e g e n
Waffenrechts (Widerruf von Waffenbesitzkarten)
hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes in Saarlouis [...] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2016 für Recht erkannt:
T e n o r
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
- [1]
- Der Kläger wendet sich mit vorliegender Klage gegen den Widerruf dreier auf ihn ausgestellter Waffenbesitzkarten.
- [2]
- Dem Widerruf war Folgendes vorausgegangen:
- [3]
- Mit Schreiben vom 12.8.2014 hatte der Beklagte – nach vorangegangener Anhörung - dem Kläger aufgegeben, auf seine Kosten bis zum 19.9.2014 ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis über seine persönliche und körperliche Eignung im Sinne des § 6 WaffG vorzulegen. Dies wurde im Wesentlichen wie Folgt begründet:
- [4]
- Die Polizeiinspektion Alt-B-Stadt habe dem Beklagten mit Schreiben vom 15.7.2014 mitgeteilt, dass bei dem Kläger am 24.6.2014 um 3:51 Uhr im Rahmen einer Verkehrskontrolle einer Atemalkoholkonzentration von 1,44 ‰ festgestellt worden sei. Darüber hinaus habe der Kläger schon am 11.1.2012 um 0:50 Uhr in B-Stadt ein Kraftfahrzeug mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,52 mg/l (entspricht 1,04 ‰) geführt. Aufgrund der beiden Verstöße sei davon auszugehen, dass der Kläger regelmäßig Alkohol in größeren Mengen konsumiere. Dies könne auch daran festgemacht werden, dass der Kläger im Rahmen der polizeilichen Maßnahmen trotz 1,44 ‰ kaum Ausfallerscheinungen gezeigt und sehr orientiert gewirkt habe. Auch habe er nur bedingt Einsicht bezüglich seines Fehlverhaltens gezeigt. Nach gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Alkoholforschung sei davon auszugehen, dass Personen mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ und mehr deutlich normabweichende Trinkgewohnheiten hätten und überdurchschnittlich alkoholgewöhnt seien. So litten Personen, die überhaupt eine Blutalkoholkonzentration von fast 1,6 ‰ oder mehr erreichten, regelmäßig an einer dauerhaften, ausgeprägten Alkoholproblematik. Von daher bestünden erhebliche Bedenken bezüglich der persönlichen Eignung des Klägers im Umgang mit Waffen und Munition. Um dies definitiv beurteilen zu können, bedürfe es einer fachlichen Untersuchung und der Vorlage des daraus resultierenden Zeugnisses. Der Kläger werde gebeten, umgehend mitzuteilen, wann und bei welchem Gutachter das Gutachten gefertigt werde. Dieses müsse darüber Auskunft geben, ob der Kläger persönlich geeignet sei, mit Waffen oder Munition umzugehen. Ferner müsse das Gutachten die bei seiner Erstellung angewandte Methode angeben. Zwischen dem Gutachter und dem Kläger dürfe in den letzten 5 Jahren kein Behandlungsverhältnis bestanden haben. Sollte der Kläger sich weigern, sich untersuchen zu lassen, oder sollte das Gutachten aus vom Kläger zu vertretenden Gründen nicht fristgerecht beigebracht werden, dürfe auf die Nichteignung des Klägers geschlossen werden.
- [5]
- Daraufhin wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 13.8.2014 an den Beklagten und teilte mit, dass die Verfahren wegen der in Rede stehenden Alkoholfahrten des Klägers noch nicht rechtskräftig abgeschlossen seien. Es werde um Fristverlängerung zur Rückäußerung bis zum 26.9.2014 gebeten.
- [6]
- Mit Schreiben vom 14.8.2014 teilte der Beklagte daraufhin mit, dass es bei der Beurteilung der persönlichen Eignung gemäß § 6 WaffG im Gegensatz zur Beurteilung der Zuverlässigkeit gemäß § 5 WaffG nicht auf einen rechtskräftigen Abschluss eines Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitsverfahren ankomme. Vielmehr sei für die Beurteilung der körperlichen Eignung allein das Vorliegen von Tatsachen wichtig; diese seien im Falle des Klägers durch die beiden Alkoholfahrten gegeben. Man sei jedoch bereit, die Frist zur Vorlage des Gutachtens bis zum 26.9.2014 zu verlängern.
- [7]
- Unter dem 21.8.2014 machte der Kläger geltend, dass sowohl die Atemalkoholmessung vom 11.1.2012 als auch die Alkoholmessung und die Blutprobe vom 24.6.2014 einem Beweisverwertungsverbot unterlägen und diese somit nicht zur Beurteilung der persönlichen Eignung herangezogen werden dürften.
- [8]
- Von daher gebe es keine Grundlage für die Anordnung der Vorlage eines Gutachtens.
- [9]
- Daraufhin teilte der Beklagte unter dem 25.8.2014 mit, dass im Falle des Klägers ein strafrechtliches Beweiserhebungs- oder Verwertungsverbot nicht festgestellt worden sei. Zudem habe ein strafrechtliches Beweisverwertungsverbot im Verwaltungsrecht keine Bedeutung. Der Sachverhalt an sich sei ausreichend bekannt und gebe Anlass zu Bedenken hinsichtlich der waffenrechtlichen Eignung des Klägers. Aus diesem Grund werde an der Forderung des Gutachtens gemäß § 6 WaffG festgehalten.
- [10]
- Nach weiterem Schriftwechsel sowie der telefonischen Mitteilung des Klägers, dass er sich am 9.9.2014 einem Termin zur Begutachtung bei der TÜV Süd Life Service GmbH unterzogen habe, wurde seitens des Beklagten die Frist zur Vorlage des Gutachtens noch zweimal, letztmals bis zum 17.10.2014, verlängert.
- [11]
- Mit Schreiben vom 3.11.2014 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dass der Kläger das Zeugnis des TÜV Süd über seine geistige und körperliche Eignung nicht vorlegen werde. Das erstellte Zeugnis des TÜV Süd gehe weit über den erforderlichen Inhalt eines solchen Zeugnisses hinaus und enthalte Angaben zu verschiedenen Lebensbereichen des Klägers, die dieser weder preisgeben wolle noch müsse. Im Übrigen habe der Kläger die Besorgnis, dass der Gutachter befangen sei. Sofern der Beklagte daran festhalten wolle, dass ein Zeugnis über die Eignung beizubringen sei, werde darum gebeten, dem Kläger Gelegenheit zu geben ein neues, unabhängiges Gutachten vorzulegen Daraufhin erließ der Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid vom 4.1 1.2014, wonach die vom Beklagten mit Datum vom 17.7.1990 ausgestellte Waffenbesitzkarte mit der Nummer 3228/1/90, die mit Datum vom 10.5.2002 ausgestellte Waffenbesitzkarte mit der Nummer 3228/2/2002 sowie die von der Landeshauptstadt B-Stadt mit Datum vom 17.1.2012 ausgestellte Waffenbesitzkarte mit der Nummer 12.082 widerrufen wurden. Gleichzeitig wurde der Kläger aufgefordert, die entsprechenden Erlaubnisurkunden zurückzugeben und die aufgrund vorbezeichneter Waffenbesitzkarten erworbenen Waffen und Munition bis zum 5.12.2014 an berechtigte Personen zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen sowie einen entsprechenden Nachweis gegenüber der Behörde zu führen. Zur Begründung ist in dem angefochtenen Bescheid im wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte aufgrund der vorstehend dargelegten Umstände zu Recht die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die persönliche und körperliche Eignung des Klägers im Sinne von § 6 WaffG angeordnet habe. Da der Kläger das geforderte Gutachten nicht fristgerecht beigebracht habe, sei der Beklagte berechtigt, gemäß § 4 Abs. 4 Allgemeine Waffengesetz-Verordnung ( AWaffV) auf die Nichteignung des Klägers zu schließen. Aus diesem Grunde seien die ihm erteilten waffenrechtlichen Erlaubnisse zu widerrufen. Die weiteren Anordnungen fänden ihre Rechtsgrundlage in § 46 Abs. 2 und 2 WaffG.
- [12]
- Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 7.11.2014 Widerspruch ein.
- [13]
- Mit Widerspruchsbescheid vom 19.3.2015, zugestellt am 10.4.2015, wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist in dem Bescheid im wesentlichen ausgeführt, dass zur Überzeugung des Kreisrechtsausschusses feststehe, dass der Kläger am 11.1.2012 ein Kraftfahrzeug mit der Atemalkoholkonzentration von 0,52 mg/l (entspricht 1,04 ‰) sowie am 24.6.2014 mit einer Atemalkoholkonzentration von 1,44 ‰ geführt habe. Dass das Ordnungswidrigkeitsverfahren bezüglich des Vorfalls vom 11.1.2012 gemäß § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, sei unerheblich. Wegen der unterschiedlichen Zielrichtungen des Waffenverwaltungsrechts einerseits und des Ordnungswidrigkeiten- bzw. Strafrechts andererseits gehe von der strafrechtlichen Einstellung eines Verfahrens keine Bindungswirkung für die Verwaltungsbehörde aus. Auch das vom Kläger geltend gemachte Beweisverwertungsverbot sei irrelevant.
- [14]
- Ergebnisse von Blutproben seien im der Gefahrenabwehr dienenden Waffen- und Jagdrecht wegen des hochrangigen öffentlichen Interesses der Allgemeinheit am Schutz vor unzuverlässigen und persönlich ungeeigneten Waffenbesitzern und Jägern selbst dann verwertbar, wenn die Blutproben im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a StPO entnommen worden seien. Im Rahmen des Vorfalls vom 24.6.2014 sei darüber hinaus eine weitere Verhaltensauffälligkeit des Klägers zu konstatieren gewesen, und zwar dergestalt, dass der Kläger trotz Alkoholisierung kaum Ausfallerscheinungen gezeigt und sehr orientiert gewirkt sowie darüber hinaus nur bedingt Einsicht bezüglich seines Fehlverhaltens gezeigt habe. Von daher sei zu Recht ein Gutachten zur persönlichen Eignung des Klägers angefordert worden. Auch sei der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Behörde auf die Nichteignung schließen dürfe, wenn der Kläger das geforderte Gutachten aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht fristgerecht beibringe. Trotz mehrmaliger Fristverlängerungen habe der Kläger das angeforderte Gutachten nicht vorgelegt. Unabhängig hiervon lasse sich dem Schriftverkehr mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Bestimmtheit entnehmen, dass ein vom Kläger in Auftrag gegebenes Gutachten zu dem Ergebnis gelangt sei, dass der Kläger im Blick auf den Waffenbesitz persönlich ungeeignet sei. Von daher seien die auf den Kläger ausgestellten Waffenbesitzkarten zu Recht widerrufen worden. Demzufolge sei der Kläger ebenso zu Recht aufgefordert worden, die entsprechenden Erlaubnisurkunden zurückzugeben und die in seinem Besitz befindlichen Waffen und Munition an berechtigte Personen zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen.
- [15]
- Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 10.4.2015 zugestellt.
- [16]
- Am 11.5.2015, einem Montag, hat der Kläger Klage erhoben.
- [17]
- Zur Begründung macht er geltend, dass für die Beurteilung seiner persönlichen Eignung im Sinne des § 6 WaffG weder die Atemalkoholmessung vom 11.1.2012 noch die Blutprobe vom 24.6.2014 herangezogen werden dürften, da beide einem Beweisverwertungsverbot unterlägen. Bei der Atemalkoholmessung vom 11.1.2012 ergebe sich dies daraus, dass der Bediener des Atemalkoholmessgerätes nicht auf dem Ausdruck des Messergebnisses unterschrieben habe. Auf diesem Ausdruck solle der Bediener mit seiner Unterschrift bestätigen, dass er zur Anwendung des Messgerätes befugt sei, dem Probanden das Messverfahren erläutert, die Messung nach der Gebrauchsanweisung durchgeführt und die Anzeige mit dem gedruckten Ergebnis auf Übereinstimmung geprüft worden sei. All das stehe wegen der fehlenden Unterschrift vorliegend nicht fest. Da nicht einmal feststehe, dass die Gebrauchsanweisung eingehalten worden sei und das angezeigte Ergebnis mit dem gedruckten Ergebnis übereinstimme, erscheine die Beweiserhebung willkürlich. Der entsprechende, nicht wirksam zugestellte Bußgeldbescheid sei zwischenzeitlich aufgehoben und das Verfahren nach § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Es bleibe danach allenfalls der Vorwurf einer Trunkenheitsfahrt vom 24.6.2014, bei der eine BAK von 1,44 ‰ festgestellt worden sein solle. Nach Nr. 6.3 WaffVwV sei die Beibringung eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses aber erst dann geboten, wenn bei einem einmaligen Ereignis eine BAK von mindestens 1,6 ‰ festgestellt worden sei. Aber auch der Vorwurf der Trunkenheit im Verkehr wegen des angeblichen Vorfalls vom 24.6.2014 lasse sich im Ergebnis nicht halten. Denn bei der Entnahme der Blutprobe am 24.6.2014 sei gegen den gesetzlichen Richtervorbehalt des § 81a StPO verstoßen worden. Die Anordnung der Blutprobe durch die Polizei sei um 4:30 Uhr erfolgt. Die Blutprobe sei jedoch erst um 5:05 Uhr entnommen worden. Die Entnahme habe sich verzögert, weil kein Arzt zur Verfügung gestanden habe und eine Streifenwagenbesatzung mit dem Kläger zunächst zur Winterbergklinik habe fahren müssen. Ab 6:00 Uhr wäre allerdings der richterliche Bereitschaftsdienst zu erreichen gewesen. Es wäre daher ohne weiteres möglich gewesen, um 6:00 Uhr eine richterliche Entscheidung über die Entnahme der Blutprobe einzuholen. Ein Beweismittelverlust sei dadurch nicht zu befürchten gewesen. Zudem seien weder bei dem Vorfall am 11.1.2012 noch bei demjenigen am 24.6.2014 Verhaltensauffälligkeiten dokumentiert worden.
- [18]
- Der angefochtene Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil die Anordnung, ein Zeugnis über die Eignung vorzulegen, nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Nach § 6 Abs. 2 WaffG könne die Waffenbehörde die Vorlage eines „Zeugnisses“ verlangen. Im Schriftverkehr habe der Beklagte abwechselnd von „Zeugnis“ und „Gutachten“ gesprochen, so dass unklar geblieben sei, was er fordere. „Zeugnis“ und „Gutachten“ seien nicht dasselbe. Im „Gutachten“ werde der gesamte Erhebungsvorgang von der Fragestellung, über die Erläuterung der Methodik der Begutachtung, über die Dokumentation der Befunde bis zum Ergebnis und der Beantwortung der Fragestellung dokumentiert. Im „Zeugnis“ werde nur die Beantwortung der Fragestellung mitgeteilt, ohne darzulegen, wie dieses Ergebnis gefunden worden sei. Das sei qualitativ ein erheblicher Unterschied. Der Gesetzgeber habe in § 6 Abs. 2 WaffG der Waffenbehörde bewusst nur die Möglichkeit der Anordnung zur Beibringung eines „Zeugnisses“ gegeben. Der Kläger habe versucht, ein Zeugnis über seine geistige und körperliche Eignung zu erhalten. Das sei ihm jedoch insofern nicht gelungen, als die Begutachtungsstelle auf dem Deckblatt des von ihr erstellten Gutachtens lediglich den Begriff Gutachten durch Zeugnis ersetzt und im übrigen Inhalt und Umfang unverändert gelassen habe. Dieses Dokument habe weder der Beklagter fordern dürfen, noch der Kläger vorlegen müssen.
- [19]
- Zudem habe der Kläger dem Beklagten mitgeteilt, dass er gegen den Gutachter die Besorgnis der Befangenheit hege. Dies habe der Kläger aus folgenden Tatsachen geschlossen: 1. habe der Gutachter mit dem Beklagten Kontakt aufgenommen, ohne dass dem Kläger der Inhalt der Gespräche bekannt gegeben worden sei. 2. seien Fragen zum Umgang mit Waffen überhaupt nicht gestellt worden, obwohl es bei der Untersuchung doch gerade um die Eignung für den Umgang mit Waffen gegangen sei. 3. habe der Gutachter die Bemerkung fallen lassen: „Ich kenne die Jägerschaft als sehr trinkfreudig“. 4. habe der Gutachter unmittelbar nach dem Gespräch dem Kläger mitgeteilt, dass er ihn für unbeschränkt geeignet halte. Dass das Ergebnis dann anders ausgefallen sei, sei überraschend und nicht nachvollziehbar gewesen. Auf diesen Vortrag sei der Beklagte gar nicht eingegangen. Der Kläger habe daher die Vorlage des Gutachtens zu Recht verweigert.
- [20]
- Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 4.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.3.2015 aufzuheben.
- [21]
- Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
- [22]
- Zur Begründung nimmt er zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid und im Widerspruchsbescheid Bezug. Vertiefend weist er nochmals auf die unterschiedlichen Zielrichtungen des Waffenverwaltungsrechts und des Ordnungswidrigkeiten- bzw. Strafrechts hin. Während im Ordnungswidrigkeiten- bzw. Strafrecht der Grundsatz „in dubio pro reo“ gelte, stehe im Waffenverwaltungsrecht der Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten Waffenbesitzern im Vordergrund. Bedenken an der Geeignetheit eines Waffenbesitzers führten daher im Zweifel - abweichend vom Ordnungswidrigkeiten- bzw. Strafrecht – zum Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse. Daher gehe auch von der Einstellung eines Strafverfahrens keine Bindungswirkung für die Waffenbehörde aus. Im Falle des Klägers seien die Vorfälle vom 11.1.2012 und 24.6.2014 unabhängig von der strafrechtlichen Relevanz waffenrechtlich zu bewerten. Die Tatsache, dass der den Vorfall vom 11.1.2012 betreffende Ausdruck des Messgerätes nicht unterschrieben sei, möge zwar strafrechtlich von Bedeutung sein, lasse aber die Zweifel an der Geeignetheit des Klägers bezüglich des Waffenbesitzes unberührt, zumal das entsprechende Protokollblatt zur Atemalkoholanalyse seitens des Polizeikommissars [...] unterzeichnet sei. Aus Sicht des Beklagten bestehe kein Zweifel, dass der Kläger am 11.1.2012 ein Kraftfahrzeug mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,52 mg/l geführt habe. Des Weiteren sei in Bezug auf die am 24.6.2014 entnommene Blutprobe bisher auch im Strafverfahren kein Beweisverwertungsverbot angenommen worden. Ergebnisse von Blutproben seien in dem der Gefahrenabwehr dienenden Waffen- und Jagdrecht wegen des hochrangigen öffentlichen Interesses der Allgemeinheit zum Schutz vor unzuverlässigen oder persönlich ungeeigneten Waffenbesitzern und Jägern selbst dann verwertbar, wenn Blutproben unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt entnommen worden seien. Die Ausführungen des Klägers zu den Begrifflichkeiten „Zeugnis“ und „Gutachten“ seien ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Im Übrigen sei den Schriftsätzen des Klägers zu entnehmen, dass ein von ihm in Auftrag gegebenes „Gutachten“ bzw. „Zeugnis“ zu dem Ergebnis gelangt sei, dass der Kläger zum Waffenbesitz ungeeignet sei. Auch wenn dieses „Gutachten“ bzw. „Zeugnis“ dem Beklagten nicht vorliege, rechtfertige allein dies den Widerruf der Waffenbesitzkarten des Klägers.
- [23]
- Seit dem 8.5.2015 nimmt der Kläger an einem einjährigen Alkoholabstinenzprogramm teil, im Rahmen dessen er bis zum 7.12.2015 viermal kontrolliert worden ist. Der Kläger selbst trägt insoweit vor, nunmehr seit 7 Monaten abstinent zu leben.
- [24]
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten sowie der Widerspruchsbehörde Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Ende des Dokumentauszugs
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