VG München | 30.04.2014 | Zitat
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- vom Mittwoch, 30. April 2014 03:00
Zitattext
1- [16]
- Die Erteilung einer Waffenbesitzkarte setzt voraus, dass die allgemeinen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 WaffG für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis vorliegen. Dabei ist im zu entscheidenden Fall allein streitig, ob der Kläger ein waffenrechtliches Bedürfnis im Sinne der § 4 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 8, § 19 Abs. 1 WaffG aufgrund einer berufsbedingten Gefährdung nachgewiesen, d.h. glaubhaft gemacht (vgl. § 8 WaffG) hat. Für seine berufsbedingte Gefährdung trägt der Kläger die materielle Beweislast (OVG Lüneburg, U. v. 23. Februar 2010 - 11 LB 234/09 - juris Rn 31; BVerwG, U. v. 18. Dezember 1979 - I C 38.77 - juris Rn 13 u. U. v. 24. Juni 1975 - I C 25.73 - juris Rn 18). Aus der das gesamte Waffengesetz beherrschenden Zielsetzung (§ 1 Abs. 1 WaffG), die Zahl der Waffenbesitz ...
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OVG Lüneburg | 11 LB 234/09 | 23.02.2010
[ECLI:DE:OVGNI:2010:0223.11LB234.09.0A]
LDJR 2010, 2871
V o r s p a n n
In der Verwaltungsrechtssache
- Kläger und Berufungsbeklagten -
g e g e n
Landeshauptstadt [...],
- Beklagte und Berufungsklägerin -
w e g e n
Erteilung eines Waffenscheins
hier: Rücknahme einer Waffenbesitzkarte
hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 11. Senat - auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2010 [...] für Recht erkannt:
T e n o r
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 10. Kammer - vom 12. November 2007 geändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2006 wird aufgehoben, soweit die Beklagte die dem Kläger am 13. April 1988 erteilte Waffenbesitzkarte mit eingetragener Berechtigung zum Munitionserwerb zurückgenommen sowie den Kläger zur Rückgabe seiner Waffenbesitzkarte und weiterhin aufgefordert hat, die beiden auf der Waffenbesitzkarte eingetragenen Schusswaffen unbrauchbar machen zu lassen oder einem Berechtigten zu überlassen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in jeweils derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
- [1]
- Der 1943 geborene Kläger betreibt als geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH ein Uhren-, Schmuck- und Antiquitätengeschäft in zentraler Innenstadtlage von [D...] und begehrt von der Beklagten die Erteilung eines Waffenscheins sowie den Fortbestand der ihm in der Vergangenheit erteilten Waffenbesitzkarte; zwischen den Beteiligten ist dabei vorrangig die Frage umstritten, ob der Kläger berufsbedingt über das jeweils waffenrechtlich erforderliche Bedürfnis verfügt.
- [2]
- Der Kläger beantragte erstmals 1987 die Erteilung einer Waffenbesitzkarte und eines Waffenscheins. Er berief sich auf eine berufsbedingte Gefährdung. Er bereise mit seiner Kollektion das Bundesgebiet und führe dabei Schmuck in Millionenhöhe mit sich. Nach Ablegung einer Sachkundeprüfung erteilte die damals zuständige Polizeidirektion [D...] dem Kläger am 13. April 1988 eine Waffenbesitzkarte, eine in die Waffenbesitzkarte eingetragene Munitionserwerbsberechtigung sowie einen Waffenschein mit der sog. Auflage: "Die Waffe darf nur zum Zweck des Transports von Schmuckwaren im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit geführt werden". Der Waffenschein wurde unter Bezugnahme auf eine fortbestehende Gefährdung des Klägers nachfolgend jeweils verlängert, zuletzt im September 2001 bis zum 14. September 2004. Ob der Geltungsbereich des Waffenscheins auch weiterhin gegenständlich beschränkt bzw. mit einer "Auflage" eingeschränkt gewesen ist, lässt sich den Verwaltungsvorgängen nicht entnehmen.
- [3]
- (Spätestens) Am 1. Dezember 2004 stellte der Kläger einen weiteren Verlängerungsantrag, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärte der Kläger insoweit auf Nachfrage ergänzend, dass der Erteilung keine gesundheitlichen Hindernisse entgegenstünden. Wegen laufender Ermittlungsverfahren, u. a. wegen Beleidigung und Volksverhetzung, entschied die nunmehr zuständige Beklagte über den Antrag zunächst nicht. Die Verfahren wurden später gemäß § 153 a Abs. 2 StPO bzw. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Beklagte holte Stellungnahmen des Landeskriminalamts Niedersachsen, der Polizeiinspektion [D...] sowie der (Diebstahls-)Versicherung des Klägers ein.
- [4]
- Mit Bescheid vom 11. Januar 2006 lehnte die Beklagte die Verlängerung des Waffenscheins ab. Zugleich nahm sie die Waffenbesitzkarte mit eingetragener Berechtigung zum Munitionserwerb zurück und forderte den Kläger zur Rückgabe der Waffenbesitzkarte sowie des Waffenscheins und zur Unbrauchbarmachung bzw. Überlassung an einen Berechtigten hinsichtlich der Schusswaffen auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass dem Kläger das erforderliche Bedürfnis zum Führen einer Schusswaffe fehle. So habe er selbst nicht vorgetragen, in der Vergangenheit einer besonderen Gefährdungssituation ausgesetzt gewesen zu sein. Das Landeskriminalamt Niedersachsen habe in seiner Stellungnahme vom 19. Mai 2005 gleichfalls weder eine aktuelle individuelle Gefährdungslage beim Kläger noch allgemein in letzter Zeit Überfälle auf bzw. Gewalttaten gegen Schmuckhändler/transporteure erkennen können. Im Übrigen sei es dem Kläger jedenfalls zumutbar, bei größeren Aufträgen die Dienste eines bewaffneten Unternehmens in Anspruch zu nehmen. Da sich die Gefährdungslage des Klägers auch in der Vergangenheit nicht anders dargestellt habe, bereits 1988 aber eine besondere Gefährdung auch für die Erteilung einer Waffenbesitzkarte erforderlich gewesen sei, sei darüber hinaus auch diese Waffenbesitzkarte zurückzunehmen.
- [5]
- Der Kläger hat gegen den am 18. Januar 2006 zugestellten Bescheid am 1. März 2006 den Verwaltungsrechtsweg beschritten und Wiedereinsetzung in die versäumte Klagebegründungsfrist beantragt. In der Sache ist vorgetragen worden, dass das klägerische Unternehmen sich nicht auf das Ladengeschäft mit Versandhandel beschränke. Hinzu komme als zweites Standbein der Besuch von Fachmessen mit Verkaufscharakter im gesamten Bundesgebiet. Außerdem gehöre zur Kundenbetreuung auch die Bearbeitung von Waren durch heimische Goldschmiede und Uhrmacher. Zu diesem Zweck würden Schmuck und Uhren vom Ladengeschäft des Klägers zu den Handwerksbetrieben in [D...] und Umgebung transportiert. Zu den Messebesuchen ist vorgetragen worden, dass der Kläger und seine Ehefrau im Jahr 2003 an 22 Terminen, im Folgejahr an 23 Terminen und im Jahr 2005 an 15 Terminen Messen in mehreren Großstädten des Bundesgebiets besucht hätten, und zwar u. a. in Berlin, München, Stuttgart, Hamburg, Köln und Düsseldorf. Ihre Versicherung verlange, dass der Transport höherwertiger Waren durch zwei bewaffnete Personen erfolge bzw. begleitet werde. Mit dem Auslaufen des Waffenscheins seien ab 2005 die Reise- und Ausstellungstätigkeit eingestellt worden und in Folge dessen ein entsprechender Umsatzrückgang eingetreten. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen für die Erteilung eines Waffenscheins, insbesondere sei er erheblich mehr als die Allgemeinheit gefährdet. Insoweit seien ergänzend die Besonderheiten seiner Berufstätigkeit herauszustellen. Er handele in erster Linie sowohl mit gebrauchtem als auch mit antiquarischem Schmuck und Uhren. Er sei deshalb darauf angewiesen, seine Waren bei Kundenbesuchen oder auf Messen zu erwerben. Er unternehme zusammen mit seiner Ehefrau, aber auch jeweils getrennt Kunden- und Messebesuche, bei denen wertvolle Kollektionen mitgeführt würden. Zudem seien in der Branche Barzahlungen auch größerer Beträge üblich. Unter diesen Voraussetzungen sei in der bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass bei lebensnaher Betrachtung eine besondere Gefährdung gegeben sei, die die Erteilung eines Waffenscheins rechtfertige. Der Erwerb einer Schusswaffe sei auch geeignet und erforderlich, um eine Gefährdung des Klägers zu mindern. Eine Umorganisation des betrieblichen Ablaufes dürfe von ihm nicht verlangt werden; andernfalls würden die Grenzen der Zumutbarkeit überschritten. Soweit eine erfolgreiche Gegenwehr gegenüber einem überraschenden Angriff eine besondere Ausbildung im Verteidigungsschießen voraussetze, sei der Kläger bereit, an entsprechenden Maßnahmen teilzunehmen. Auf Nachfrage des Verwaltungsgerichts hat der Kläger in erster Instanz Kostenvoranschläge von Sicherheitsunternehmen sowie nach Angaben des Klägers eine weitere Zusammenstellung anhand der Kassenbücher für die Geschäftsjahre 2003 und 2004 vorgelegt; wegen der Einzelheiten wird auf diese Unterlagen Bezug genommen. Danach seien für eine zweitägige Messebesuchsbegleitung durch zwei bewaffneten Personen mindestens 2.000,-- € notwendig; dieser Aufwand sei unzumutbar.
- [6]
- Der Kläger hat beantragt, unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 11. Januar 2006 die Beklagte zu verpflichten, seinem Antrag auf Verlängerung seines Waffenscheins zu entsprechen und bezüglich der Waffenbesitzkarte mit Munitionsberechtigung den Bescheid aufzuheben.
- [7]
- Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
- [8]
- Die Klage sei unzulässig, nämlich verfristet, und unbegründet. Insbesondere mangele es dem Kläger an dem erforderlichen waffenrechtlichen Bedürfnis. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe, die nach allgemeiner Lebenserfahrung im erhöhten Maß der Gefahr von Überfällen ausgesetzt sei, müsse bei der Beurteilung des Bedürfnisses berücksichtigt werden, sei aber nicht allein ausschlaggebend. Eine demnach erforderliche individuell besonders hohe Gefährdung gerade für den Kläger sei jedoch auch für die zuständigen Polizeidienststellen nicht erkennbar. Zudem sei im Falle des Klägers eine eigene Waffe zur Minderung einer etwaigen Gefährdung jedenfalls nicht erforderlich und geeignet. Dem Kläger sei es grundsätzlich zuzumuten, mit dem Transport wertvoller Waren ein darauf spezialisiertes bewaffnetes Unternehmen zu beauftragen. Um den Anforderungen seiner Versicherung zu genügen, müsse er ohnehin eine weitere bewaffnete Person hinzuziehen, wenn er mit seiner Kollektion allein reise - wie er es nach seinem Vortrag jedenfalls in der Vergangenheit getan habe. Zudem sei davon auszugehen, dass der Kläger mutmaßlich in einer von ihm nicht vorhersehbaren Situation überfallen werde und dass die Schusswaffe zu einer sachgerechten Verteidigung durch den Kläger dann ohnehin ungeeignet sei. Die vom Kläger zu seiner bzw. der wirtschaftlichen Situation der GmbH vorgelegten Unterlagen seien unzureichend und unplausibel. Wenn der Kläger - wie von ihm angegeben - auf den Messen regelmäßig Waren im Wert von sechsbis siebenstelligen Eurobeträgen mit sich führe, so müssten die dort verkaufsbedingt erzielten Gewinne höher als von dem Kläger angegeben liegen.
- [9]
- Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat - insoweit für den Senat nach § 60 Abs. 5 VwGO bindend - Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist gewährt und die Klage danach als zulässig und auch begründet angesehen. Der Kläger habe einen Anspruch auf Erteilung eines Waffenscheins. Da die anderen Voraussetzungen des § 4 WaffG zwischen den Beteiligten nicht streitig seien, hat das Verwaltungsgericht insoweit nur das Vorliegen eines Bedürfnisses im Sinne des § 8 WaffG geprüft und bejaht. Für den Kläger bestehe berufsbedingt allerdings nur in bestimmten Situationen die erforderliche erhöhte Gefahr, und zwar lediglich für eine Reisetätigkeit zu Messen und Ausstellungen. Solche öffentlichen Termine würden vorher angekündigt und damit auch potentiellen Straftätern bekannt. Um einen Überfall im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen erfolgreich abwehren zu können, sei eine Schusswaffe in zahlreichen, wenn auch nicht in allen Situationen geeignet. Eine mildere, zumutbare Möglichkeit zur effektiven Verteidigung bestünde nicht. Insbesondere könne der Kläger nicht auf die Inanspruchnahme eines bewaffneten Begleitschutzes auf den Fahrten zu den und von den Messen verwiesen werden. Die Kosten dafür seien unverhältnismäßig hoch. Bei der Übergabe an ein gesondertes Transportunternehmen stünde ihm die Ware für einen längeren Zeitraum, etwa für Kundenbesuche anlässlich von Messen, nicht zur Verfügung. Da beim Kläger nicht nur aktuell, sondern in gleicher Weise bereits seit 1988 ein Bedarf für einen Waffenbesitz bestünde, sei außerdem die Rücknahme der Waffenbesitzkarte rechtswidrig. Deshalb sei der Kläger auch nicht verpflichtet, den an die genannten Regelungen anknüpfenden Rückgabeaufforderungen der Beklagten nachzukommen.
- [10]
- Auf den Antrag der Beklagten hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 20. April 2009, der Beklagten zugestellt am 24. April 2009, zugelassen. Die Beklagte hat die Berufung am 25. Mai 2009, einem Montag, begründet. Sie hält an ihrer Ansicht fest, dass dem Kläger das erforderliche waffenrechtliche Bedürfnis fehle. Der vom Verwaltungsgericht herangezogene Vergleich zu (ausschließlich) reisenden Juwelengroßhändlern und Schmuckvertretern sei vorliegend nicht einschlägig. Denn der Kläger bzw. seine GmbH erziele nach den von ihm auszugsweise vorgelegten Unterlagen nur ein Fünftel seines Umsatzes bzw. Gewinns mit einer (Reise-)Tätigkeit auf Messen. Im Übrigen sei mangels konkreter Angaben auch nicht verlässlich festzustellen, dass der Einsatz einer Schusswaffe bei einem möglichen Überfall zu Verteidigungszwecken geeignet wäre. Bei der naheliegenden Annahme, dass der Kläger Reisen von seinem Ladengeschäft in [D...] aus antrete, wäre der Einsatz einer Schusswaffe wegen der Innenstadtlage und der damit regelmäßig verbundenen Gefahr für Dritte schon kein geeignetes Verteidigungsmittel. Im Übrigen bleibe nach wie vor unklar, woran außen stehende Dritte erkennen sollten, dass der Kläger mit einem größeren Warenwert eine Reise antrete bzw. sich auf einer solchen Reise zum Messeort oder von dort zurück befinde. Bei der Ankunft am Messeort käme jedenfalls die Einschaltung eines Sicherheitsdienstes für die Begleitung auf den Wegen zwischen Fahrzug und Veranstaltungsort in Betracht, soweit der Veranstalter nicht über eigene Sicherheitsvorkehrungen verfüge. Die behaupteten Kundenbesuche im Zusammenhang mit Messen seien schließlich "nach wie vor durch nichts nachgewiesen". Gleiches gelte für den unverändert lediglich pauschal behaupteten Wert der auf Messen mitgeführten Waren von bis zu einer Million Euro. Auf Nachfrage des Senats hat die Beklagte in der Anlage zum Schreiben vom 26. Januar 2010 aktuelle Auskünfte zur Zuverlässigkeitsprüfung gemäß § 5 Abs. 5 WaffG vorgelegt sowie eine Stellungnahme der Polizeidirektion [D...] vom 13. Januar 2010; wegen der Einzelheiten wird auf diese Anlagen Bezug genommen.
- [11]
- Die Beklagte beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 10. Kammer - vom 12. November 2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.
- [12]
- Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
- [13]
- Der Kläger meint, dass die Beklagte die Anforderungen an die Darlegung des waffenrechtlichen Bedürfnisses überstrapaziere. Eine Reise zu einer Messe oder zu Kundenbesuchen werde üblicherweise entweder vom privaten Wohnsitz oder vom Ladenlokal aus angetreten, etwa in der Tiefgarage im Wohnhaus oder in der Tiefgarage, die zum Ladengeschäft gehöre. Dort, aber auch in Tiefgaragen der Parkhäuser, die zu den Ausstellungsgebäuden gehörten, könne ein Überfall ebenso wie während der Fahrt oder bei einer erforderlichen Rast erfolgen. Sicherheitspersonal sei an den Veranstaltungsorten üblicherweise nicht vorhanden. Es sei richtig, dass der Kläger und seine Ehefrau in früheren Jahren auch getrennte Reisen ohne Waffen durchgeführt hätten. Im Hinblick auf gestiegene Warenwerte und das steigende Kriminalitätsrisiko sei das heute aber nicht mehr möglich und zumutbar. Auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger angegeben, sich nicht mehr genau daran erinnern zu können, ob er auch nach dem 14. September 2004 noch eine Waffe bei seinen Messebesuchen mitgeführt habe. Hinsichtlich der allgemeinen Gefährdung von Juwelieren verweist der Kläger auf Anlagen zu seinen Schriftsätzen. Allein im Raum Hannover seien danach zwischen 2002 und 2006 zehn Überfälle zu verzeichnen gewesen. Er selbst sei lediglich deshalb nicht überfallen worden, weil bekannt sei, dass er im Besitz einer Schusswaffe sei, und diese Tatsache abschreckend wirke. Außerhalb seines Ladenlokals, das technisch bereits bestmöglich gegen Überfälle geschützt sei, liege das Gefährdungspotential im Rahmen einer Reisetätigkeit noch erheblich höher. Auf weitere Nachfrage des Senats hat der Kläger ergänzend angegeben, dass die Erteilung waffenrechtlicher Erlaubnisse auch in der Vergangenheit an die Berufsausübung der beiden Kläger gebunden gewesen und eine Berechtigung zum Führen von Waffen auch im Privatbereich nicht beantragt worden sei. Die waffenrechtlichen Erlaubnisse könnten daher mit einer einschränkenden Nebenbestimmung versehen werden. Von sich aus wolle der Kläger allerdings keine inhaltliche Beschränkung vornehmen. An der Teilnahme eines Lehrgangs zum verteidigungsgerechten Schießen im Bundesgebiet sieht sich der Kläger durch die Regelung der §§ 22 und 23 AWaffV gehindert. Ungeachtet dessen habe er allerdings in der Vergangenheit in den USA an Übungsveranstaltungen zur Handhabung einer Schusswaffe in einer Konfliktsituation und zum verteidigungsgemäßen Einsatz teilgenommen. Bescheinigungen würden darüber nicht ausgestellt. Der Kläger habe im Übrigen bereits in der Vergangenheit, nämlich bei drei von ihm im Einzelnen geschilderten Überfallsituationen, auch tatsächlich seine Fähigkeit zum sachgerechten Umgang mit einer Schusswaffe unter Beweis gestellt. Die erforderliche Haftpflichtversicherung liege vor. Weiterhin ist auf Nachfrage des Senats vorgetragen worden, dass während der Teilnahme an Messen selbst keine Waffen getragen worden seien und deshalb auch keine Ausnahmegenehmigung gemäß § 42 WaffG beantragt worden sei. In der Vergangenheit sei die Waffe vielmehr auf der Anreise zum Veranstaltungsort am Körper getragen und danach entweder im Hotel- oder im Veranstaltersafe deponiert worden. Auf der eigentlichen Messe bestehe kaum eine Überfallgefahr. Ein großer Anteil an Überfällen passiere vielmehr in den Geschäftsräumen selbst oder beim Be- bzw. Entladen des Fahrzeugs. So würden Händler neuerdings auch auf ihren Hin- und Rückfahrten von Veranstaltungen und Geschäftsbesuchen auf über hunderten von Kilometern verfolgt, um bei passender Gelegenheit überfallen zu werden.
- [14]
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Parallelverfahren der Ehefrau des Klägers (11 LB 233/09) sowie die jeweiligen Beiakten Bezug genommen.
»ENDE DES DOKUMENTAUSZUGS«