VG Ansbach | 17.01.2013 | Zitat
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- vom Donnerstag, 17. Januar 2013 02:00
Zitattext
1- [43]
- Soweit das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 10. Oktober 2012, Az. B 1 S 12.648, juris-RdNr. 24, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren - ausdrücklich unter Zurückstellung von ursprünglichen Bedenken - die Auffassung vertritt, die bl ...
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VG Bayreuth | B 1 S 12.648 | 10.10.2012
[ECLI:DE:VGBAYRE:2012:1010.B1S12.648.0A]
LDJR 2012, 1748
V o r s p a n n
In der Verwaltungsstreitsache
- Antragsteller -
g e g e n
Freistaat Bayern [...],
- Antragsgegner -
w e g e n
Waffenrechts (Widerruf von Waffenbesitzkarten)
hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth, 1. Kammer, [...] ohne mündliche Verhandlung am 10. Oktober 2012 folgenden Beschluss:
T e n o r
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 3.625,00 EUR festgesetzt.
T a t b e s t a n d
I.
- [1]
- Dem am [...] geborenen Antragsteller wurde auf seinen Antrag am 26.09.2011 eine Waffenbesitzkarte als Sportschütze erteilt (Bl. 10 ff. d. Behördenakte).
- [2]
- Mit Rundschreiben vom 28.10.2011 nebst Anlagen (Bl. 30 ff. d. Behördenakte) forderte die Regierung von Oberfranken die Waffenbehörden auf, bei Mitgliedern von sog. „[...]“ ([...]) Verfahren zur Aufhebung waffenrechtlicher Erlaubnisse einzuleiten bzw. beantragte Erlaubnisse nicht zu erteilen. Hintergrund waren polizeiliche Erkenntnisse aufgrund eingeleiteter Recherchen, nachdem am 17.03.2010 ein rheinlandpfälzischer Polizeibeamter von einem Mitglied der „Hells Angels“ erschossen worden war. Der Täter hatte die verwendete großkalibrige Schusswaffe legal als Sportschütze besessen. Mit weiterem Schreiben vom 13.12.2011 bat die Regierung von Oberfranken das Landratsamt Bamberg um den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis des Antragstellers. Beigefügt war ein Schreiben der KPI (Z) Oberfranken vom 23.11.2011. In diesem wird dargelegt, dass der Antragsteller nach polizeilichen Erkenntnissen Angehöriger der Führungsebene des „[...]“ sei. Dieser gehöre zwar nicht zu den „großen 1%er-Clubs“, unterstütze aber nach vorliegenden operativen Informationen den „Gremium MC Bamberg“ bei der Verteidigung seines Gebietsanspruchs im Raum Bamberg. Zuletzt sei polizeilich ein versuchtes Tötungsdelikt zum Nachteil eines Angehörigen des „Bandidos MC“, begangen durch ein anderes Mitglied des „[...] MC“ am 20.08.2011 in Bamberg bekannt geworden, mit dem der Antragsteller selbst aber offenbar nichts zu tun habe.
- [3]
- In der Folge angestellte Ermittlungen des Landratsamts Bamberg erbrachten keine anderweitigen nachteiligen Erkenntnisse hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Antragstellers.
- [4]
- Anlässlich einer Vorsprache am 29.03.2012 zwecks Eintragung zweier Langwaffen in die Waffenbesitzkarte wies das Landratsamt den Antragsteller auf das eingeleitete Widerrufsverfahren wegen seiner Zugehörigkeit zum Motorradclub „[...]“ hin (Aktenvermerk Bl. 64 d. Behördenakte). Dieser zeigte sich vom Vorwurf überrascht. Er gab an, dass er seit etwa 2½ Jahren bei den „[...]“ nicht mehr mitmachen würde. Er betreibe seitdem den Schießsport als Hobby und fahre nicht mehr mit den „[...]“. Dafür habe er auch keine Zeit mehr.
- [5]
- Eine Verbindung der „[...]“ zu den „richtigen“ Motorradclubs wies er ohnehin von sich. Die „[...]“ seien mehr ein Verein „gesetzter Herrschaften“ (was der Antragsteller auf das Alter der Mitglieder bezog), die mittlerweile Familien gegründet hätten und mit der „Rockerszene“, wie sie in den Medien vorkomme, nichts gemein hätten. Bezüglich seiner „NichtmehrMitgliedschaft“ bei den [...] werde er sich überlegen, wie er einen diesbezüglichen Nachweis führen könne.
- [6]
- Mit Schreiben vom 24.04.2012 (Bl. 69 f. d. Behördenakte) hörte das Landratsamt Bamberg den Antragsteller zum beabsichtigten Widerruf seiner Waffenbesitzkarten an.
- [7]
- Mit Telefax vom 21.05.2012 zeigte der Bevollmächtigte des Antragstellers unter Vorlage einer Vollmacht dessen Vertretung an und trat dem beabsichtigten Widerruf unter Hinweis auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 14.06.2011 entgegen. Der Antragsteller sei schon seit sieben Jahren Mitglied im Motorradclub, damit bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der Waffenbesitzkarten. Es sei davon auszugehen, dass dem Landratsamt diese Umstände bei Erteilung der Waffenbesitzkarten bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen. Nachträgliche Kenntnis im Sinne von § 45 Abs. 1 WaffG liege somit nicht vor, so dass auch kein Raum für einen Widerruf sei. Es sei unrichtig, dass der Antragsteller der Führungsebene der „******“ angehöre. Er sei lediglich bis etwa Dezember 2010 für ein Intervall im Rahmen der Vorstandschaft tätig gewesen. Seit Januar 2011 sei er einfaches Vereinsmitglied und im Moment eher „passives Mitglied“, da er derzeit wegen privater Verpflichtungen gar nicht so viel Zeit für den Verein habe. Vor allem aber könne dem Antragsteller aus den angesprochenen pauschalen Gründen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht abgesprochen werden. Dies wäre nur möglich, wenn entsprechende Tatsachen (bloße Vermutungen reichten nicht) von erheblichem Gewicht die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigten. Solche Tatsachen fänden sich im Anhörungsschreiben nicht, das sogar von falschen „Tatsachen“ ausgehe, nachdem der Mandant seit längerem nicht mehr zur Führungsebene des Motorradclubs gehöre. Darüber hinaus habe sich dieser bislang strafrechtlich noch überhaupt nichts zu schulden kommen lassen und sei in der Vergangenheit diesbezüglich in keinster Weise auffällig gewesen. Beim Motorradclub "[...]" handle es sich nicht um einen verbotenen Verein. Über die bloße Vereinsmitgliedschaft hinaus lägen keinerlei Tatsachen vor, die die erforderliche Unzuverlässigkeit rechtfertigen könnten. Insbesondere sei es nach Kenntnis des Mandanten so, dass sich der "[...]" aus Angelegenheiten oder Konflikten anderer Clubs, so es sie denn überhaupt gebe, tunlichst heraus halte. Der "[...]" sei ein sehr kleiner Club mit derzeit nur rund 20 aktiven Mitgliedern. Dabei handle es sich eigentlich um ganz normale Männer, die Familien und Kinder hätten, einer regelmäßigen Arbeit nachgingen, derzeit ein Haus bauten etc. Die pauschale Kriminalisierung aus dem Anhörungsschreiben müssten sich die Mitglieder des "[...]" sicherlich nicht gefallen lassen. Insbesondere lägen keinerlei konkrete Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, dass aus dem Mitgliederkreis des "[...]" heraus regelmäßig oder üblicherweise Straftaten unter Verwendung von Waffen begangen würden. Auch der Mandant habe mit derartigem nichts im Sinne, so dass weder Tatsachen vorlägen, die die Annahme rechtfertigten, dass er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden würde, noch, dass er Waffen oder Munition an Personen überlassen werde, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt seien. Im Fall des Verwaltungsgerichts Regensburg sei sogar der Präsident der örtlichen „Bandidos“ betroffen gewesen, also tatsächlich ein Mitglied einer OMCG in herausgehobener Position. Selbst im dortigen Fall habe das Verwaltungsgericht entschieden, dass die bloße Mitgliedschaft oder Präsidentschaft nicht die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigen könne. Im Falle des Mandanten müsse dies also umso mehr gelten.
- [8]
- Mit Bescheid vom 12.07.2012 widerrief das Landratsamt Bamberg unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die dem Kläger erteilten Waffenbesitzkarten. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
- [9]
- Gegen diesen Bescheid erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 31.07.2012 Klage (Az. B 1 K 12.647). Mit weiterem Schriftsatz vom 31.07.2012, am Verwaltungsgericht Bayreuth zunächst per Telefax eingegangen am selben Tag, beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamts Bamberg vom 12.07.2012 wiederherzustellen.
- [10]
- Zur Begründung des Antrags machte der Bevollmächtigte des Antragstellers neben der Darstellung des Sachverhalts im Wesentlichen geltend, der "[...]" weise gerade nicht die vom Landratsamt angesprochene streng hierarchische Organisationsstruktur einer OMCG auf. Es gebe insbesondere keinen „President“ mit voller Autorität und Befehlsgewalt gegenüber den anderen Mitgliedern. Ebenso wenig gebe es einen Waffenwart („Sergeant at Arms“) oder sonstige, ähnlich martialisch klingende, Ämter oder Funktionen. Die Mitglieder des "[...]" sähen sich gerade nicht als „verschworene Gemeinschaft“ und außerhalb der gesellschaftlichen Ordnung stehend an. Ebenso wenig gebe es einen „Ehrenkodex“, bei dem unbedingte Loyalität gegenüber dem Club hervorgehobene Bedeutung zukomme oder eine streng hierarchische Führungsstruktur mit strenger Gefolgschaft gegenüber den Vorgaben der Clubführung und striktem Befehl und Gehorsam. Der [...] sei vielmehr ein ganz „normaler“ Club mit einem vierköpfigen Vorstand, der gemeinsam die Geschicke des Clubs lenke. Diese vier Vorstände würden turnusmäßig von den Clubmitgliedern gewählt. Für einen Turnus im Jahr 2010 sei der Antragsteller im Rahmen des Vorstands für den "[...]" tätig gewesen. Seit Januar 2011 sei der Antragsteller allerdings wieder nur einfaches Vereinsmitglied. Derzeit sehe sich der Antragsteller eher als „passives“ Mitglied, da er wegen vor allem privater Verpflichtungen nicht mehr so viel Zeit für den Verein habe und deshalb auch nur ab und an und nicht regelmäßig an Veranstaltungen des Vereins teilnehme. Bislang sei der Antragsteller in keinster Weise in irgendeiner Form strafrechtlich in Erscheinung getreten oder auffällig geworden.
- [11]
- In Bezug auf den Antragsteller lägen in der Vergangenheit oder konkret keinerlei Auffälligkeiten oder konkrete Tatsachen vor, welche die Annahme rechtfertigen könnten, dass er seine Waffen oder Munition hierzu missbräuchlich oder leichtfertig verwenden bzw. an Dritte überlassen könnte. Beim "[...]" handle es sich weder um eine kriminelle Vereinigung noch um einen in irgendeiner Art und Weise verbotenen Verein.
- [12]
- Diesbezügliche Anhaltspunkte fänden sich im Übrigen auch nicht in den im angefochtenen Bescheid zitierten Passagen aus den Bayerischen Verfassungsschutzberichten 2009-2011.
- [13]
- Ebenso wenig sei der "[...]" eine OMCG. Auch die Mitglieder des [...] sähen sich nicht als Mitglieder einer OMCG. Diesbezüglich lägen auch keinerlei Anhaltspunkte vor. Schließlich bestehe keine „Kooperation“ oder sonstige Zusammenarbeit mit einem der größeren Motorradclubs, insbesondere auch nicht mit dem „Gremium MC“. Dem Verein selbst und der Vereinsführung des "[...]" gehe es deshalb auch nicht darum, den „Gremium MC“ irgendwie bei der Verteidigung vermeintlicher Gebietsansprüche zu unterstützen. Der "[...]" halte sich vielmehr aus Konflikten anderer Vereine, so es sie denn überhaupt gebe, tunlichst heraus.
- [14]
- Es existiere also kein irgendwie von der Vereinsführung gebilligter oder vorgegebener Kurs dahingehend, die vermeintlichen Gebietsansprüche anderer Vereine – notfalls mit Gewalt – zu verteidigen. Erst recht verfolge der Antragsteller selbst keine entsprechende Gesinnung und sei in der so inkriminierten Weise in der Vergangenheit auch noch nie auffällig geworden. Im angefochtenen Bescheid tätige das Landratsamt seitenlange Ausführungen zu den Strukturen von „Rockergruppen“, insbesondere von sog. OMCGs. Die eigentliche Begründung für die nun angeblich nicht mehr vorliegende Zuverlässigkeit des Antragstellers im waffenrechtlichen Sinne erschöpfe sich dann allerdings darin, dass der Antragsteller Mitglied des "[...]" sei und dieser aufgrund einer angeblich bestehenden Kooperation mit dem „Gremium MC“ ebenfalls zur Gruppe der OMCGs zu rechnen sei, also einem Milieu, in dem üblicherweise Straftaten begangen würden. Der "[...]" werde seitens des Landratsamts also pauschal zu einer OMCG erklärt. Aufgrund seiner Mitgliedschaft werde dem Antragsteller deswegen ebenso pauschal die waffenrechtliche Zuverlässigkeit einfach abgesprochen. Eine diese Zuverlässigkeit negativ bewertende Entscheidung lasse sich auf entsprechend prognostizierende Tatbestände allerdings nur dann stützen, wenn entsprechende Tatsachen von erheblichem Gewicht die Annahme der Unzuverlässigkeit des Betroffenen rechtfertigten; bloße Vermutungen reichten in diesem Zusammenhang nicht aus. Soweit in dem Bescheid pauschal die Strukturen der Rockerszene oder von OMCGs dargelegt und erklärt werden, liege in diesem Zusammenhang keinerlei Bezug zum "[...]" oder zum Antragsteller vor. Der [...] habe gerade nicht die vom Landratsamt inkriminierten Strukturen.
- [15]
- Ebenso wenig stelle er eine OMCG dar oder werde so geführt. Die im angefochtenen Bescheid zitierten Verfassungsschutzberichte ließen ebenfalls keinerlei Zusammenhang mit der Person des Antragstellers oder einer Zugehörigkeit des "[...]" zur Gruppe der OMCGs bzw. die Involvierung des "[...]" in den Bereich der organisierten Kriminalität oder generell das kriminelle Milieu erkennen. Es lägen keinerlei konkrete Hinweise auf eine gerade vom "[...]" ausgehende Gefährlichkeit vor oder darauf, dass dieser in irgendeiner Art und Weise nunmehr dem kriminellen Milieu zugerechnet werden müsse. Der "[...]" könne nicht einfach pauschal mit anderen großen Motorradclubs verglichen werden, erst recht nicht mit einer OMCG. Soweit das Landratsamt auf eine Auseinandersetzung zwischen einem Angehörigen des [...] und einem Mitglied der „Bandidos“ abstelle, so handle es sich hier um eine Auseinandersetzung zweier Einzelpersonen, die offensichtlich ein Problem miteinander gehabt hätten. Keinesfalls könne diese Auseinandersetzung allerdings in einen angeblichen Kontext einer ohnehin nicht bestehenden „Clublinie“ des "[...]" gesetzt werden, insbesondere existiere kein irgendwie von der Vereinsführung gebilligter oder vorgegebener Kurs dahingehend, vermeintliche Gebietsansprüche des „Gremium MC“ zu verteidigen (wird weiter vertieft). Unter weiteren Darlegungen und Hinweisen auf Rechtsprechung wird abschließend betont, dass die im angefochtenen Bescheid dargelegten pauschalen Gründe eine die Unzuverlässigkeit rechtfertigende Prognose in Bezug auf die Person des Antragstellers nicht im Mindesten begründen könnten.
- [16]
- Der Vorsitzende wies den Antragsgegner mit Schreiben vom 24.05.2012 auf Bedenken dahingehend hin, ob die bloße Mitgliedschaft in einer Vereinigung ohne zusätzliche personenbezogene Tatsachen die Annahme der Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG rechtfertigen könne.
- [17]
- Die Regierung von Oberfranken teilte mit Schreiben vom 06.08.2012 die Übernahme der Prozessvertretung mit. Mit weiterem Schreiben vom 08.08.2012 übermittelte sie unter Beifügung einer Stellungnahme des Sachgebiets 10 die Behördenakte und beantragte, den Antrag abzulehnen.
- [18]
- Zur Sache wurde in der Stellungnahme der Regierung von Oberfranken insbesondere betont, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko solle nur bei Personen hingenommen werden, die Vertrauen darin verdienten, dass sie jederzeit und in jeder Hinsicht mit Schusswaffen ordnungsgemäß umgehen. Die Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit sei eine zukunftsbezogene Bewertung, aller erheblichen Tatsachen, aus der sich die begründete Besorgnis für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Schusswaffen und Munition ergeben könne. Für eine Prognoseentscheidung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG genüge ein rationaler Schluss von der Verhaltensweise als Tatsache auf das in Zukunft zu erwartende Verhalten des Betroffenen, wobei im Bereich des Waffenrechts kein Restrisiko hingenommen werden müsse. Je gewichtiger die gefährdeten Rechtsgüter seien und je weitgehender sie durch Handlungen beeinträchtigt werden können, desto höhere Anforderungen dürften an die Zuverlässigkeit der Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse gestellt werden; somit sei schon bei begründeten Zweifeln zu Lasten des Überprüften zu entscheiden. Bei der Frage der Zuverlässigkeit des Antragstellers allein auf die strafrechtliche Unbelastetheit abzustellen, werde der gesetzgeberischen Intention, wie sie in § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG zum Ausdruck komme, nicht gerecht. Der Gesetzgeber habe gleichwertig neben die Tatsache der strafrechtlichen Verurteilung weitere Umstände gestellt, die eine Unzuverlässigkeit des Inhabers waffenrechtlicher Erlaubnisse sichtbar machten. Im gegenständlichen Fall helfe auch der Verweis auf § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG nicht weiter, da es sich beim "[...]" nicht um einen verbotenen Verein handle. Unstrittig sei der Antragsteller Mitglied des "[...]". Das Landratsamt habe in seinem Bescheid überzeugend dargelegt, welche Gefahrensituation in und mit dieser Vereinigung bestehe.
- [19]
- Der "[...]" sei in die Strukturen der „Outlaw Motorcycle Gangs“ – OMCG – eingebunden und im regionalen Geflecht dieser Gruppen verankert. Daraus ergebe sich auch seine persönliche Einbindung in die Aktivitäten dieser Gruppen. Der "[...]" sei pars pro toto der „Outlaw Motorcycle Gangs“ und der Antragsteller könne sich nicht als weißes unter schwarzen Schafen darstellen.
- [20]
- Der Bevollmächtigte des Antragstellers nahm hierzu mit Schriftsatz vom 13.08.2012 im Wesentlichen dahingehend Stellung, dass die Meinung der Regierung von Oberfranken, der [...] sei eine OMCG, eine sachgerechte und stichhaltige Begründung ebenso vermissen lasse wie der angefochtene Bescheid. Weiter teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit, dass dieser am 03.08.2012 gegenüber der Vorstandschaft des [...] seinen Vereinsaustritt „offiziell“ erklärt habe. Wie bereits dargelegt, habe der Antragsteller auch zuvor schon kaum mehr am Vereinsleben teilgenommen, nachdem er aus privaten Gründen kaum mehr Zeit für den Verein gehabt habe. Letztendlich habe der Antragsteller seine zuvor schon nurmehr passiv wahrgenommene Mitgliedschaft nunmehr auch ausdrücklich beendet. Mit Schreiben vom 14.08.2012 wurde die Austrittserklärung des Antragstellers vom 04.08.2012 nachgereicht.
- [21]
- In einer Stellungnahme vom 17.08.2012, übermittelt mit Schreiben vom 20.08.2012, wies die Regierung von Oberfranken darauf hin, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung sei. Bei Erlass des angefochtenen Bescheides sei der Antragsteller Mitglied des "[...]" gewesen.
- [22]
- Der Berichterstatter wies den Antragsteller zur Gewährung rechtlichen Gehörs mit Schreiben an seinen Bevollmächtigten vom 21.09.2012 darauf hin, dass nach dem Willen des Gesetzgebers auch die bloße Mitgliedschaft in einer Vereinigung Bedenken gegen die waffenrechtliche Zuverlässigkeit begründen könne. Nachdem in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nähere Sachverhaltsermittlungen nicht angestellt werden könnten, werde im Hinblick auf die komplexe tatsächliche und rechtliche Problematik der Sache die Entscheidung des Verwaltungsgerichts voraussichtlich primär aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen zu treffen sein. Nachdem der Waffenbesitz beim Antragsteller lediglich der Ausübung einer Freizeitbeschäftigung diene, dürfte wohl das öffentliche Sicherheitsinteresse höher zu bewerten sein als das Interesse des Antragstellers, den Besitz seiner Waffen vorerst weiter ausüben zu dürfen.
- [23]
- Der Bevollmächtigte des Antragstellers nahm hierzu mit Schriftsatz vom 02.10.2012 im Wesentlichen dahingehend Stellung, das im Falle des Antragstellers weder § 5 Abs. 2 Nr. 2 noch Nr. 3 einschlägig seien. Weiter wurde erneut betont, dass keine Tatsachen von erheblichem Gewicht für die Unzuverlässigkeit des Antragstellers sprächen. Ohne Beweis werde pauschal behauptet, dass der "[...] MC" in die Strukturen von OMCGs eingebunden sei.
- [24]
- Die angesprochene tätliche Auseinandersetzung eines Vereinsmitglieds mit einem Mitglied des „Bandidos MC“ könne vielfältigste Ursachen gehabt haben (persönliche Animositäten, Streit um eine Frau, Beleidigungen etc.). Für eine Einbindung des "[...] MC" in die Strukturen von OMCGs spräche die Auseinandersetzung nur dann, wenn es sich um eine von der Vereinsführung gesteuerte, geplante oder gebilligte Aktion gehandelt hätte. Hierfür lägen keinerlei Tatsachen oder Belege vor.
- [25]
- Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).
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